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Sonnenaufgang über den Dächern Berlins von Katrin Dinges

Letztes Jahr im Sommer haben wir hier das folgende Bild von Katrin gepostet.

Patricia Heck, die an der Hebelschule in Schliengen Kunst unterrichtet, hat nun ihre Neunte Klasse gebeten, dieses und einige weitere Bilder zu beschreiben. Das freut uns sehr. So stellen wir es uns eigentlich vor:-) Bildbeschreibungen sind ein so wichtiger Bestandteil der Auseinandersetzung mit Kunst, wir lernen dadurch so viel, über das betreffende Bild, das wir uns nun, da wir es beschreiben, viel genauer betrachten und über unsere eigene Wahrnehmung.

Vielen vielen Dank!

begrünte Balkonbrüstung, gegenüber ein Häuserblock und hellblauer Himmel

Hey Leute,

hier kommt ein Foto zum Beschreiben aus meinem Best-of-Ordner. Es wurde 2014 auf meinem balkon aufgenommen und von der Kurz-Beschreibung meiner Assistentin her gefällt es mir sehr gut, so dass ich gern Details wissen würde. Ich habe damals versucht, die Sonne direkt zu fotografieren und mich an der wärme- und Lichtempfindung orientiert.
Bin gespannt, was ihr da seht und ob es mit meiner Vorstellung übereinstimmt!

Liebe grüße,

Katrin

Und nun zwei Bildbeschreibungen dieses Bildes, von Kleingruppen der 9b der Hebelschule. Es ist für uns immer wieder interessant, verschiedene Bildbeschreibungen des selben Bildes zu vergleichen. Durch den Vergleich ergibt sich für die blinden Leser ein komplexerer Eindruck des Bildes und die Sehende beginnen zu ahnen, dass das was sie sehen, nicht so eindeutig ist, wie sie intuitiv annehmen:

Hier die erste:

Die Fotografie, die im Folgenden beschrieben wird, heißt „Sonnenaufgang über den Dächern Berlins“.

Im Vordergrund erkennt man auf dem Balkon, drei Blumentöpfe mit roten, weißen, violett und rosaroten Blumen. Auf diesem Balkon ist eine weite, schöne Aussicht zu sehen. Am Himmel schweben weiße kleine Wolken dagegen im oberen Bereich des Bildes sieht man einen blauen Himmel und oben links des Bildes ist die grell leuchtende Sonne.

Dem Fotograf war es wichtig Raumillusionen zu erzeugen. Dies erkennt man an den Häusern im Hintergrund hinter dem Balkon. Neben den Häusern rechts des Bildes ist ein großer grüner Baum. Das rechte Haus hat ein schräges Dach, welches grau ist. Bei dem Bild hat der Fotograf sich an der Wärme und Lichtempfindung orientiert. Weiter hinter den Häusern sieht man einen schwarzen hohen Strommast. Zwischen den Häusern sieht man große Bäume.

Das Bild wirkt auf mich als wäre es im Frühling aufgenommen worden. Es ist sehr farbenfroh, bunt und hell, sodass man förmlich spüren kann wie die Welt nach einem langen, kalten und dunklen Winter wieder zu neuem Leben erwacht.

Und nun eine alternative Bildbeschreibung einer anderen Gruppe:

Am Geländer dieses Balkons sind Blumentöpfe mit Blumen in den Farben violett, weiß, rot und violett pink zu sehen. Am rechten Rand in der Mitte steht ein sehr grüner Baum. Am linken Rand steht ebenfalls ein Baum. Dieser steht eher im vorderen Bereich. Zwischen den zwei Bäumen stehen zwei Häuser. Das auf der rechten Seite ist weiß. Dieses Haus hat oben in der Mitte einen dunklen Streifen. Auf dem Bild sieht es aus als wäre dieser Streifen blau. Die Fenster des Hauses sind abwechselnd etwas länger und dann kommt ein etwas schmaleres Fenster. Der Baum verdeckt ein Stück des Hauses. Das andere Haus ist rot braun. Das Haus steht auf der rechten Seite. Dieses Haus hat sehr schmale Fenster und dafür auch sehr viele. Der Baum auf der linken Seite verdeckt ebenfalls ein Stück des rot braunen Hauses. Hinter diesen Häusern am linken Rand stehen zwei Bäume. In der Mitte von diesen Häusern ist wie ein kleiner Wald zu sehen. Hinter diesen zwei Bäumen stehen weitere Häuser. Das Haus, das am rechten Rand steht, ist weiß. Das andere Haus, das mehr hinter dem rot braunem Haus aussteht, sieht aus wie eine Fabrik. Hinter dieser Fabrik steht am Rand ein kleiner Turm. Dieser Turm sieht meiner Meinung nach aus wie ein Glockenturm. Am hellblauem Himmel sind weiße Wolken zu sehen. Ein Stück über diesen Wolken ist wieder ein klarer hellblauer Himmel. Links oben im Eck ist die Sonne. Ich finde das Bild wirkt sehr fröhlich und es ist ein sehr schönes Landschaftsbild.

