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100 Meisterwerke: 66. „Der Kuss“ von Gustav Klimt

Der Kuss

Gustav Klimt‘s „Der Kuss“ ist ein Ölgemälde im Jugendstil auf einer Leinwand in der Größe 180cm x 180cm. Es entstand 1908/1909 in Klimt‘s „Goldener Periode“ und steht heute im Belvedere Museum in Wien.[1]  Der Hintergrund des Bildes ist in einem bräunlich-gräulichem Ton gehalten, der von ganz kleinen gelben Punkten durchsäht ist und an einigen Stellen dunklere Schattierungen aufweist.

Auf dem Bild ist ein umschlungenes Liebespaar auf einer Blumenwiese zu sehen. Die Blumenwiese beginnt auf der linken Seite des Bildes und verläuft schräg nach rechts oben, wo sie bei etwa drei viertel der Bildbreite abschließt und mit einer leichten Welle zum unteren Bildrand verläuft. Auf der linken Seite nimmt die Blumenwiese ungefähr ein Viertel der Gesamthöhe des Bildes ein und nach dem Abschluss der Steigung dann ein Drittel der Gesamthöhe. Die Blumenwiese besteht aus vielen blauen, gelben und lilafarbenen Blumen, wobei die lilafarbenen Blumen größer sind als die anderen. Bei ihnen könnte es sich um Tulpen handeln und bei den anderen um Stiefmütterchen, was durch die ungenaue Zeichnung allerdings nicht so leicht zu beurteilen ist. Vereinzelt sind auch rot-bräunliche Tupfer zu sehen.

Die verschiedenen Grüntöne der Stiele und Blätter dominieren die Blumenwiese auf der linken Seite. Mittig dominieren die Blüten, vor allem die lilafarbenen, die in diesem Bereich der Wiese nicht nur in geschlossener Form zu sehen sind, wie auf der linken Hälfte der Wiese, sondern hauptsächlich in offener Form mit einem gelben Blütenstempel und einem schwarzen Punkt darin. Die rechte Seite der Wiese ist übersäht von gelbgoldenen Schlieren, die aus dem Gewand des Liebespaares bzw. nur aus dem Teil der Frau herabfallen und sich in Form von ganz vielen kleinen gelbgoldenen Dreiecken an dünnen Schnüren über diesen Teil der Wiese legen.

Das Liebespaar steht bzw. hockt mittig im Bild auf der Blumenwiese. Links ist der Mann zu sehen, der dem Anschein nach steht. Sein Teil des Umhangs geht bis hinunter zur Wiese und bedeckt, vom Hals ab, seinen kompletten Körper, einschließlich der Füße. Er hat auf dem gelbgoldenen Untergrund diverse Rechtecke in verschiedenen Farben und Größen. Es handelt sich dabei um weiße Rechtecke mit schwarzer Umrandung, schwarze Rechtecke mit weißer Umrandung, graue, schwarze, weiße und braune Rechtecke mit und ohne Umrandung. Außerdem unterscheiden sie sich in ihrer Länge und Breite. Von kleinen schmalen Rechtecken bis hin zu großen breiten Rechtecken ist alles dabei. Hinzu kommen winzige Quadrate in den selben Farbmustern und ein paar ganz kleine weiße Kreise mit schwarzen oder grauen Punkten darin. Dabei liegen stets zwei oder drei dieser Kreise senkrecht übereinander.

Der Mann hält die Frau fest umschlungen mit beiden Händen um ihren Hals und Kopf. Von ihm sind fast ausschließlich sein langer breiter Hals und der Hinterkopf zu erkennen. Seine Haare bedecken die Ohren und reichen fast bis zum unteren Teil des Gesichts. Sie sind schwarz und gewellt mit ein paar grünen Blättern darauf. Bei näherem Hinsehen könnte es sich um einen Haarkranz handeln. Sein Gesicht ist kaum zu erkennen. Lediglich sein rechtes Profil ist angedeutet dargestellt. Sichtbar sind eine dunkle breite Augenbraue und eine relativ groß wirkende Nase. Die Wange wirkt eingezogen, so wirkt es trotz der nicht sichtbaren Lippen, als würde er die Frau auf die Wange küssen.

