Archiv der Kategorie: Sonstiges

Einige Kriterien für Bildbeschreibung

Liebe Blogbesucher*innen,
wir suchen immer nach interessierten Bildbeschreibenden und versuchen dabei, im Austausch mit den Blinden und Sehbehinderten die Kriterien für eine hilfreiche Bildbeschreibung greifbar zu machen.
Vor einiger Zeit hatten wir ein Bildbeschreibungsprojekt mit dem Nietzsche-Archiv in Weimar. Dort wurden Bilder aus dem Besucherheft des Hauses beschrieben. Vorwiegend Bilder von Innenräumen und Architekturfotografien.
Es ergaben sich aus dem Gespräch mit den blinden Teilnehmenden einige interessante Leitlinien für die Bildbeschreibung, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Essentiell ist es, nicht im Bild hin und her zu springen, sondern entweder im oder auch gegen den Uhrzeigersinn das Bild mit dem Blick abzutasten. Bietet es sich von den Motiven her an, ist es gut, das Bild in Viertel einzuteilen. Es kann dann nach und nach bearbeitet werden. Gibt es ein zentrales Bildmotiv, sollte damit begonnen werden. Davon ausgehend sollte die Umgebung in einer Richtung weiter beschrieben werden. Die entsprechende grafische Form wäre die offene Spirale. Dabei auch erwähnen, was die Bildränder begrenzen.
Jedes Bild bildet im Prinzip einen Raum ab, selbst wenn es keine perspektivische Darstellung benutzt. Eine sehende Person kann sich ohne Probleme in den abgebildeten Raum hineindenken. Eine blinde Person kann dies nicht auf Anhieb. Deshalb sollte die Beschreibung der Wanderung des Blickes über die Abbildung folgen. Gerade für Geburtsblinde sind Begriffe, die sich auf die Perspektive beziehen (oft schon die Begriffe Vorder- und Hintergrund) weniger hilfreich. Die Beschreibung sollte sich an der Zweidimensionalität des Bildes orientieren. Die Abbildung eines Raumes durch das Bild wird erwähnt, sollte aber nicht dazu verführen, nur noch den Raum zu beschreiben. Deshalb den Bezug von Gegenständen oder Personen zu einander so beschreiben wie sie auf dem Bild zu sehen sind und nicht, wie sie im abgebildeten Raum zu einander stehen.
Der Raum wird von einer blinden Person mit Hilfe einer guten Beschreibung so in der Vorstellung wieder hergestellt, wie es den Erlebnissen und den Erfahrungen der jeweiligen Person entspricht. Eine spät erblindete Person wird sich den abgebildeten, realen Raum vielleicht wirklichkeitsgetreuer vorstellen können, als eine geburtsblinde Person, die räumliche Erfahrung nur durch Tasten, Hören und Bewegung hat. Bei Allen aber entsteht durch die Beschreibung ein Raum in der Vorstellung und dieser sollte in Ausstattung und Wirkung dem sehenden Erleben des betreffenden Bildes im Idealfall sehr nahe kommen.

Katrin Heidorn

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EMOP 2

Die Blinden Fotografen dürfen nicht nur teilnehmen beim EMOP. Der EMOP findet sie sind ein Highlight. Wahnsinn:

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Die Blinden Fotografen beim EMOP (Europäischer Monat der Fotografie).

Entschuldigt bitte das elende Crossposting, aber ich hab mich schon wieder im Gewirr unserer Onlinepräsenzen verheddert. Wird besser bald. Versprochen.