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100 Meisterwerke: 23. „Das Gerücht“ vonA. Paul Weber

Das Gerücht Paul Weber Museum

„Das Gerücht“ ist eine Lithographie in schwarz-weiß und wurde 1943 von A. Paul Weber angefertigt. Das Original hat die Maße 40,5 mal 56,2 Zentimeter und befindet sich im Webermuseum in Ratzeburg.

Im Vordergrund ist ein großes, schlangenartiges Wesen mit Menschenkopf, das nahezu die gesamte Bildfläche einnimmt, zu sehen. Es hat keine Arme oder Beine, nur einen langen Schwanz, der über das ganze Bild verläuft. Besonders auffällig und betont sind die großen Augen hinter einer großen runden Brille, sowie die spitzen Ohren, Mund und Nase. Das Wesen hat sowohl menschliche als auch tierische Gesichtszüge. Der Mund ist geschlossen.

Der Schlangenmensch schwebt, von der rechten Seite des Bildes kommend, nach links an einem Hochhaus vorbei. Am rechten Rand schauen viele Gestalten auf das Wesen und strecken sich zu ihm. Einige schweben auf das Wesen zu. Das auf der linken Bildhälfte beginnende Hochhaus mit ungefähr 12 Stockwerken, ist von der Menschenmenge nahezu verdeckt.  Das am rechten Bildrand stehende zweite Hochhaus hebt sich von der fliegenden Menschenmasse ab.

Aus den vielen Fenstern der Hochhäuser strecken sich weitere Menschen, wobei die Menschen im oberen Bildviertel schon aus den Fenstern stürzen, in der Luft schweben und sich dem Wesen anhängen. Man kann nicht erkennen, ob die Gestalten männlich oder weiblich sind. Es handelt sich hier um eine Karikatur. Das erkennt man an den Kopfdarstellungen. Die Menschen werden zu Tieren. Sie besitzen Hörner, Schnäbel, Schwänze, spitze Nasen und riesige Ohren.

Meiner Interpretation nach karikiert Weber die Leichtgläubigkeit und Manipulierbarkeit der Massen, die sich von der Kriegseuphorie der Nationalsozialisten in den zweiten Weltkrieg leiten ließen und ihnen gehorsam folgten. Die Deutschen ließen sich von Versprechungen und Gerüchten über ein besseres Leben durch die Vernichtung des Feindes und die Eroberung neuen Lebensraums locken. Das Gerücht ist sprichwörtlich eine falsche Schlange, die die Ohren aufsperrt, ihre Nase überall hinein steckt, die Welt durch eine verzerrte Brille sieht und Informationen im Flug verbreitet. Die Hochhäuser weisen auf die beginnende Montonität der Großstadtarchitektur hin. Aus dem Wunsch nach Neuigkeiten stürzen sich die Menschen aus den Fenstern.

Bildquelle: weber-museum.de

Text: Gül Tas

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100 Meisterwerke: 18. „Nighthawks“ von Edward Hopper

Nighthawks

„Nighthawks“ (dt. Nachtfalken, sinngemäß Nachtschwärmer), ist ein 1942 fertig gestelltes Gemälde des amerikanischen Malers Edward Hopper. Es handelt sich um ein farbiges Ölgemälde im Querformat mit den Maßen 84,1 mal 152,5 Zentimetern, auf dem eine spätabendliche Szene in einem amerikanischen Diner der 40er Jahre zu sehen ist. Dabei wird im Betrachtenden der Eindruck erweckt, dass sie oder er selbst auf der Straße steht und von außen in die Bar hineinschaut, in der die Anwesenden wie auf einer Bühne erleuchtet sitzen.