Der Kopf der frau liegt im rechten Winkel auf ihrem Hals auf, angelehnt auf ihre linke Schulter. Ihr rechter Arm greift um den Hals des Mannes, ihr linker Arm ist angewinkelt nach oben und umgreift mit der Hand die rechte Hand des Mannes. Der Mann berührt mit seiner rechten Hand die linke Wange der Frau und umgreift ihren Kopf mit der linken Hand, so dass seine Fingerspitzen neben ihrem linken Auge liegen. Durch seinen Kuss bedeckt er einen kleinen Teil der rechten Gesichtshälfte der Frau. Der Rest ihres Gesichts ist deutlich zu erkennen. Ihre Augen sind geschlossen. Es wirkt, als hätte sie leicht bläulichen Lidschatten aufgetragen. Es könnte aber auch sein, dass lediglich die Adern bläulich durch die dünne Haut durchschimmern, da die Frau viel blassere Haut hat als der Mann und ihre Nasenpartie auch leicht bläulich erscheint. Ansonsten hat sie eine gerade Nase, rote Wangen und geschlossene rote Lippen. Ihre Augenbrauen sind weder breit noch schmal. Sie sind bogenförmig und in einem dunkleren Braunton als ihr Haar. Dieses ist rotbraun und voluminös, allerdings in der Struktur schwer zu erkennen. Es sieht aus, als hätte sie einen durchgehend breiten Kranz um, der in der unteren Hälfte aus blauen und weißen Blüten mit kleinen grünen Blättern besteht und in der oberen Hälfte, gleich geformt, aus ihrem Haar, wobei in dem Haar vereinzelt auch die gleichen Blumen zu sehen sind.

Das Gewand der Frau ist verschmolzen mit dem Gewand des Mannes. Auf ihrer Hälfte sind jedoch weniger eckige Muster zu sehen, sondern mehr kreisförmige. Bis auf wenige kleine Quadrate im Oberarmbereich und winzige Fünfecke im Rumpfbereich, besteht der Hauptteil der Musterung aus verschiedenfarbigen Kreisen in unterschiedlichen Zusammenstellungen. Die Silhouette der Frau zeichnet sich trotz des einteilig wirkenden Gewandes ab. In diesem Bereich sind einzelne Kreise zu sehen, die mit einer dünnen blauen Umrandung den gelbgoldfarbigen Stoff umschließen und in ihrer Mitte einen braunen Punkt tragen. Des Weiteren sind vereinzelt weiße Kreise mit ebenfalls dünner blauer Umrandung zu sehen, die verschieden groß sind und mal einen kleinen grünen Punkt in sich tragen, mal einen größeren oder auch mal ausschließlich weiß sind. Am auffälligsten sind jedoch die insgesamt sieben bunten großen Kreise, die teilweise ganz, teilweise aber auch nur zum Teil abgebildet sind und aus vielen kleinen Kreisen bestehen. Bei zwei Kreisen überwiegt eindeutig der rote Farbton, bei den restlichen eher die blaue und grüne Farbe. Die einzelnen kleinen Kreise haben alle eine farbige Umrandung mit einem andersfarbigen Kern, wobei ungefähr die Hälfte der Kreise noch einen schwarzen Punkt in sich trägt. Die Farben Weiß, Gelb, Hellrot, Dunkelrot, Rosa, Lila, Grün und Blau wurden bei den Kreisen unterschiedlich kombiniert.

Der Teil des Gewandes der Frau, der nicht ihre Silhouette umgibt, sondern darüber hinausgeht, besteht ebenfalls aus runden Formen. In diesem Bereich sind es verschieden große Kreise, die mehrere Ringe in sich tragen, alle dünn gezeichnet, so dass die Kreise insgesamt einfarbig wirken, nämlich gelbgolden, in der Farbe des restlichen Gewandes. Die einzigen Farbakzente werden durch die zum Teil größeren und zum Teil kleineren Punkte im Inneren der Kreise gesetzt. Diese sind hauptsächlich rot, aber auch weiß und grau.

