STATUS: SCHON BESCHRIEBEN
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So, liebe Bildbeschreiber,
schalten wir doch nochmal einen Gang hoch:-)
Anja schreibt: Hallo,
ich würde sehr gern die momentan in Dresden ausgestellten Gemälde der Sonderausstellung „Himmlischer Glanz“ beschreiben lassen. Es handelt sich um 2 Bilder von Raffael (Sixt. Madonna u. Madonna di Foligno) und um die Stuppacher Madonna von Grünewald. Fällt das in den Bereich eures Blogs?
Das Bild stammt aus der englischen Wikipedia. Ebenso wie diese behelfsmäßige Beschreibung:
„The painting is a sacra conversazione, where holy figures seem to be in conversation and draw the audience into their discussion. Rather than sitting under a canopy, of the Umbrian or Florentine style, the Virgin is seated on clouds, embracing Jesus, while surrounded by angels. They look down upon Sigismonde de‘ Conti, kneeling in a red, fur lined cape. Conti is presented by St. Jerome on the right with his lion, appealing for the Virgin’s protection. On the left are the kneeling St. Francis of Assisi and St. John the Baptist, who is standing and wearing a tunic of skins. As St. John points to Jesus, he clearly looks out to us, pulling us in, while St. Francis points to us and looks at the Christ Child. Between the men is an angel, linking the saints of earth to the seraph host of heaven. Behind them are the towers of Foligno.“
Bildbeschreibung von Aljoscha:
Ich versuche hier das Bild „Madonna di Foligno“ zu beschreiben und dabei die kunsthistorischen Aspekte erstmal außer Acht zu lassen. Ich versuche nur das wiederzugeben, was ich sehe.
Eine Frau im prächtigen Gewand sitzt auf einem Wolkenthron. In ihrem linken Arm hält sie ein kleines, etwa drei Jahre altes Kind fest. Das Kind windet sich aus dieser Umklammerung heraus, es hat schon der Mutter den Rücken gekehrt und das linke Bein steht schon sicher auf einer Wolkenstufe des Throns, doch sein Kopf ist noch an die Schulter der Frau gelehnt und das rechte Beinchen stützt sich auf das Schoß der Mutter. Die Mutter hält das sich befreiende Kind mit zwei Fingern der rechten Hand an einem Leitband fest, das um das Kind gebunden ist, und schaut zärtlich auf seinen Nacken herab. Doch das Kind sieht ganz entschlossen nach unten.
Genau unter dem Wolkenthron mit Frau und Kind steht ein anderes Kind, ein etwas älteres. Es ist ganz nackt und im Gegensatz zum Kind oben hat es zwei kleine Flügelchen, die hinter seinen Schultern zu sehen sind. Dieses Kind hält in den beiden Händen eine längliche leere Tafel und schaut zu Mutter und Kind in den Himmel hoch.
Ebenso hier unten auf der Erde stehen rechts und links jeweils zwei Männer. Die beiden rechts schauen zum Wolkenthron empor. Der Mann im Vordergrund kniet, seine Hände sind wie beim Gebet gefaltet. Er scheint blind zu sein, oder er hält die Augen geschlossen, oder er kann die auf den Wolken Thronende nicht real sehen: Er schaut nämlich nicht genau zur Mutter mit dem Kind hoch, und nur die linke Hand des stehenden Mannes hinter ihm hält ihn zart am Nacken und gibt ihm die richtige Richtung an, wo der Kniende hinschauen soll. Dieser stehende zweite Mann ist kahlköpfig und hat einen buschigen grauen Bart. Er sieht die thronende Frau an und weist mit seiner rechten Hand auf die Gegend im Hintergrund hin: eine große Wiese mit einem Dorf und einem Kirchenturm. Rechts von den beiden Männern sieht man einen kleinen gehorsamen Löwen.
Links stehen auch zwei Männer, aber zwei ganz andere: nicht in prächtigen Gewändern, sondern in der Mönchskutte der eine und im Fell der andere. Auch hier kniet der Mann im Vordergrund, und der zweite hinter ihm steht. Der kniende Mann in der Mönchskutte wendet sich direkt an die beiden auf dem Himmelthron und zeigt mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand nach unten, auf die Erde oder sogar noch tiefer.
Der Mann im Fellgewand hinter ihm steht in einer genau umgekehrten Position: Er zeigt mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand auf die Frau und das Kind im Himmel, wendet sich aber mit dem strengen Gesichtsausdruck direkt an uns, die vor dem Bild stehenden Betrachter. Und jeder der beiden Männer hält ein Kreuz in seiner linken Hand.
Mail von Anja: Ich möchte Aljoscha für die gute Beschreibung danken. Allerdings würde ich mir als Ergänzung die Farbgebung der verschiedenen Figuren und des gesamten Bildes wünschen, da dies doch sehr wichtig ist. Zwar können sich evtl. Geburtsblinde nichts oder nichts Realistisches unter Farben vorstellen, doch erwähnen sollte man sie vor allem bei Gemälden m. E. schon.
Das Bild hat sehr reine Farben und sehr wenige. Der Himmel ist himmelblau, ebenso Marias Mantel und der Mantel des Heiligen Hieronymus, der den Kopf des eventuell Blinden führt. Marias Kleid und der Mantel des Blinden sind rot, die Gloriole, die sie umgibt, golden, die Landschaft unter ihr hellgrün. Einzig die beiden Männer links tragen gedeckte Farben. Johannes der Täufer trägt ein braunes Fellgewand, der Heilige Franziskus eine graue Kutte.