Hintergrund

Es ist sehr dunkel und es sind keine Menschen mehr auf der Straße unterwegs. Im linken Bildbereich ist ein mehrstöckiges Haus zu sehen. Im Erdgeschoss befindet sich ein Geschäft mit großen Schaufenstern, die mit dunkelgrünen Holzrahmen versehen sind. In der ersten Etage sind möglicherweise Wohnungen, bei denen die Rollos zum Teil heruntergelassen sind. Die Fassade ist rot. Von links oben fällt das Licht einer Laterne oder des Mondes auf das Haus.

Vor dem Haus befinden sich ein Gehweg und eine schmale Straße, die sich vom linken Bildbereich durch die Mitte des Bildes zieht. In der Mitte verläuft die Straße hinter einem weiteren Haus, das auf der anderen Seite der Straße steht. Auf dieses Haus fällt das Hauptaugenmerk. Es zieht sich vom rechten Bildrand, über die Mitte des Bildes hinaus kleiner werdend in das Bild hinein, sodass die Straße und das Haus mit der roten Fassade dahinter zum Teil verdeckt sind. Das Haus nimmt in etwa die rechten zwei Drittel des Bildes ein.

Das Diner

Bei diesem zweiten Haus handelt es sich um das Diner. Es ist ein spitzwinkliges Eckhaus mit so großen Fenstern, dass man sowohl von Innen als auch von Außen ungehindert sehen kann, was sich auf der anderen Seite der Scheibe befindet. Die Frontseite der Bar ist zu etwa zwei Dritteln von rechts zu sehen. Am linken Ende knickt das Haus nach rechts ab und liegt an der Straße, die dahinter entlangführt. Das Haus besteht nur aus einer Etage. Der untere und obere Hausrand sind mit einer grünen Holzverkleidung geschmückt. Oben auf dem Haus ist eine rote längliche Tafel angebracht. In gelb steht darauf: PHILLIES (eine zeitgenössige Zigarettenmarke). Links und rechts ist ebenfalls Schrift angebracht, die Worte sind aber nicht zu erkennen.

Im Diner befindet sich ein brauner, den Barbereich umlaufender, Holztresen, davor sind Hochstühle mit runden Sitzflächen aufgestellt. Anders als auf der dunklen Straße herrscht in der Bar ein grelles Kunstlicht,  dass durch die gelbe Wandfarbe noch verstärkt wird. Im Hintergrund rechts ist eine braune Tür mit einem kleinen viereckigen Sichtfenster, die vermutlich zu den Toiletten oder in die Küche führt. Die Raumausstattung ist minimalistisch und symmetrisch wodurch sie anonym und standardisiert wirkt. Hinten auf dem Tresen stehen zwei große zylindrische Getränkespender aus silbernem Metall mit Ablaufhähnen unten. Möglicherweise ist Kaffee darin.

Die Personen

Hinter dem Tresen steht ein Mann. Er trägt eine weiße, langärmlige Kochjacke, eine weiße Kochmütze in Form eines Schiffchens und darunter blondes kurzes Haar. Der Mann beugt sich leicht unter den Tresen, aber es ist nicht sichtbar was genau er mit seinen Händen macht. Er schaut nach oben aber es ist schwer zu erkennen, ob er aus dem Fenster schaut oder die Gäste ansieht, die vor dem Tresen sitzen.

Auf der anderen Seite des Tresens sitzt ein Mann und rechts neben ihm eine Frau. Er trägt ein dunkelblaues Jackett und darunter ein hellblaues Hemd mit einer dunklen Krawatte. Auf dem Kopf hat er einen grauen Hut mit einem schwarzen Hutband. Sein linker Arm ist hinter dem Tresen, mit dem rechten Unterarm stützt er sich auf den Tresen. Er hat eine Zigarette in der rechten Hand. Neben seiner Hand steht eine weiße Tasse.

Die Frau neben ihm trägt ein rotes Oberteil, dass ihre Schultern bedeckt, wahrscheinlich ist es ein Kleid. Sie hat welliges, orangerotes Haar und trägt roten Lippenstift. Ihre Augen sind dunkel geschminkt. Sie schaut auf etwas, das sie mit ihrer rechten Hand vor ihr Gesicht hält, es ist jedoch nicht zu erkennen was es ist. Ihr rechter Ellbogen und ihr linker Unterarm sind auf den Tresen gestützt. Rechts neben der Frau steht ebenfalls eine weiße Tasse.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden sich die rechte Hand des Mannes und die linke Hand der Frau berühren, doch dann erkennt man, dass ihre Hand hinter seiner liegt, in der er die Zigarette hält. Es lässt sich nicht sagen, ob sie sich kennen und ob sie eine Unterhaltung führen oder schweigen. Auch über ihre Gesichtsausdrücke lassen sich nur schwer Vermutungen anstellen.