Im Gegensatz zum Mann, bei dem lediglich der Hals, der Kopf und die Hände nicht vom Gewand bedeckt sind, gibt es bei der Frau weitere sichtbare Hautpartien. Es handelt sich dabei um ihr linkes Schulterblatt, ein großer Teil des linken Ober- und Unterarms sowie ihre Unterschenkel und ihre Füße, die aus dem Gewand hervorgucken und durch ihre auf den Knien hockende Position, über den Rand der Blumenwiese hinausgehen.

Bildquelle: wikipedia.de

Text: Esther Khiveh

[1] https://www.wien.info/de/sightseeing/museen-ausstellungen/top/belvedere 23.04.2017 19:33

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100 Meisterwerke: 65. „Das Jüngste Gericht“ von Wassily Kandinsky

Das jüngste Gericht

„Das jüngste Gericht“ von Kandinsky ist ein Gemälde mit den Maßen von 30cm x 50 cm und wurde 1910 fertig gestellt. Es ist hochkant ausgerichtet und leuchtet in kräftigen Farben. Auf den ersten Blick wirkt dieses Werk eher wie eine Farbmischplatte eines Künstlers als ein abgeschlossenes Werk. Kandinsky hat hier einige dutzend verschiedener Farben verwendet. Die obere Bildhälfte wirkt insgesamt wärmer und freundlicher als die untere. Das kommt vor allem daher, dass er dort mehr warme Farbtöne verwendet hat, vor allem Gelb- und Rottöne.

Mit etwas Phantasie und ruhigem Blick erkennt man aber doch deutlich herausgearbeitete Motive und eine Art Landschaftsmotiv, das sich über das gesamte Werk erstreckt. In der rechten, oberen Ecke hat Kandinsky ein Gesicht im Profil gezeichnet, wenn auch abstrakt. Man erkennt nur ein riesiges Auge, mit einer tiefschwarzen und eher leblos wirkenden Pupille. Das Profil der Nase ist ebenfalls erkennbar. Anstelle des Mundes formt sich hier aber eine Trompete, die das Gesicht auch mit einem Arm, dessen Ursprung außerhalb des Bildbereiches liegt, hält. Die Trompete entspricht nicht der gewöhnlichen Form, ist jedoch in sattem goldgelb gehalten und wurde am Trompetenende noch mit einer Art rotem Haken versehen. Als Musikinstrument ist es nur zu erkennen, weil sich das Mundstück an der Stelle des Gesichts oben rechts befindet, wo der Mund sein sollte.

Das Gesicht hat darüber hinaus rote Bäckchen, vermutlich aufgrund der Anstrengung beim Spielen des Instruments. Von der Stirn abgehend sind leuchtend rote, kräftige Linien zu sehen, die an eine symbolische Darstellung einer Sonne erinnern, deren Lichtstrahlen die Erde treffen.  Ein hellblauer Fleck in der Ecke deutet auf einen blauen Himmel hin.

Insgesamt ist das Werk sehr unübersichtlich und wirkt unsauber gearbeitet. Alle Farben scheinen willkürlich verwendet worden zu sein, da überall nur wenig mit einer Farbe, aber mit vielen Farben allgemein gearbeitet wurde. Eine klare Kontur hat, beziehungsweise ein deutlich erkennbares Objekt ist, ein verzerrtes Rechteck in der oberen Bildmitte. Es sieht aus wie ein Haus auf einem Hügel, nur eben ohne Dach und allem was ein Haus ausmacht. Der Hügel auf dem das Haus steht, ist in einem sehr dunklen Rot gemalt. Mit schwarz intensiviert Kandinsky diesen Eindruck noch.