Das Gemälde, das oben in einem Rundbogen abschließt, ist in eine himmlische und eine irdische Hälfte unterteilt: Die obere Hälfte bildet einen Kreis, in dem die Farben Himmels-Blau und Wolken-Weiß dominieren. In dessen Zentrum befindet sich, im roten Kleid mit goldbesetztem Halsausschnitt und von einem tiefblauen Umhang bedeckt, Maria. Sie hält den nackten Jesusknaben im Arm. Die untere Hälfte zeigt die grünbewachsene Erde. In deren Mitte befindet sich ein geflügelter nackter Engelsknabe und um ihn herum, ebenso nach oben zur Gottesmutter in Himmel und Wolken blickend, 3 Heilige und der Stifter des Bildes, Sigismondo von Foligno. Sie verehren betend die mystische himmlische Erscheinung, den Wolkenthron, der aus den verschwommenen Sphären himmelsblauer, sich zärtlich umarmender Engel auf sie herabzukommen scheint.
Denn der perfekt Kreisrunde blaue Himmel, in dem Maria und das Jesuskind vor einer perfekt kreisrunden goldgelben Sonnenscheibe thronen, öffnet sich nach unten hin kaum wahrnehmbar dem Irdischen entgegen. Der Betrachter fragt sich: Will Maria ihren Thron verlassen und zu den Betenden hinabsteigen? Gleichs gilt für den etwa dreijährigen Jesusknaben: Sein kleiner Fuß ist auf eine Wolke unter ihm gestiegen und er windet sich zärtlich mit einer leichten Drehung des Körpers aus den Armen der Mutter, die ihn mit ihrem zartgrünen Schleier bedeckt hält. Er blickt nach Unten zur Erde und zu den Menschen: Will auch er den Himmelsthron verlassen und sich den Irdischen zuwenden?
Der links stehende Heilige – ein etwa 30 Jahre alter muskulöser Mann – blickt direkt aus dem Bild heraus in Richtung des Bildbetrachters und deutet mit dem rechten Zeigefinger auf die himmlische Szenerie. Er scheint zu fragen: „Erwartest du nicht auch, dass Jesus und Maria zu uns herabkommen?“ Es ist Johannes der Täufer, laut Bibel der letzte Prophet vor Jesus und dessen irdischer Wegbereiter, der direkt auf das „Lamm Gottes“ zeigte. Der Einsiedler ist erkennbar an seinem braunen Bärenfell-Gewand, seinem ungepflegten struppigen braunen Bart und Haar und auch dem Kreuzstab aus Holz, auf den er sich stützt. Unter ihm betet kniend und flehentlich nach oben blickend Franz von Assi, bekleidet mit seiner schwarzen, einfachen Franziskanerkutte. Der etwa 40 Jahre alte Heilige mit Mönchstonsur hält in der Linken ein Holzkreuz und seine Rechte mit sichtbaren Wundmahlen deutet auf den Boden, als wolle er sagen: „Maria und Jesus! Bitte kommt doch zu uns auf die Erde herab und erlöst uns!“ Rechts steht im dunkelblauen Gewand mit langem grauen Bart der Heilige Hieronymus, begleitet von seinem zahmen, treuherzig blickenden Löwen. Mit erwartungsvoll geöffneten Armen blickt der Heilige der Gottesmutter direkt ins Angesicht. Aber er scheint nicht so sehr für sein Heil zu beten, sondern für das Heil des Mannes, der unter ihm kniet und den seine Linke über der Schulter freundschaftlich-väterlich umfängt – Sigismondo von Foligno, den Stifter des Bildes. Dieser kniet mit zum Gebet gefalteten Händen demütig auf seinem edlem, roten Gewand – offensichtlich auf göttlichen Beistand hoffend.
Rätselhaft für den Betrachter bleibt der etwa 5 Jahre alte nackte Engelsknabe mit seinen kleinen, nur bis zu den Schultern reichenden Flügeln in den Farben des Regenbogens. Er steht in der Mitte der 4 Betenden, hält eine leere Schreibtafel (vielleicht einen Spiegel), in Händen und blickt freundlich hinauf zu dem himmlischen Jesusknaben – ganz so als wolle er fragen: „Wollen wir zusammen spielen?“ Warum ist seine Schreibtafel unbeschrieben? Soll der Betrachter hierauf geistig seine Bitte für das Jesuskind und die Gottesmutter formulieren? Diese Fragen bleiben ungeklärt.
Rätselhaft ist auch das romantisch im Grünen gelegene kleine Dorf im Hintergrund – offensichtlich das umbrische Foligno, der Geburtsort des Stifters. Über dem italienischen Dorf mit seinen schattigen Bäumen wölbt sich ein kreisrunder Regenbogen und ein kleiner feuerroter Komet geht über den Gehöften hernieder. Wird hier Foligno mit Bethlehem und dem Weihnachtsstern in Verbindung gebracht, der das gnädige Herabkommen Jesu auf die Erde anzeigt? Diese Deutung liegt nahe. Jedenfalls ist der Regenbogen laut Altem Testament das Zeichen der Gnade und des Friedens Gottes den Menschen gegenüber.
Hallo Tina,
kannst du dich bitte bei Ron bedanken und den Text auf die Blogebene hieven? Danke!
Liebe Grüße Karsten
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