Abseits der beiden sitzt ein zweiter Mann vor dem Tresen. Er ist mit dem Rücken zum Fenster gerichtet, sodass man ihn nur von hinten sieht. Der Mann trägt ebenfalls einen dunklen Anzug und einen grauen Hut mit schwarzem Hutband. Mit seinen Armen stützt er sich auf den Tresen aber es ist nicht zu erkennen, wie er seine Hände vor dem Oberkörper hält. Rechts neben ihm steht eine ebenfalls weiße Tasse. Alle abgebildeten Personen wirken isoliert und in Gedanken versunken.

Alles in allem drückt die Situation die Stille und Sprachlosigkeit aus, in der die abgebildeten Menschen sich verlieren. Das Gemälde ist nicht umsonst das bekannteste Werk Hoppers. Ihm ist es gelungen die Einsamkeit aufzuzeigen, die sich an einem Ort abspielt an dem die Menschen zusammenfinden und reden könnten.

Hopper begann die Arbeit am Bild im Dezember 1941 kurz vor dem Japanischen Angriff auf Pearl Harbor und nur wenige Tage vor dem Kriegseintritt der USA; einer Zeit die von allgemeiner Bestürzung, Kriegshysterie und Zukunftsangst geprägt war. Hopper stellt die Einsamkeit und Trostlosigkeit der Menschen gelungen in dieser Szene in einem typischen Amerikanischen 40er-Jahre Diner dar.

Das Originalgemälde befindet sich im Art Institute of Chicago. Es diente als Inspiration für ander Künstler in Literatur, Musik und Kunst.

Bildquelle: Wkimedia

Text: Anna Blankenburg

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100 Meisterwerke: 16. „Untitled #21“ von Cindy Sherman

Untitled 21

Das schwarz-weiß Foto wirkt auf den ersten Blick wie eine Situation aus einem Film der 60er Jahre: Eine junge Frau mit starrem Blick, adrett gekleidet, aus der Froschperspektive fotografiert; im Hintergrund Hochhäuser, möglicherweise New York. Welcher Film könnte das sein?

Schnell wird jeder Filmliebhaber feststellen, dass er diese Schauspielerin noch nie in Filmen gesehen hat, denn es ist Cindy Sherman, die Fotografin selbst, die für ihr Foto Modell steht. Das Foto ist Teil einer Serie, der Sherman den Namen „Untitled Film Stills“ (1977-1980) gab. Auf jedem Foto inszeniert sie sich als Schauspielerin in fiktiven Filmszenen.

Untitled #21 ist eine schwarz-weiß Fotografie im Querformat. Im Mittelpunkt ist Cindy Sherman selbst zu sehen. Ihr Körper ist von oberhalb der Brust an aus der Froschperspektive fotografiert. Dadurch sieht der Betrachter die Frau von schräg unten. Ihr Körper ist nach rechts gewendet, während ihr Kopf, aus ihrer Perspektive betrachtet, nach links gerichtet ist.

Sie trägt einen dunklen Blazer und darunter eine weiße Bluse, deren Kragen auf dem Blazer liegt. Auf dem Kopf trägt sie einen hellen Hut mit einer kurzen eingeschlagenen Krempe. Der Hut ist vorn in der Mitte mit einer schwarzen Schleife geschmückt, die aber aufgrund der Perspektive kaum zu sehen ist. Unter dem Hut schauen ihre Ohren und die kurzen blonden gewellten Haare heraus. Sie hat ein schmales feines Gesicht, einen kleinen Mund und eine schmale Nase. Cindy ist schätzungsweise um die 25 bis 30 Jahre alt.