Das Haus hat ein rotes, ausgemaltes Viereck im ersten Quadranten des „Gebäudes“ und an Stelle des Dachs ragen dünne Zylinder aus dem Gebäude. Die Zylinder wirken zusammen mit dem Rechteck wie ein Gefäß für Pinsel und Stifte. Einer der „Pinsel“ ist allerdings wie ein Bumerang geschwungen. Die goldene Trompete teilt das Bild in zwei sichtbar unterschiedliche Bereiche. Alles unterhalb der Trompete macht einen eher düsteren Eindruck. Verstärkt wird dieses Empfinden dadurch, dass Kandinsky dort eine Person im Profil gezeichnet hat, die fast zwei drittel in der Größe misst und im Profil dargestellt wurde. Die Person hat ein geschlossenes Auge, an dem ein dunkelgrüner Punkt direkt unterhalb des Lids liegt und an eine Träne erinnert. Die Haare sind streng nach hinten gemalt worden, als würde ein kräftiger Wind von vorn in das Gesicht blasen. Der Kopf ist leicht gesenkt und die Person wirkt traurig. Die Geschlechtsidentität der Person ist nicht auszumachen, da sie auch statt gewöhnlicher Kleidung eine Art Nachthemd trägt. Das Nachthemd ist im oberen und unteren Bereich hauptsächlich mit Weiß ausgearbeitet worden, wohingegen der Bauchbereich mit Grau und vier fast parallel verlaufenden, horizontalen Strichen gelber und grauer Farbe gemalt wurde.

Nach langer Betrachtung erscheint die Person zu knien und sie hält sich die Ohren zu, mit ihren dünne, langen Fingern, die ebenfalls kreidebleich sind. Die vier Parallelen könnten eine Andeutung von Rippen sein. Unterhalb des Rumpfes ist an der Rückseite der Person noch eine starke, schwarz konturierte Ausbeulung zu sehen, die an ein Gesäß erinnert. Die Proportionen des Körpers stimmen an keiner Stelle mit denen eines normalen Menschen überein. Die Person ist sehr in die Länge gezogen und der Oberkörper ist im Verhältnis zum Unterkörper dreimal so groß. Die Beine bilden den unteren, rechten Bildrand des Bildes. Parallel zur Ausbeulung auf Gesäßhöhe sind vier dicke, kurze Linien gezeichnet worden. Die erste in einem kräftigen Gelb, die weiteren in Rot. Direkt oberhalb dieser Linien ist eine weitere, rote Linie zu erkennen, welche parallel zum Rücken verläuft und doppelt so lang ist, wie die Linien darunter.

Aus dem Mund der Person kommt eine Art weißer Wolke, die an eine Sprechblase erinnert. Um diesen Fleck herum wurde mit viel dunklem Grün und Blau gearbeitet, wenngleich sich auch zwei weitere weiße Flecken anschließen, die in der Mitte zwei gelbe Flecken haben. Zusammengenommen sieht es aus, als wären es zwei Spiegeleier, die ineinander verlaufen. Unterhalb der Eier sind ungenaue Farbverläufe zu sehen. An dieser Stelle wurde auch bewusst mit dunkleren Tönen gearbeitet, auch wenn es ein absolutes Chaos zu sein scheint. Es gibt hier rote, blaue, grüne, violette, schwarze und rosa Flecken. Die gemalte Person wirkt, als suche und brauche sie dringend Ruhe. Das Gesicht mit der Trompete bläst allerdings mit voller Kraft.

Bildquelle: Wikipedia.de

Text: Max Scheller

Anmerkung der Redaktion: Hier ist durch eine Verwechslung ein anderes Bild beschrieben worden. Zu finden ist das hier beschriebene „Jüngste Gericht“ von Kandinsky unter folgendem Link: https://www.kandinskywassily.de/werk-469.php

Die Kompostion 5 hat laut Wikipedia von Kandinsky ebenfalls den Untertitel „Das jüngste Gericht“ erhalten, daher die Verwirrung. Wir entschuldigen uns.

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100 Meisterwerke: 63. „Hexensabbat“ von Francisco de Goya

Hexensabbat

Das Gemälde Hexensabbat wurde zwischen 1797 und 1798 angefertigt. Auf den ersten Blick wirkt das Werk von de Goya sehr düster und geheimnisvoll. Das Gemälde ist hauptsächlich in Erdfarben, also Braun, Ocker und dunklen Gelb- und Orangetönen gehalten, sowie viel Grau, Schwarz und Blau. Es ist hochkant aufgestellt und ist fast doppelt so hoch wie breit.  Vom unteren bis zum oberen Bildrand erstreckt sich eine hügelige Landschaft mit anschließendem Horizont. Die Szenerie spielt in der Abenddämmerung, beinahe schon in der Nacht.

