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100 Meisterwerke: 54. „Bibi Aisha“ von Jodi Bieber

Bibi Aisha

Das im Folgenden beschriebene Bild ist ein Porträt-Foto für das Time-Magazin. Es zeigt die 18-jährige Afghanin Bibi Aisha mit entstelltem Gesicht. Ihr Ehemann hatte ihr auf Anweisung eines Taliban-Gerichts Ohren und Nase abgeschnitten, nachdem sie aufgrund seiner Gewaltexzesse vor ihm geflohen war. Das Foto 2010 wurde von der südafrikanischen Fotografin Jodi Bieber aufgenommen und kurz darauf zum Pressefoto des Jahres gekürt. Jodi Bieber beschäftigt sich fotografisch vor allem mit Afrika, insbesondere mit Porträts von Kindern und Jugendlichen am Rand der Gesellschaft.

Bei diesem Farbfoto in hoher Qualität handelt es sich um das hochformatige Porträt eines jugendlichen Mädchens, dessen Nase abgetrennt wurde. Das Bild wurde leicht seitlich-frontal aufgenommen. Die junge Frau ist mit ihrer rechten Körperseite leicht der Kamera zugewandt. Ihr kompletter Kopf, Hals und Dekolleté sind abgebildet. Sie nimmt ca. 80 Prozent der Aufnahme ein. Der Rest besteht aus einem einheitlich, bräunlich-grau verschwommenen Hintergrund, der die junge Frau zusätzlich in den Fokus stellt. Der Hintergrund ist auf der linken Seite heller und verläuft übergangslos in ein dunkles Braun am rechten Bildrand. Kurz über ihrem Kopf befindet sich der obere Bildrand. Das rechte äußere Sechstel des Bildes, von ihr aus links gesehen, besteht nur aus Hintergrund.

Auf dem Kopf trägt sie ein Tuch, das an den Seiten herabhängt und ihre Schultern sowie die seitlich liegenden Haare halb bedeckt. Da die Aufnahme nur bis zum Beginn der Brust reicht, ist unklar wie lang das Tuch ist. Erkennbar ist jedoch, dass es aus einem festeren, blickdichten Material besteht. Es hat breite Längsstreifen in zwei verschiedenen, sich wiederholenden Lila-Tönen, die jeweils von einem hellen dünnen Streifen getrennt werden. Das Tuch bedeckt neben den Schultern auch die Oberarme der jungen Frau, lediglich in der Mitte der Brust ist ein Stück ihres Oberteils zu erkennen. Es ist in einem warmen, farbintensiven Rot gehalten, dass mit so vielen weiß-silbrigen Pailletten verziert ist, dass das Rot nur leicht durch schimmert.

Die junge Frau hat sehr dunkelbraunes, fast schwarzes, dickes Haar, das leicht lockig-gewellt und etwas länger als schulterlang ist. Es bedeckt ihre Ohren und einen Großteil der Stirn und fällt ihr in ihr ovales Gesicht. Sie trägt einen Seitenscheitel und hat einen leicht gebräunten Teint. Ihre ungeschminkte Haut weist einige Rötungen und Unreinheiten auf. Ihr Mund ist ganz leicht geöffnet. Zwischen den vollen Lippen sind ihre Zähne zu erahnen. Sie lächelt nicht, zieht die Mundwinkel aber auch nicht nach unten. Die dunkelbraunen Augen des Mädchens schauen nicht direkt in die Kamera, vermutlich blickt sie die Fotografin an. Der Blick wirkt eher neutral, doch ziemlich durchdringend. Ihre Augenbrauen sind leicht buschig und nicht gezupft. Von ihrer Nase, die sich fast in der Mitte des Bildes befindet, ist kaum vorhanden.

Beim Betrachten des Bildes fällt sofort auf, dass dieses ansonsten hübsche Mädchen keine Nasenlöcher und keine Nasenflügel hat. Die untere Hälfte ihrer Nase ist ein schwarzes Loch, umgeben von vernarbter leicht geröteter Haut. Die obere Hälfte ist unversehrt. Diese klaffende Wunde in einem ansonsten jugendlichen Gesicht ist schockierend. Man will die Verstümmelung eigentlich nicht sehen und muss trotzdem hinschauen. In dieser gnadenlosen Darstellung der brutalen Realität  besteht die Aussagekraft dieses Bildes.

