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Katrin betastet Alex‘ Gesicht

Eine Frau betastet das Gesicht einer anderen

Beschreibung von Sara

Es ist der 9.5.2015 zur Mittagszeit. Wir sehen eine Hausfassade in Berlin Hellersdorf, genauer der Innenhof der Alice Salomon Hochschule. Die Kamera ist wohl ungefähr auf Hüfthöhe gehalten und blickt in einem leichten 30° – Winkel nach oben.
Die Wände, die zum Großteil aus rechteckigen Fenstern bestehen, umschließen den Innenhof in der Form eines Trapez. Sonne scheint in den Hof, wirft Schatten an Stellen, wo Gegenstände sich lagern. Traktorreifen, die in der Mitte des Hofes verteilt sind. Durch ihre Öffnungen sind bunte Seile gespannt, bei dem einen Reifen sind es grüne, bei dem anderen gelbe und pinke. Neben dem Effekt der Kunst bieten sie eine Sitzfläche. Erkennbar ist auch ein Stuhl, den jemand wohl an einem besonderen Element des Hofes platziert hat – einem Baum, der durch seine Farbe und im Gegensatz zu der großflächigen Beton- und Steinfläche, natürlichen Beschaffenheit, eine frohe lebendige Atmosphäre zu schaffen vermag. Der Stamm des Baumes, wir konnten seine Art nicht identifizieren, hat vielleicht einen Durchmesser von 20 cm. Abgehend vom Stamm werden die Äste getragen mit hellgrünen Blättern, durch die das Licht scheint und die Blätter deshalb durchsichtig werden lässt. Der Baum könnte die Hauptattraktion des Fotos sein – ist er aber nicht. Im Vordergrund des Bildes finden sich zwei Frauen wieder, man sieht vom Oberkörper aufwärts beide Damen. Die linke, Katrin, schätzungsweise in ihren 40-er Jahren, von beiden trägt einen dunkelblauen Zipper, ein himmelblaues Shirt darunter gibt dem Bild im Gesamten noch eine kräftige Farbe und man kann die Bänder des Brustbeutels noch gut erkennen. Hängeohrringe mit einer Perle am unteren Ende zieren ihr Ohr. Das mittelbraune schulterlange Haar trägt sie offen. In ihrem Gesicht funkelt die Neugier und Faszination an dem Moment, den sie grade erlebt. Es ist der Eindruck von etwas bisher unberührten. Denn mit ihren Händen betastet sie das Gesicht von Alex, Anfang 20 Jahre, ist mittlerweile an den Ohren angekommen oder vielleicht genauer den goldenen Ohrringen. Alex hat blondes geflochtenes Haar, das ihr schulterlang über selbige hängt. Von ihrem Gesicht kann man nicht allzu viel erkennen außer ihren Augenbrauen, da Katrins Hand das Gesicht verdeckt. Alex trägt eine dunkelblaue Jacke, mit goldenem Reißverschluss und offen, ein graues Shirt darunter.
Weshalb sich diese Szene abzeichnet? Katrin betastet Alex‘ Gesicht, um dessen Beschaffenheit zu erkennen und Alex somit ein konkretes Gesicht zuschreiben zu können – und es bereitet ihr sichtlich Freude.

(Aus unserem Fotoseminar im Mai. Wir beschäftigen uns in diesem Semester mit Portraitfotografie. Die Wahrnehmung unseres Gegenübers.)

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Aktuell: „Die Schönheit der Blinden“ in Halle

Die Infokarte zur Ausstellung zeigt unser Titelbild. In der Mitte steht eine schöne Frau, umringt von zwei Frauen und zwei Männern. Sie steht im Seitenprofil nach rechts, mit etwas gesenktem Kopf. Ihre langen Haare sind am Hinterkopf hochgenommen und locker festgesteckt. Die Augen sind geschlossen. Sie lächelt mit  leicht geöffneten Lippen. Sie trägt ein weißes Kleid mit kurzen Ärmeln. Zwei Männer vor ihr und zwei Frauen hinter ihr tasten behutsam an ihrer rechten Schulter, dem Ausschnitt, dem Kragen ihres Kleides und dem Rücken. Eine fast meditative Ruhe geht von dieser Szene aus. (Beschreibung von Aljoscha Khairetdinov)

Nach eineinhalb Jahren Vorbereitung hat am 10. Februar 2013 unsere Modenschau mit blinden Models und blindem Publikum stattgefunden. Interessant, nicht? Wie mag das wohl aussehen?

Vom 19. März bis zum 14. April 2013 wird eine Dokumentation der Modenschau im Kunstforum Halle ausgestellt! Mit Fotos und Bildbeschreibungen in Punktschrift und einer Klanginstallation mit Reflektionen der Models und den Originalkleidern zum Anfassen. Kommt alle nach Halle!