Der Bildmittelpunkt sticht einem sofort ins Auge, da hier ein aufrecht sitzender, mannshoher Ziegenbock platziert wurde, der von ca. 13 Personen umgeben ist. Bei den Personen handelt es sich hauptsächlich um Frauen. Der Ziegenbock sieht im ersten Moment beinahe wie ein Baum aus, so wie er da auf seinen Hinterläufen sitzt. Sein braunes, scheckiges Fell und die Schatten an seinem Körper wirken wie ein Baumstamm mit Wurzeln und sein Geweih wie die Baumkrone. In seinem großen, gedrehten Geweih ist auch eine Art Kranz aus Blättern zu erkennen, der sich im die beiden Hörner schlingt. Die Blätter wirken wie Hände bzw. Finger, dennoch ist schwer zu erkennen, um welche Pflanze es sich genau handelt. Es könnten Eichenblätter oder Kastanienblätter sein. Auch Efeu wäre bei der dunkelgrünen Färbung nicht auszuschließen.

Der Blick des Bockes ist starr und die Augen sind von einem satten Gelb. Die Pupillen hingegen sind tiefschwarz und liegen mandelförmig in den gelben Augen. Seine Schnauze ist geschlossen und der Bart hängt lang von seinem schmalen Kiefer herunter. Man kann etwas graues Fell in seinem Bart erkennen, was den Bock älter erscheinen lässt. Die Vorderhufe hat er von sich gestreckt. Es sieht fast danach aus, als würde der Bock etwas sagen wollen, während er seinen linken Huf zu einer Frau hin ausgestreckt hat, wie um ihr die Hand zu reichen.

Die Frau mit den blonden Haaren, der er seinen Huf reicht, steht als einzige aufrecht im Bild und hält in ihren Armen ein Baby mit braunem Haar. Sie hält es fast so, als würde sie es ihm überreichen wollen. Dabei ist ihr Mund geöffnet und sie scheint ihn anzuflehen. Sie wirkt verzweifelt. Unterhalb ihrer Arme erkennt man das Gesicht einer sehr alten Frau. Sie hat viele Falten. Eine weitere alte Frau in einer Art blauen Schürze mit Kopfbedeckung streckt dem Bock ein Kleinkind entgegen. Das Kleinkind trägt braunes Haar und sieht sehr mager aus. Es besteht nur aus fahler Haut und Knochen. Selbst das mimiklose Gesicht wirkt eher wie ein Totenschädel.

Links neben der alten Frau mit Kleinkind liegt eine weitere Frau im Kreis um den Bock. Man sieht nicht ihr Gesicht, sondern nur ihren Hinterkopf samt weißer Bedeckung und ihr gelb-weißes, knielanges Kleid, aus dem ihr linkes Bein hervor lugt. Eine  Leiche liegt neben ihr und anhand der Körpergröße handelt es sich hierbei ebenfalls um ein Kind. Vollkommen regungslos liegt es da und scheint zu verblassen. Die Farbe des Körpers ist nur ein wenig heller, als die des sandigen und harten Bodens dieser kargen Einöde.

Eine weitere Frau, diese jedoch mit dunklem Haar, welches sie zusammenrafft an ihrem Kopf trägt, sitzt direkt zwischen der Leiche und dem Bock. Ihre Schultern sind fast gänzlich entblößt und sie formt mit ihrem Schmollmund Worte, welche sie an den Ziegenbock richtet. Ihr weißes Gewand fließt an ihrem Körper herunter und wird nur durch eine Schnur um die Taille zusammen gehalten. Ihre Augen blicken verzweifelt hinauf zum Bock.