Bildquelle: i.ytimg.com

Text: Stefanie Rode

 

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100 Meisterwerke: 44. „Infantin Margarita Teresa“ von Diego Velázquez

Margarita Teresa

Das Bild „Infantin Margarita Teresa“ hat eine Länge von 1270 mm und eine Breite von 1070 mm. Es wurde 1659 von Diego Velázquez mit Öl auf Leinwand gemalt. Das Portrait zeigt die 8-jährige Margarita Teresa von Spanien. Margarita Theresa war Infantin (im Sinne von Prinzessin) von Spanien aus der spanischen Linie der Habsburger und römisch-deutsche Kaiserin. Sie war die erste Gemahlin Kaiser Leopolds I. und Schwester des letzten spanischen Königs aus dem Haus Habsburg, Karl II. von Spanien.

Das Bild zeigt Margarita Theresa in Ganzkörperansicht in einem blauen Barock Kleid mit einem breiten und bauschigen Rock. Sie steht in der Mitte des Bildes und schaut etwas nach links. Sie nimmt einen Großteil des Bildes ein. Im Hintergrund befinden sich eine dunkle, sand- und grünfarbene Wand und auf der linken Seite ein Teil eines Schminktisches.

Margarita Theresa hat lange blonde Haare, die links und rechts von ihrem Gesicht bis zu den Schultern hinabfallen. In den Haaren über ihrem linken Ohr ist eine längliche, olivgrüne etwa 10 cm lange Haarspange befestigt. Da diese aus groben Pinselstrichen besteht, sind Details nicht zu erkennen. Ebenso verhält es sich bei den Ohrringen und der Halskette. Die Ohrringe sind auch olivgrün, allerdings lediglich mit einigen Pinselstrichen angedeutet. Es mutet wie ein Blumenblütenmuster an. Die Halskette ist kaum zu erkennen. Sie sieht wie ein silbernes Collier mit Anhänger aus.

Von Margarita Theresas Haut sind lediglich Hände, Gesicht und Hals bis zum Schulterbein zu sehen. Sie hat einen sehr blassen Teint. Sie trägt Rouge und helles, fast aprikosenfarbenes Lippenrot. Die Augen sind blaugrau und kreisrund geöffnet, wodurch sie leer wirken. Ihr gesamter Gesichtsausdruck vermittelt eine ausdruckslose Ernsthaftigkeit.

In ihrer linken Hand, die sie ausgestreckt auf Hüfthöhe hält, trägt sie ein rechteckiges, circa 30 cm langes Accessoire. Es sieht wie eine braune Fellmuff aus. Die rechte Hand liegt rechtsseitig auf dem Kleid und umfasst den Henkel einer blauen Handtasche in Kornblumenform. Die Tasche liegt auf Hüfthöhe auf dem Kleid. Die Hand selbst ist in einem hellen Braunton gehalten. Es sieht wie ein Handschuh aus.

Das Kleid ist sehr aufwendig gestaltet. Der Grundton ist ein helles Blau. Der Dekolleteebereich und die bis zu den Handgelenken reichenden Ärmel sind hauptsächlich weiß. In der Mitte des Dekolletees ist eine große, blaue blumenförmige Kleidverzierung. In dieser Verzierung befindet sich eine von Blumen umgebene, olivefarbene Brosche mit einer, großen, weißen Perle in der Mitte. Es sind kreisförmig weiße, gelbe und schwarze Tupfer, die an Blumenblüten erinnern in dieser Brosche verteilt.

Eine goldene Schärpe verläuft schräg von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte. Dort wo die Schärpe an der Schulter anfängt, ist das Kleid ebenfalls blau. Es ist eine ca. 10 cm² große Fläche. Auf Hüfthöhe endet die Schärpe auf einem blauen schmetterlingsförmigen Highlight. Die größte Verzierung des Kleides sind die vielen weißen und mit etwas Gold versehenen Streifen, die über das Kleid gehen. Die Streifen sind schätzungsweise jeweils 3 cm dick.  Es gibt zwei verschiedene Bereiche, in denen diese auftreten. Am Dekolleteebereich gehen drei Streifen Richtung Bauchnabel bis zum Hüftbereich. Sie gehen dann kegelförmig auseinander und treffen sich am Hüftbereich, um dann nach hinten zu verschwinden.

Anschließend ist vom unteren Hüftbereich bis in etwa zu den Knien ein Bereich, in dem das Kleid keine Verzierungen hat. Es ist lediglich in einem blauen Grundton gehalten. Weiterhin gibt es noch sieben weiße Streifen mit goldenen Elementen, die im unteren Drittel des Kleides horizontal verlaufen. Sie liegen alle eng aneinander und haben zwischen einem und zwei Zentimetern Abstand zueinander.