Jedenfalls:

Die Blinden Fotografen
https://www.facebook.com/FotostudiofuerBlindeFotografen

nehmen im Oktober am EMOP teil.

https://www.emop-berlin.eu/de/

Und dies in einer der besten Fotogalerien Berlins, dem fhoch3 der GfHF (Gesellschaft für humanistische Fotografie).

https://fhochdrei.org/

Die Vernissage wird sehr wahrscheinlich am Mittwoch, d. 30. September 2020 um 19 Uhr stattfinden. Gefördert wird unsere Ausstellung von der Aktion Mensch.

https://www.aktion-mensch.de/lotterie/mein-gluecks-los?gclid=EAIaIQobChMIqYu8hqOx6gIVSrDtCh0o7wlnEAAYASAAEgKuCPD_BwE

 

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Sonia Klausen/Gerald Pirner: Fotografien und Übermalungen

Die Frühjahrspause nähert sich ihrem Ende, die nächste Ausstellung steht vor der Tür. Und zwar eine doppelte Doppelausstellung, zwei Künstler an zwei Orten!

Sonia Klausen/Gerald Pirner

Fotografien und Übermalungen

5. Juni – 17. Juli 2020 BrotfabrikGalerie temporär im BrotfabrikKulturwagen auf dem Caligariplatz

12. Juni – 30. Juni 2020 Galerie KungerKiez, Alt-Treptow

Eröffnung: 5. Juni 2020, 19 Uhr Caligariplatz

Eröffnung: 12. Juni 2020, 19 Uhr Galerie KungerKiez

Zu einigen Fotografien werden Bildbeschreibungen für Blinde und Sehbehinderte angeboten.

BrotfabrikKulturwagen, Caligariplatz, 13086 Berlin, täglich, 12 – 20 Uhr
Galerie KungerKiez, Karl-Kunger-Straße 15,
12435 Berlin/Alt-Treptow, Do – So, 15 – 19 Uhr

Umlauferöffnungen entsprechend den Covid-19 Hygieneregeln

Während der Eröffnungsveranstaltung kann es zu Foto- oder Videoaufnahmen kommen, die ausschließlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins verwendet werden.

http://www.brotfabrik-berlin.de

Caligariplatz 1 13086 Berlin
Tel. +49(0)30 471 40 01 ps@brotfabrik-berlin.de

Gerald Pirners Titelbild zur Ausstellung

© Gerald Pirner

Sonia Klausens Titelbild zur Ausstellung

© Sonia Klausen

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Ich hole Menschen aus dem Dunkel

Ein Interview mit Gerald Pirner in der Zeitung „Politik & Kultur“ des Deutschen Kulturrats:

„Für mich ist Dunkelheit etwas, aus dem ich Gedankenfiguren über meine Modelle heraushole, sie ins Licht führe. Über die Berührung entwickle ich ihre Richtung – das ist für mich entscheidend. Das heißt, wenn ich jemanden fotografiere, dann berühre ich ihn und hole ihn in der Berührung aus diesem Dunkel heraus. Dunkelheit ist also eine Art Indifferenz, die ich mit meiner Berührung durchbreche. Die Taschenlampe, die ich dabei verwende, ist letztendlich nur die Spur, die diese Berührung hinterlässt. Ich hole Figuren, Menschen aus dem Dunkel ins Helle, ins Sichtbare.“

Das ganze Interview hier in diesem PDF auf Seite 29:

Klicke, um auf puk1219-0120.pdf zuzugreifen

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Die Begründung der Jury der Wiesbadener Fototage

warum Sie den Blinden Fotografen ihren Preis verliehen hat:

Jurypreis der Wiesbadener Fototage 2019

Fotostudio für Blinde Fotografen 

Susanne Emmermann, Mary Hartwig, Silja Korn und Gerald Pirner

Vier in ihrer Lebenszeit erblindete Fotografeninnen und Fotografen – Susanne Emmermann, Mary Hartwig, Silja Korn und Gerald Pirner – haben zusammen mit dem Fotografen und Dokumentarfilmer Karsten Hein im Juni 2018 ein gemeinsames Fotoatelier in Berlin gegründet. Betitelt wurde es als ein Ort für Visionen. Auf Ihrer Facebook-Seite steht dazu: „Jeder Fotograf braucht eine innere Vision von dem Bild, das er machen möchte. Blinde Fotografen kultivieren diese innere Vision und realisieren sie mit einem Apparat, der mehr umfasst als die Kamera selbst. 