Neben ihr sitzt die letzte Frau im Kreise links vom Bock. Ihr Gesicht ist schon sehr verzerrt. Es ist schwierig auszumachen, wie alt sie ist. Sie ist im Gesicht kaum mehr als Frau zu erkennen, da es aussieht, als würde ihr Fell im Gesicht wachsen. Nasen- und Mundpartie haben sich zunehmend verformt und sie wirkt eher animalisch statt menschlich. Ihr Oberkörper ist komplett entblößt, jedoch ist ihre Brust von der Frau neben ihr verdeckt. Sie trägt einen hellgrünen Rock und eine weiße Schürze und hat einen langen, vermutlich hölzernen Stab an ihr Schlüsselbein gelehnt, welcher noch über ihren Körper hinaus ragt und am oberen Ende angespitzt ist. An diesen Stab sind drei Babykörper gebunden. Allesamt sind aschfahl und hängen völlig ohne Körperspannung vom Stab herab, an ihren Hälsen gehängt. Das Mittlere hat die Arme verschränkt, vermutlich sind sie zusammengebunden. Bei den anderen beiden Kindern hängen die Arme schlaff vom Körper.

Hinter dem Ziegenbock sind noch deutliche Umrisse von vier Frauen zu sehen, aber nur bei einer erkennt man auch noch konkrete Gesichtszüge. Sie scheint leidend zu den Babys am Stab hinauf zu schauen, oder gen Himmel. Ihr Gesicht ist mit tiefen Falten überzogen und sie ist so verblasst gemalt worden, dass sie eher wie ein Geist aussieht. Sie hat ein weißes Tuch auf dem Kopf. Die übrigen Personen, offenbar Frauen, da sie auch alle eine Kopfbedeckung tragen, sind nicht mehr erkennbar, was ihre Mimik und Gestik betrifft. Sie scheinen weiter in den Hintergrund des Bildes, also tiefer in die abgebildete Landschaft, abzudriften. Es wäre beinahe möglich, dass sie zu den Bergen im Hintergrund werden. Sie sind so fahl und strahlen keinerlei Leben aus, dass man davon ausgehen muss, dass auch sie schon tot und zu Geistern geworden sind.

Bildquelle: artgen.billerantik.de

Text: May Scheller

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100 Meisterwerke: 60. „Madonna im Grünen“ von Rafael

Madonna im Grünen

Raffaels Madonna im Grünen“, Langtitel: „Madonna im Grünen, Szene: Maria mit Christuskind und Johannes dem Täufer“ ist ein im Jahr 1506 auf Holz entstandenes Ölbild, das der Künstler für den Patrizier Taddeo Taddei anfertigte. Es hat eine Höhe von 113 cm und eine Breite von 88 cm und hängt heute im Kunsthistorischen Museum in Wien.

In der Mitte des Bildes sitzt Maria, etwa 20 Jahre alt, in freier Natur, wie vor einer Kulisse. Sie wendet uns ihre halbrechte Seite zu und hat den Kopf zu ihrer rechten Schulter gedreht. Sie trägt ein rotes Kleid  mit langen Ärmeln aus scheinbar dickerem Stoff. Der flache, an den Schultern abschließende Rundhalsausschnitt hat einen Goldsaum. Um ihren linken Arm, die Hüfte und die Beine ist eine blaue, gold gesäumte Decke geschlungen, sodass der Rock des Kleides nicht zu sehen ist. Darunter lugt nur ein Fuß am rechten unteren Bildrand hervor. Ihre dunkelblond bis rötlichen Harre sind vom Mittelscheitel aus zu zwei Zöpfen geflochten, die jeweils rechts und links über die Ohren und um den Hinterkopf gelegt sind. Der Kopf ist zur linken unteren Bildecke gedreht, ihr Blick ist gesenkt. Die Augen schauen freundlich, aber eher abwesend. Der Mund zeigt ein dezentes Lächeln. Sie hat eine schmale, kleine Nase, wobei der Nasenrücken insgesamt recht lang erscheint.

Maria sitzt leicht erhöht vom Boden, wie auf einem Stuhl oder Stein. Der Gegenstand ist jedoch nicht zu sehen. Ihr Unterkörper ist zur rechten unteren Bildecke gerichtet, ihr rechtes Bein ist leicht gestreckt. Der Oberkörper dreht sich leicht zur linken Bildseite und ist etwas vornüber gebeugt.