Im Hintergrund steht auf der linken Seite der Schminktisch. Er ist aus Holz mit Schubladen und einem ovalen Spiegel, der in runden Holzsäulen eingefasst ist. Auf der rechten Seite des Tisches steht eine kleine, weiße Figur eines sitzenden Pudels. Auf der linken Seite befindet sich eine weitere Figur, die jedoch nicht zu erkennen ist. Hinter Margarita Theresas Kopf befindet sich ein heller Holzrahmen, der bis zum oberen Bildrand reicht. Es könnte ein Fenster sein. Innerhalb dieses rechteckigen Rahmens ist kupferbraune Farbe ohne markante Struktur zu erkennen. Der Rest des Hintergrundes ist Beige und wird nach oben hin zu einem dunklen Braun.

Bildquelle: Wikimedia

Text: John Patzwald

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100 Meisterwerke: 38. „Betty“ von Gerhard Richter

Betty 1977

„Betty“ aus dem Jahre 1977, ist das erste von drei Portraits, das Gerhard Richter von seiner gleichnamigen Tochter anfertigte. Es ist im Querformat auf Öl gemalt und hat die Maße 30 x 40 Zentimeter.

Das Bild zeigt die Nahaufnahme einer vermutlich weiblichen, sehr jungen Person. Seine Tochter Betty. Der Bildausschnitt fokussiert den Kopf im Zentrum und endet an den Schultern, beziehungsweise am oberen Ende des Brustkorbs. Die Person befindet sich in einer liegenden Position, wobei der Oberkörper von Betty gerade auf dem Rücken platziert scheint. Der Mittelpunkt des oberen Brustkorbs findet sich in der oberen linken Bildecke. Die linke Schulter zeichnet sich in der linken unteren Bildecke ab, während die Spitze der rechten Schulter mittig am oberen Bildrand abgeschnitten wird. Es lässt außerdem vermuten, dass sie auf einem Tisch oder einer Holzplatte liegt, denn am unteren Ende des Bildes, sowie am rechten oberen Bildrand ist eine geradlinige feste Kante zu sehen. Die Farbe des Untergrunds ist beige-braun und zeigt eine deutliche Schattenbildung an der vorderen sichtbaren Kante.

Betty trägt einen rötlichen Pullover mit einem ungefähr einen zentimeterdicken dunkelblauen Rundhals-Ausschnitt. Des Weiteren sitzt der Pullover locker am Oberkörper und wirkt dabei ein bisschen zu groß.

Ihr ovaler Kopf ist deutlich nach vorne geneigt, so dass das Gesicht fast vollständig zu sehen ist. Lediglich das linke Ohr, sowie die Ausläufer der linken Gesichtshälfte zum seitlichen Haaransatz, sind nicht mehr zu sehen. Der Blick ihrer blauen Augen trifft punktgenau in die Augen der betrachtenden Person; ihr Blick wirkt dabei dennoch durchdringlich und in die Ferne gleitend. Das Gesicht hat eine zarte, kindliche Textur. Die Augenbrauen folgen einem weichen runden Bogen und formen sich symmetrisch auf der glatten hohen Stirn. Die Nase ist kurz, etwas rundlich und dabei genauso zart und kindlich wie der Rest ihres Gesichts. Ihr Mund ist ein wenig geöffnet, wodurch die vorderen oberen Schneidezähne etwas zu sehen sind. Ihre Lippen sind voll, sehr markant und in einem satten Rot. An der Oberlippe zeigt sich nur ein sehr kleiner abgerundeter, schwach u-förmiger Amorbogen. Das Philtrum, die Stelle zwischen Nase und Mund, ist deutlich durch zwei ausgeprägte Linien zu erkennen.

Deutlich ins Auge fällt auch ihr rechtes Ohr, welches nicht von ihren langen hellbraunen, fast glatten Haaren bedeckt ist. Das Kopfhaar wirkt nach Hinten zu einem lockeren Zopf gebunden, wobei sie mit ihrem Kopf auf einem Großteil ihres Haares liegt. Ein paar der langen Strähnen fallen vorne über die Kante nach Unten. Ein leichter linksseitiger Seitenscheitel ist auch zu sehen.