Ihr Gesicht ist geschminkt. Sie trägt Lipgloss, hat Rouge auf den Wangen und ihre dichten Augenbrauen sind fein gezupft und mit einem Stift nachgezogen. Ihre Augen sind schwarz umrandet und dunkel geschminkt. Sie schaut nach links. Ihr Gesichtsausdruck wirkt einerseits leicht verunsichert aber andererseits auch genervt oder gestresst, als wenn sie sich in der Großstadt nicht zurechtfinden würde, oder zu viele Eindrücke auf sie einströmen. Ihr Mund ist leicht geöffnet, sodass sie fast schon einen trotzigen Ausdruck bekommt.

Zwar sind keine Straßen und keine Menschen im Hintergrund zu sehen aber die zwei Hochhäuser, die rechts und links hinter der Frau aufragen, erwecken den Eindruck, dass das Foto in der Innenstadt aufgenommen wurde. Dadurch bekommt man den Eindruck, dass es sich um eine gewöhnliche Alltagssituation in den Straßen einer Großstadt handelt. Von den Hochhäusern ist weder das untere und nur vom linken Hochhaus das obere Ende zu sehen. Auf den beiden Hochhäusern liegt ein Schatten, wahrscheinlich von umstehenden Hochhäusern. Daraus lässt sich schließen, dass das Foto entweder vormittags oder nachmittags zum Sonnenauf- oder -untergang geschossen wurde. Im unteren linken Bildrand ist nur sehr unscharf die Krone eines Laubbaums zu erkennen.

Das Foto könnte auch der Beginn eines Hitchcock-Films der 60er Jahre sein, in dem eine junge Frau das erste Mal in der Großstadt ist und sich den Gefahren, die ihr bevorstehen nicht im Geringsten bewusst ist. Alles in allem ist das Foto sehr gelungen und lässt den Betrachter rätseln, welche Geschichte dahinter stecken könnte.

Bildquelle: tristonrobinson.wordpress.com

Text: Anna Blankenburg

 

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100 Meisterwerke: 15. „Rush Hour“ von Joel Sternfeld

Foto aus der Rush Hour serie

Der amerikanische Fotograf Joel Sternfeld ist für seine künstlerischen Farbfotografien bekannt und prägte den Begriff „New Color Photography“.  Die Serie „Rush Hour“ gehört zu seinen Frühwerken. Hier fotografierte er zwischen 1973 und 1976 verschiedene Szenen aus dem Amerikanischen Alltag. „Rush Hour“ besteht aus 32 mit Blitzlicht aufgenommenen Bildern, die Amerika positiv darstellen. Die Serie soll die vorangegangene, dunkle Zeit der siebziger Jahre, die durch den Vietnamkrieg, den Rücktritt Nixons und die wirtschaftliche Depression geprägt waren, erhellen. Im Folgenden wird eine Kontrastreiche Fotografie aus der Serie beschrieben.

Im Mittelpunkt des Bildes ist eine jung wirkende Frau zu sehen. Sie steht mit dem Rücken zum Fotografen und befindet sich leicht links in der Bildmitte. Sie wartet vermutlich an einer Ampel, ihr Körper ist bis zu den Hüften auf dem Bild zu sehen, über ihrem Kopf ist noch ein kleines Stück Himmel sichtbar. Sie schaut leicht nach rechts, auf den Straßenverkehr, sodass ihr rechtes Profil fast komplett zu erkennen ist. Der Mund ist allerdings nur zu erahnen.

Die schlanke Frau trägt ein leuchtend hellgrünes Kleid. Das Kleid hat einen Kragen und die Ärmel bedecken gerade die Schultern. Um die Taille hat sie einen Gürtel oder ein Band in der gleichen Farbe des Kleides, doppelt gewickelt. Das Kleid ist wahrscheinlich aus leichter Baumwolle. Wie weit es reicht ist nicht zu sehen, da der Bildausschnitt nur bis zur Hüfte reicht.

Ihre Arme sind beide angewinkelt, vermutlich trägt sie etwas in Bauchhöhe vor dem Körper oder sie hält die leeren Hände nah beieinander. Ihre Haare sind dunkelblond und enden kurz über ihren Schultern. Die Spitzen wellen sich leicht und ihr weht eine leichte Brise entgegen. Am Rücken ihres Kleides befindet sich ein kaum sichtbarer, durchgehender Reißverschluss.