Deutlicher kann ein „Grenzgang der Fotokunst“ nicht vor Augen geführt werden, als etwas zu präsentieren, dass von den Akteuren selbst nicht gesehen werden kann. Alle vier Fotografen*innen schaffen intime und lautlose Bilder, indem sie die Technik des sog. „Lightpaintings“ nutzen und so das Charakteristikum ihrer Arbeiten schaffen, nämlich das Licht als ein besonderes Fluidum, als eine Aura oder eben eine innere Vision zu veranschaulichen. Sie machen das Licht zu ihrem Material und schaffen es dabei, ein Bild von einer Idee, sozusagen ein Vorstellungsbild, zu visualisieren, weclhes das Außen nicht kennt. Die künstlerische Kraft der sehr poetischen manchmal fast religiös-mystisch wirkenden Arbeiten ist enorm, wird berücksichtigt, dass stets zwei Personen im Teamwork an der Entstehung beteiligt sind.

Beim sog. „Lightpainting“ wird bei absoluter Dunkelheit der Verschluss der Kamera geöffnet. Der zu Portraitierende oder der Gegenstand werden vom Fotografen abgetastet und mit einer oder mehreren unterschiedlichen Lichtquellen (Taschenlampe, Feuerzeug oder Kerze) beleuchtet bzw. „bemalt“. Es ist eine Technik der Langzeitbelichtung, die eine fast wörtliche Umsetzung von Fotografie als Lichtmalerei vorstellt. Der Fotograf entscheidet dann, wann dieser Prozess beendet ist und schließt den Verschluss der Kamera. Anschließend beginnt der Dialog mit einer sehenden Person, die eine detaillierten Bildbeschreibung abgibt, um gegebenenfalls die Aufnahme zu wiederholen. Entscheidend sind somit die Aspekte, dass es um das Empfinden, um das taktile Aufspüren von Motiven und das anschließende Gespräch zwischen zwei Menschen geht.

Silja Korn verwendete für ihr erstes fotografisches Selbstportrait eine Kerze, um über die Wärmeempfindung auf ihrer Haut die Lichtintensität zu regulieren und so den wechselnden Eindruck von hellen und dunklen Partien auf ihrem Antlitz bewusst zu steuern.

Die im Frühjahr verstorbene Mary Hartwig arbeitete in ihrer Arbeit „Der Vogel“ in einer altmeisterlichen Manier. In einer Aureole aus Goldtönen liegt ein Wesen in verletzlicher und friedvoller Haltung.

In Gerald Pirners Bildern steht zunächst die Auseinandersetzung mit seiner Erblindung im Vordergrund. Bildinszenierungen des eignen, verletzten Körpers. In seinen Essays untersucht und beschreibt er präzise die Zusammenhänge des Berührens. „Berührung, die Licht wird. Berührung, die von Unberührbarem spricht.

Susanne Emmermanns Fotografien sind meist theatrale Erzählungen. Das Bild hier stammt jedoch aus einem Zyklus abstrakter, überwiegend farbiger Linien im Raum. Auf die Frage, warum sie fotografiert, sagte sie einmal: „Um mich zu erinnern – genau wie Sehende.“

Abschließend ist der Kollege und Mitinitiator des Fotostudios für blinde Fotografen Karsten Hein zu nennen, der 2011 ein Portraitprojekt umsetzte, in dem er auch Blinde einlud und fotografierte. Daraus ergaben sich die Ideen, Portraitfotografie für Blinde und später Fotografiekurse anzubieten. Kurz darauf entstanden der erste Fotoblog für Blinde und im letzten Jahr das Fotostudio.

Der Jurypreis der 11. Wiesbadener Fototage 2019 in Höhe von 1.500 Euro geht an die Gruppe des „Fotostudios für Blinde Fotografen“ – Susanne Emmermann, Mary Hartwig, Silja Korn, Gerald Pirner und Karsten Hein – für ein zukunftsweisendes und herausragendes Fotoprojekt von hoher sowie gleichartiger Qualität.

 

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