Bilquelle: gerhard-richter.com

Text: Jolin Hölzel

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100 Meisterwerke: 14. „Annie“ von Julia Margaret Cameron

Annie my first success

Das Portrait stammt von der Fotografin Julia Margaret Cameron, die als Englische Pionierin der Fotografie gilt. Dieses Werk aus den Anfängen von Camerons Karriere zählt zu den bedeutendsten Fotografien seiner Zeit. Es entstand 1864, als die Belichtungszeiten im Durchschnitt noch 5 Minuten andauerten und die zum Fotografieren nötigen Chemikalien schnell nach dem Anrühren genutzt werden mussten. Das abgebildete Mädchen hieß Annie Philpot; daher der Titel des Bildes „Annie, my first success“ (dt. „Annie, mein erster Erfolg“. Cameron selbst schrieb auf die Rückseite des Bildes „My very first success in photography.“

Das originale Portrait im Hochformat hat die Maße 17,9 x 14,3 cm und wurde auf Albuminpapier, das für seine detaillierte Darstellung bekannt ist, entwickelt. Nach der Entwicklung wurde es  nochmals mit Eiweiß überzogen, wodurch ein höherer Glanzeffekt entsteht.  Die Qualität des Bildes ist nicht hoch; vor allem der Hintergrund ist unscharf. Dies liegt zum einen an den geringeren technischen Möglichkeiten der Zeit und zum anderen wahrscheinlich an Camerons Bestreben die Portraitierten unverfälscht und weitestgehend ohne Nachbearbeitung abzubilden.

Auf dem Bild ist der Oberkörper eines etwa neunjährigen Mädchens bis kurz unter der Brust zu sehen. Sie ist nicht direkt frontal zur Kamera, sondern aus der Perspektive der Fotografin leicht nach links gedreht. Ihr Blick ist ebenfalls leicht nach Links und daher nicht direkt in die Kamera gewendet.

Annies Kleidung ist kaum zu erkennen; vermutlich hat sie eine dunkle Jacke an, die sie geschlossen trägt. Dies ist durch einen hellen, leicht schattierten Knopf erkennbar. Der Knopf ist nur noch knapp am unteren Bildrand sichtbar. Somit befindet er sich ungefähr auf Brusthöhe. Wahrscheinlich hat die Jacke einen Kragen, da der Hals nicht komplett zu sehen ist.

Das Gesicht ist leicht aus dem Fokus gerutscht, aber trotzdem deutlich erkennbar. Annie besitzt ein natürliches, schlankes, feminin wirkendes Gesicht. Sie hat dabei einen nachdenklich oder traurig bis bedrückten Gesichtsausdruck, welcher vor allem durch die Mund- und Augenpartie zur Geltung kommt. Wobei zu erwähnen ist, dass ihre Augen nicht deutlich sichtbar sind, da ein Schatten darauf liegt. Ihre Augenbrauen sind schmal geformt, passend zur Form der Augen. Ihre Nase ist mit der hellste Punkt auf dem Gesicht, was mit dem Lichteinfall zusammenhängt. Sie hat eine so genannte Stupsnase, welche gut zu ihrem Gesicht  passt. Die Mulde zwischen Nase und Mund ist bei ihr relativ stark ausgeprägt und kommt vermutlich durch das Licht- und Schattenspiel extra zum Vorschein. Ihre Lippen sind gleichmäßig geformt, wobei ihre Oberlippe einen auffälligen Herzbogen hat. Ihr Kinn ist eher eckig.

Das Mädchen trägt die Haare mit einem Mittelscheitel offen. Am Ansatz sehen sie etwas platt gedrückt aus, nach unten hin wirken sie voller.  Die Haare enden auf Schulterhöhe und sind vermutlich dunkelblond bis braun.

Insgesamt hat das Portrait einen wärmeren Bildton und geht eher in die Braun-Sepia Töne, was typisch für die Art des Druckes ist. Der Hintergrund wirkt verschwommen und ist somit unwichtig. Trotzdem beeinflusst er das Bild durch seine Farbgebung. Aus Sicht der Fotografin ist der Hintergrund nahezu zweigeteilt: die rechte Seite des Bildes ist dunkel, fast schwarz – es gibt nur einen hellen Fleck am oberen rechten Bildrand in der Ecke. Die linke Bildseite dagegen ist eher hell-beige meliert.

Es waren hauptsächlich solche von ihrem eigenen Stil geprägten Portraits, die Cameron berühmt machten. Sie setzte es sich zum Ziel, die Persönlichkeit der Abgebildeten ausdrucksstark und gleichzeitig natürlich darzustellen. Gesichtszüge werden durch Licht und Schatten modelliert.