Nach und nach wird einiges davon aber auch hier im Blog gepostet werden. Bis dahin könnt ihr hier schon mal lauschen, was sich da abgespielt hat. Stellt euch vor, die Tür zur Modenschau stünde einen Spalt weit offen. Kommt näher. Klickt hier:

Atmo Modenschau

Die Beschreibungen der ausgestellten Bilder findet ihr hier

und die Anmerkungen der Models hier:

Jessica und Lutz

und hier:

Katrin

und hier:

Jenny

und hier:

Silja

und schließlich hier:

Benny und Sebastian

Die Modenschau wurde gefördert von der Aktion Mensch, die Ausstellung von Lotto Sachsen-Anhalt und der Stiftung der Saalesparkasse. Wir bedanken uns außerdem beim Berufsförderungswerk für Blinde Halle für die Unterstützung bei beidem!

logo saalesparkasseLogo Aktion Mensch Logo Lotto

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Italienurlaub I

STATUS: SCHON BESCHRIEBEN

Mail von Lisa:

Hallo,

folgende drei Bilder hätte ich sehr gerne beschrieben. Sie sind vor Kurzem in meinem Italienurlaub entstanden. Die abgebildeten Skulpturen haben mich sehr fasziniert und ich hoffe, dass jemand die richtigen Worte dafür findet, mir den Eindruck, den ich da gewonnen habe, zu verschriftlichen, damit ich mich dauerhaft daran erinnern kann.

der Service ist eine tolle Idee und ich hoffe, dass er sich bald großer Nachfrage erfreuen wird! 🙂

Bild 1 von 3:

Eine junge Frau und ein junger Mann ertasten eine Skulptur

BILDBESCHREIBUNG VON DANIEL:

Auf einer dunklen, ovalen Bodenplatte, die wie rissiger Lehmboden strukturiert ist, befinden sich zwei etwa 20 cm hohe, puttenartige Bronzefiguren, die soeben aus zwei Eiern geschlüpft zu sein scheinen, deren Schalen, ebenfalls in Bronze ausgeführt und mit markanten Rissen und Bruchkanten versehen, neben und zwischen ihnen liegen. Die Figur im Bildvordergrund wendet dem Betrachter des Fotos den Rücken zu; sie stützt sich mit der rechten Hand ab und hat die linke, deren Handfläche zu ihrem Gesicht zeigt, wie zum Gruß erhoben. Von der zweiten Figur ist auf dem Bild nur der Kopf und die linke Schulter zu erkennen, der Rest wird von der anderen Figur und einer Hälfte ihrer Eierschale verdeckt.

Ertastet wird die Skulptur von drei Personen: einem großgewachsenen jungen Mann im Vorder-, einem etwas kleineren mit weißem Strohhut im Hintergrund, sowie einer jungen Frau in ihrer Mitte. Ihnen gegenüber steht ein Mann, dessen Bart beinahe ebenso weiß ist wie sein Polo-Shirt und seine Hose. Er hat die linke Hand auf den Tisch gelegt, auf dem sich die Skulptur befindet und betrachtet die Frau bei ihrer haptischen Erkundungstour.

Hallo Lisa, ich weiß natürlich nicht, ob ich, wie von Dir erhofft, die richtigen Worte gefunden habe, aber wenn Du möchtest, kann ich Dir demnächst auch die beiden anderen Skulpturen-Fotos beschreiben …

DANIEL

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Italienurlaub II

Schon BESCHRIEBEN:

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Mail von Lisa:

Folgende drei Bilder hätte ich sehr gerne beschrieben. Sie sind vor Kurzem in meinem Italienurlaub entstanden. Die abgebildeten Skulpturen haben mich sehr fasziniert und ich hoffe, dass jemand die richtigen Worte dafür findet, mir den Eindruck, den ich da gewonnen habe, zu verschriftlichen, damit ich mich dauerhaft daran erinnern kann.

Bild 2 von 3:

Eine junge Frau ertastet eine Skulptur

BESCHREIBUNG VON CHARLOTTE:

Das Bild zeigt ein Paar, das gemeinsam eine Skulptur ertastet. Die Skulptur ist ein Mann aus Bronze, der über ein schwarz-weißes Schachbrett gebeugt sitzt. Die Figur steht auf einem Sockelgestell aus Metall und ist deshalb genauso groß wie die Frau die daneben steht. Die Bronzeskulptur selbst ist eher klein, vielleicht einen halben Meter hoch.
Als Bodenplatte ist ein welliger Untergrund aus massiver Bronze dargestellt, auf deren Oberfläche die Figur ihre Füße stellt. Obwohl es wie bewegtes Wasser aussieht, tauchen die Füße nicht ein sondern berühren nur die Oberfläche. Auch ein Tisch ist nicht da, das Schachbrett schwebt frei zwischen den Knien der Figur. Dadurch wirkt das ganze etwas surreal. Der Bronzemann hat seine linke Hand auf dem Knie abgestützt, die rechte ergreift die einzige Schachfigur die auf dem Brett steht. Er ist unbekleidet und seine Haare sind straff über den Kopf zurückgekämmt, man sieht Geheimratsecken. Er wirkt streng und nicht mehr jung, vielleicht 50 Jahre alt. Der Körper ist muskulös und hager.

Hinter der Skulptur ist eine graue Tafel aufgestellt. Auf italienisch ist dort ein Gedicht von Baudelaire zu lesen. Ich entziffere die Worte: „sempre tue amerai il mare“. Das Gedicht ist ein Auszug aus: „Der Mensch und das Meer“ von Charles Baudelaire.

„Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,
Dein Spiegel ist’s. In seiner Wellen Mauer,
Die hoch sich türmt, wogt deiner Seele Schauer,
In dir und ihm der gleiche Abgrund klafft.“

Vielleicht bezieht sich die Figur auf dieses Gedicht.

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