Rechts neben der Frau ist ein gelbes Taxi zu sehen, dass gerade die Straße entlang fährt an der sie wartet. Die Spitze des Taxis verschwindet hinter ihrem Körper und das Heck ist nicht mit auf dem Bild, es endet mittig der hinteren Tür. Auf dem Dach des Taxis befindet sich ein blaues Schild mit einer weißen, zweizeiligen Aufschrift. Das obere Wort beginnt mit „S“ ist aber nicht weiter lesbar, weil das ganze Taxi durch die Bewegung der Fahrt unscharf ist. In der zweiten Zeile steht Gilbey’s Gin und rechts daneben ist eine eckige Ginflasche mit rotem Etikett abgebildet. Der Fahrer des Taxis ist ebenfalls unscharf. Er trägt etwas weißes und hat den Arm angewinkelt ins geöffnete Fenster gelegt.

Zwischen der Frau und dem Taxi ist ein runder Gullideckel mit einem Metallrand auf der Straße zu sehen. Hinter dem Taxi sind die Fassade und die Ecke eines modernen Hauses bis zum zweiten Stockwerk erkennbar. Das Haus besteht aus grauen Backsteinen und bodentiefen Fenstern, von denen einige weiße Rollos haben.

Die Frau steht an einer Straßenecke, denn zu ihrer linken schaut man in eine Straßenschlucht. Man sieht auch die Fassade des modernen Hauses auf der anderen Seite der Ecke und die Fassade des gegenüberliegenden Hauses und der Häuser dahinter, viel tiefer in der Straßenschlucht. Diese Häuser sind ebenso für diese Zeit modern und aus Beton gebaut. Noch weiter hinten sieht man, angrenzend an die beschriebenen Häuser, die Silhouette eines Hochhauses, das oben aus dem Bild hinausragt und nicht mehr ganz zu sehen ist. Es ist so weit weg, das es aussieht als wäre es von Nebel oder Dunst umgeben.

Hinter dem Taxi muss eine weitere Straßenspur sein, vermutlich ist es eine Einbahnstraße da es keinen Gegenverkehr gibt. Von dieser weiteren Spur biegen gerade zwei Autos in die Straßenschlucht ab; ein weiteres Taxi und dahinter sieht man nur die Spitze eines weißen Autos. Der Rest dieses Autos verschwindet hinter der Frau.

Dort wo die beiden Autos abbiegen überquert ein vermutlich älterer Mann gerade die Straße. Er trägt ein helles Hemd und eine beige, lange Hose. Es ist nur ein kleines Stück grauer Himmel über dem Kopf der Frau zu sehen. Das Stück Himmel ist rechts und links eingerahmt von den Häusern und unten vom Kopf der Frau. In der Straßenschlucht sieht man in großer Entfernung noch mehr Menschen, wie viele und genauere Details sind nicht zu erkennen. Auf den Straßen, die die junge Frau und der ältere Mann überqueren sind weiße Linien zur Begrenzung aufgemalt, diese sind sehr abgenutzt und kaum noch zu erkennen. Das grüne Kleid der Frau und das gelbe Taxi bilden einen starken Kontrast zum Grau der Straßen und Häuser.

Text: Jana Marie Schmidkunz-Gerecke

Bildquelle: filthyweb.wordpress.com

 

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Christian Ohrens – Blinder Foto und Video Blogger

In der Einleitung zu seinem Blog http://christian-ohrens.de erzählt Christian wie er auf die Idee kam zu fotografieren und zu filmen und wie seine Methode funktioniert:

Christian mit einem T-Shirt auf dem steht: Starrt mich nicht so an ... Ich bin doch bloß ein blinder Fotograf.

Warum ausgerechnet Fotos und Videos?

Während meines Studiums habe ich mich (fast ausschließlich) mit audiovisuellen Medien, vorrangig Film und Fernsehen, auseinandergesetzt. Hieraus entstand die Idee, einmal selbst etwas zu filmen, ob nun einen Ort, ein Interview oder was auch immer. Blinde, die sich begleiten und filmen lassen, gab es in der Vergangenheit bereits. Ich wollte selber die Kamera halten und führen; quasi als blinder Regisseur meines eigenen Filmes.

Was das Fotografieren angeht, so entstand die Idee kurz vor meiner letzten Reise. Warum immer nur in Worten beschreiben, was man erlebt hat, gerade, wenn ein Großteil des Freundeskreises sehend ist? Warum soll ich nicht auch, als Blinder, Urlaubsfotos mit nach Hause bringen? Und könnte es nicht interessant sein, wenn man frei nach Gefühl fotografiert, anstatt sich von dem leiten zu lassen, was alle fotografieren?