Text: Mandy Buchwalsky

Bildquelle: Wikimedia

 

 

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100 Meisterwerke: 6. „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Jan Vermeer

Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge

Das Gemälde “Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge” wurde um 1665 in der Barockzeit von dem niederländischen Maler Jan Vermeer van Delft angefertigt. Das Portrait im Hochformat hat eine Größe von 45 x 40 cm und wurde mit Öl auf Leinwand gemalt. Derzeit befindet sich das Gemälde im Mauritshuis in Den Haag. Es ist als Schulterstück ausgeführt, so dass die Schulteransätze bis zu den Achseln zu sehen sind. Es zeigt eine schöne junge Frau, vermutlich um die 18 Jahre alt, mit heller Haut, dunklen Augen und vollen roten Lippen, die den Betrachtenden über die Schulter hinweg und mit leicht geöffnetem Mund direkt anschaut. Das Mädchen trägt einen auffälligen Turban, sodass die Haare nicht zu sehen sind.

Die Augen sind groß und rund und stehen leicht hervor, die Nase ist wohlgeformt mit einem langen, schmalen Nasenrücken, die Gesichtsform ist eher rund und das Kinn kurz. Die Augenbrauen sind nur ganz leicht angedeutet und kaum sichtbar. Dies lässt vermuten, dass sich unter dem Turban helle blonde oder rotblonde Haare verbergen. Die Augenfarbe liegt zwischen dunklem grau oder blau. Obwohl der Mund leicht geöffnet ist, sind die Zähne nicht erkennbar. Die junge Frau wirkt ungeschminkt und auf eine natürliche Weise schön. Ihr Blick ist freundlich, offen und ein wenig neugierig.

Man hat fast das Gefühl, das Mädchen möchte einen ansprechen. Das Gemälde wirkt dadurch wie eine Momentaufnahme. Der Bildhintergrund ist sehr dunkel, fast schwarz. Er verstärkt die helle Erscheinung des Mädchens, insbesondere die seines Gesichtes. Die Komposition ist so angelegt, dass sich Schulter­ und Rückenbereich der jungen Frau in der unteren Mitte und im rechten unteren Viertel des Gemäldes befinden. Der Kopf befindet sich in der Mitte der oberen beiden Drittel. Die Bereiche der beiden oberen Ecken, sowie der linken unteren Ecke sind mit der gleichen dunklen Hintergrundfarbe gefüllt.

Das Mädchen trägt eine bräunlich­gelbe Jacke, von der sich ein schmaler Streifen des darunter liegenden weißen Kragens deutlich absetzt. Ein kleines Stück des verdeckten langen Halses ist ebenfalls zu sehen. Zudem bildet die Jacke einen Kontrast zu dem blauen Turban, den sie um den Kopf gewickelt trägt. Der filigrane Turban besteht aus breitem leuchtend blauen Stoff. Er reicht von der Stirn bis zum Beginn des Hinterkopfes. Am Hinterkopf befindet sich ein kunstvoll geknotetes, gelbes Tuch, das aus dem Knoten heraus reicht. Dieses herabfallende Tuchende befindet sich am rechten äußeren Rand des Bildes und endet ungefähr auf Höhe der Schulter. Am unteren Ende hat das Tuch einen schmalen blauen Streifen als Abschluss. Hier wiederholt sich die blaue Farbe des Turbans noch einmal. Der Turban ist ein Zeichen für das in der damaligen Zeit vorhandene Interesse an der morgenländischen Kultur infolge der Türkenkriege. Im 17. Jahrhundert waren Turbane deshalb ein beliebtes und weit verbreitetes Accessoire in Europa.

Besonders auffällig ist die einzelne, große, weiß glänzende Perle am Ohrring des Mädchens, die diesem Gemälde auch seinen Namen gab. Es handelt sich dabei um einen Hängeohring mit einer augapfelgroßen Perle, die aus der Schattenzone des Halses hervorsticht und im Licht leicht silbern funkelt. Der Anhänger des Ohrrings ist hingegen nicht zu sehen.

Inspiriert von dem Gemälde, veröffentlichte Tracy Chevalier 2001 ihren Roman „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, in dem sie eine fiktive Lebensgeschichte des unbekannten Models erzählt. 2003 wurde das Buch erfolgreich verfilmt.

Text: Mirjam Knes-Zierold

Bildquelle: Wikimedia

 

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