STATUS: SCHON BESCHRIEBEN
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Ewa hat sich nochmal ein Bild von Siljas Website gepickt, um es ihr zu beschreiben:
Ewa Maria Slaska:
Vorwort. Wie malt Silja ihre Bilder?
Ich bin bei der Ausstellung von Siljas Bildern gewesen. Bin beeindruckt, aber auch eingeschüchtert. Ich meine, man ist dabei sehr schnell geneigt, nicht daran zu glauben, was man sieht. Zu perfekt sind die Bilder. Man versucht sich damit zu trösten, dass es alles Zufallsprodukte sind. Aber nein, die Künstlerin lässt solche Interpretation nicht zu. Sie malt zwei, drei, vier ähnliche Bilder, manchmal sind sie gleich groß, manchmal groß und klein, und trotzdem sind Motiv und Farbenkomposition ähnlich. Man steht total verblufft und fragt sich, wie? Wie ist es überhaupt möglich? Eigentlich soll man all diese Fragen ablegen und die Bilder nur als Produkt eines künstlerischen Geistes betrachten. Es vergessen, dass die Malerin blind ist. Aber man kann es nicht. Zu steif sind unsere Gedankenwege, zu versteinert. Wir sehen Bilder einer blinden Malerin und wir können nicht umhin. Es ist halt so. Sie ist vielleicht gar selber schuld daran. Sie fordert uns heraus, immer wieder scheint sie, sich heimlich an unserem Staunen zu belustigen. Sie trickst uns aus. Auf ihrer Internetseite treibt sie auch ein Spiel in die umgekehrte Richtung. Sie zeigt dieselben Bilder verschieden umgedreht und es sind plötzlich andere Bilder.
Sicher, es sind dabei Bilder, bei denen man noch versteht, wie sie entstanden sind. Man sieht aufgeklebte Gegenstände oder Papierstreifen, sieht dick aufgetragenen Farben, die sich vor dem Hintergrund abheben. Man kann sich vorstellen, wie die Hand der blinden Malerin darüber streift und streichelt, um zu betasten, was sie hergestellt hatte. Die unebene Struktur dient als Wegweiser, leitet von der einen bis zu der nächsten Arbeitsphase. Aber es sind auch glatte Bilder dabei, die gerade damit stolzen, dass die Farben dünn und glatt aufgetragen sind, in systematischer Ordnung. Kein ungewollter Flecken zerstört die perfekte Harmonie der hellgrünen Rechtecke in drei Grünnuancen, keine Linie der fractalen horizontalen Algen weicht von den vorgegebenen strengen Mustern ab.
Wenn man für Silja die Bilder beschreibt, hilft es manchmal zu wissen, dass sie doch 12 Jahre lang gesehen hat. Dass sie weißt, was man meint, wenn man „rosa Baum“ schreibt oder „blauer Mond“. Aber wie hat sie jetzt, blind, diese fractale Strukturen gemalt? Auch wenn sie sie mal, was ich nicht glaube, irgendwo gesehen hat, es könnte ihr in keiner Weise bei dem Malen dieses Bildes helfen.
Es sind Fragen über Fragen. Ich weiß gar nicht, ob wir die Antworten kennen müssen, die Künstlerin muss sie uns nicht geben, aber sie wiederum muss sich damit abfinden, dass sie in uns entstehen.
Beschreibung. „Näherungen“. Senkrecht. Die schwarzen Baumstümpfe oder krumme Vogelgestalten befinden sich im Bild unten. Die zwei abstrakten Figuren in der Mitte sehen wie zwei gelbe Menschen aus, der linke mit dem Kopf eines Hahnes. Der rechte mit einem grünen Bein, der auf den schwarzen vogelartigen Baustämmen gelehnt, nach unten recht ragt. Zwischen dem Körper dieser Figur und deren Bein erscheint ein orangener Ziegenkopf mit ausgestreckter Zunge.
Die Zwei kämpfen. Sie stehen sich nah, ja, dies erklärt den Titel, aber es ist eine tödliche, würgende Nähe. Die Beine der kämpfenden Hahnen-Menschen sind stark in den Boden gestampft, ihre Köpfe kommen gegen große Anstrengung es nicht zu zulassen, aneinander. Darüber drei gelbe Fahnen, wie bei einem Rittertournier. Es kann aber sein, dass es fabelhafte fliegende Wesen sind, halb Vögel, halb Drachen, die sich nach unten stürzen in Erwartung einer baldigen blutigen Beute.
Die Farben des Bildes sind fröhlich, hell und grell, wie in einem Sonnen belichteten Sommer-Wundergarten, aber dies, was sie darstellen ist dunkel und bedrohlich.
Weiß Silja es, dass es einem Bange ist bei solcher Art der Näherung?
Liebe Ewa,
vielen Dank, für Deine so ehrliche Analyse und Beschreibung von meinem gemalten Bild. Das ich meine Bilder in verschiedenen Richtungen zeige, entstand bei uns daheim. Wenn ich ein Bild fertig gestellt habe, stelle ich dies im Wohnzimmer aus. Mein Mann ob er will oder nicht wird ständig dann daran erinnert, sie in Augenschein zu nehmen. Dabei hat er sie dann in die unterschiedlichsten Richtungen gedreht und da sah er, das sie bei jeder Drehung eine andere Aussage mitteilen. Daraus entstand die Idee die Bilder auf der Webseite in verschiedenen Richtungen zu zeigen. Denn mir ist es auch wichtig oder sogar ein Anliegen, das die Menschen die meine Bilder betrachten, sich von ihnen animieren zu lassen, um ihre eigene Fantasie Freien Lauf zu lassen. Also ich möchte den Betrachter nichts vorschreiben, was er zu sehen hat. Bei dem Bild, was Du gerade beschrieben hast, sieht wohlmöglich ein Blinder nicht so viel. Da auf ihm wenig Struktur zu finden ist. Meine Bilder entstehen schon irgendwie aus Willkür. Denn z.b. bei diesem Bild habe ich den Spachtel willkürlich über die Leinwand geführt. Mein Inneres hat mich dazu verführt dies zu tun. Nehme ich es mir vor, dies beim nächsten Bild wieder zu tun, ist das Ergebnis ein anderes. In meiner Ausstellung hast Du Bilder gesehen, die doppelt waren. Da habe ich wirklich dies mit Bewußtsein getan. Es rührt davon her, weil ich vor zwei Jahren mit einer anderen Künstlerin zusammen ausgestellt habe. Die immer zwei gleiche Bilder anfertigte um einen Gegenpol zu haben. Damit meine Bilder auch zu ihren im Ansatz passen habe ich versucht doppelte Ausführungen herzustellen. Ist echt nicht leicht gewesen. Da dies gegen mein Grundgefühl war. Ansonsten hätten wir nicht gemeinsam ausstellen können. Da es da kein anderen Berührungspunkt gab. Ihre Bilder zeigten Formen und waren in Naturfarben gemalt. Meine hingegen so bunt und so farbenfroh. Jedoch mag ich solche Herausforderungen sehr gerne. Interessant finde ich aber, was Du in dem Bild gesehen hast. So habe ich es nicht gewußt. Mein Mann hat in diesem Bild ein Bambi gesehen.
Alles Liebe
Silja