Wie filmst und fotografierst du?

Beim Fotografieren und Filmen orientiere ich mich stets an Beschreibungen von Passanten, an Geräuschen oder aber auch örtlichen Gegebenheiten (Treppen, Eingänge, Häuserwände etc.). Ich lasse mir meine Umgebung beschreiben, erkunde auf eigene Faust Orte und entscheide so, ob ein Platz/ein Ort/ein Gegenstand für mich interessant ist oder nicht.

Christian geht es nicht um perfekte und gezielte Fotografien. Seine Arbeit ist ein Experiment das oft von Zufallsaufnahmen lebt. Insbesondere durch die Kommentare in den Videos bekommt der Betrachter einen authentischen Einblick der gefilmten Orte und kann vergleichen was zu hören und zu sehen ist.

Woraus besteht deine Ausrüstung?

Ich nutze eine Exilim von Casio, da sie einige gute Automatismen bzgl der Schräglagenkorrektur und Beleuchtung bietet und vor allem klein und handlich ist. Für Videos habe ich mir zusätzlich vor kurzem eine Sony SDR-AS15 angeschafft, das ist eine Action-Camera, die sich jedoch super auf ein Handstativ schrauben lässt.

Wie reagieren Passanten auf dich?

Viele, vor allem sehende, Menschen verstehen nicht, warum ein Blinder fotografiert oder filmt. Sie können und wollen sich auch zum Teil nicht mit so einer Situation auseinandersetzen, weil es für sie schlicht weg keinen Sinn ergibt und, auf dem ersten Blick, nur wie unnütze Knipserei aussieht.

Bei Anderen wiederum wird sogleich das Helfer-Syndrom geweckt. Eigentlich nicht schlimm, würden manche nicht sogleich das Kommando der Kamera übernehmen und ein aus ihrer Sicht besseres Foto schießen wollen. Dies führte in der Vergangenheit schon dazu, dass Passanten auf der Straße mir die Kamera aus der Hand nehmen, oder zumindest mit mir gemeinsam die Kamera richtig führen wollten.

„Vorsicht … Blinder Fotograf!“

Um diese ‚Eingriffe‘ zu verhindern, aber auch um ein wenig die Neugier für das ‚Neue‘ zu wecken, entschied ich mich in diesem Jahr, bei meinen Foto- und Videotouren ein T-Shirt zu tragen: „Starrt mich nicht so an… Ich bin doch bloß ein blinder Fotograf“. Diese Verharmlosung, die eher einen Scherz vermuten lässt, bringt jedoch die Sache kurz und knackig auf den Punkt: Wir sind ’nur‘ blind, haben aber die gleichen Interessen wie Ihr. Wir belächeln Euch ja auch nicht, wenn Ihr mal Hörspiele hört oder produziert. Sie enthalten ja auch schließlich nichts fürs geliebte Auge…

Hast du die Fotos auf deinem Blog alle selbst gemacht?

Ca. 80% meiner hier gezeigten Filme und Fotos sind wirklich von mir geschossen worden. Dies bedeutet auch, dass ich mir zwar von anderen Passanten bzw. Besuchern beschreiben ließ, was sich in meiner unmittelbaren Umgebung befand, jedoch ließ ich mich selten beim Fotografieren führen, geschweige denn habe die Kamera aus der Hand gegeben. Letzteres machen die übrigen 20% meiner Fotos aus.

Die Bilder sind so, wie sie sind: Originale. Unbearbeitet, unselektiert. Selbst wenn ein Bild zehnmal aufgenommen wurde, selbst wenn es verruckelt ist oder die Kamera schief gehalten wurde, selbst wenn nur eine weiße Wand (anstatt des ganzen Raumes) aufgenommen wurde. Viele der Bilder hätte der Sehende sicherlich aussortiert. Aber genau darin liegt ja gerade der Sinn meines Experiments.

Einige von Christians Projekten:

Christians Foto –und Video Touren führten ihn bis jetzt unter anderem nach Trier, Köln, München, Recklinghausen, Marburg, Skandinavien und sogar Jekaterinburg in Russland. Er arbeitet auch als DJ und Radio Moderator. Mehr Infos findet ihr auf seiner Homepage und seinem YouTube Kanal.

Zitate und Foto: http://christian-ohrens.de/bilder/ sowie E-Mails.

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