Zwischen ihren beiden nach unten greifenden Händen, an der Außenseite ihres rechten Beines, steht ein nackter, zwei- bis dreijähriger Knabe mit kurzem rötlichem Haar in der Mitte der unteren Bildhälfte. Er ist leicht gegen sie gelehnt, hat seine linke Hand auf ihrer rechten Hand abgelegt und hält wiederum mit seiner Rechten

Der Knabe schaut zur linken Bildseite. Sein Blick geht in Richtung eines zweiten, etwas älter wirkenden Knaben mit kurzen roten Locken. Dieser kniet auf seinem rechten Bein, seine einzige Kleidung ist ein gräuliches Tuch, das um die linke Schulter und den Rumpf gebunden ist. Er hält mit beiden Händen ein zierliches, scheinbar hölzernes Lateinisches Kreuz, dessen Längsbalken den Knaben überragt. Der Querbalken am oberen Ende ist eher kurz. Er schaut dem Jüngeren direkt ins Gesicht. Dieser hält mit seiner rechten Hand den oberen Teil des Kreuzes umfasst. Die Blicke der Knaben erscheinen leer, ihr Gesichtsausdruck ist neutral. Die Münder sind geschlossen.

Schräg über beziehungsweise hinter den Köpfen aller Figuren schweben sehr feine goldene Ringe, der „Mittelpunkt“ eines jeden Ringes berührt quasi jeweils einen Hinterkopf wie ein Heiligenschein.

Die Landschaft im Hintergrund ist überwiegend hellbraun bis grün gefärbt. In näherer Umgebung der Figuren sind kniehohe Hügel zu sehen. Rechts von der Madonna, etwa auf Höhe der Bildmitte, wächst eine Mohnblume mit zwei geöffneten und einer geschlossenen Blüte. Am unteren Bildrand sind vielleicht Erdbeerpflanzen zu erkennen. Auf Höhe der Schultern der Madonna verschwinden links ein Baum und rechts ein Busch aus dem Bild. Weiter hinten, leicht verschwommen, wird die Landschaft grüner und bergig. Links kurz vor dem Horizont ist ein kleiner Berg mit einem Tempel oder ähnlichem darauf zu sehen. Das Hauptgebäude ist eher rund und besitzt ein Kuppeldach, daran anschließend steht ein schmaler, runder Turm mit Zeltdach. Am Fuße des Berges stehen weitere Gebäude, vielleicht ein Dorf. Der Berg und die darauf befindlichen Gebäude erscheinen grünlich-grau, das Dorf beige. Dies alles ist eher unscharf gezeichnet; es ist Kulisse. Der Himmel ist sehr hell, unten fast weiß, weiter oben hellblau gefärbt. Es hängen einzelne größere Wolken am oberen Bildrand.

Das rote Kleid Marias und die blaue Decke heben sich deutlich vom Hintergrund ab und bilden einen farbenfrohen Kontrast zu der zwar bewachsenen aber eher karg wirkenden Umgebung.

Bildquelle: zeno.org

Text: Philipp Zeitler

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Warum eigentlich 100 Meisterwerke?

Regelmäßigen Lesenden unseres Blogs ist sicher schon aufgefallen, dass wir im letzten Jahr angefangen haben 100 Meisterwerke zu beschreiben. Dank der fleißigen Studierenden der Alice-Salomon Hochschule Berlin, die sich in einem Seminar ausführlicher mit Bildbeschreibungen beschäftigen, und unserem Korrekturteam findet ihr inzwischen fast 60 Beschreibungen in der Kategorie 100 Meisterwerke. Diese bunt gemischte Sammlung enthält berühmte Gemälde, Grafiken und Fotografien in den verschiedensten Stilen und aus den unterschiedlichsten Kunstepochen. Die Reihenfolge ist willkürlich, da wir keine Hitliste erstellen wollen, die Verschiedenheit der Werke macht einen Vergleich unmöglich. Erstellt wurde die Auswahl gemeinsam von sehenden und blinden Künstlern, Kunstkritikern, Kunsthistorikern und interessierten Laien. 100 ist nur ein Anfangsziel und wir freuen uns über weitere Vorschläge.

Entstanden ist das Projekt aus einer Seminarrehe darüber, was eigentlich ein „gutes Bild“ ausmacht und wodurch ein Werk berühmt wird. Damit ein Werk für Sehende aus der täglichen Bilderflut herausstricht, muss es entweder aus einem wichtigen historischen oder kulturellen Kontext heraus entstanden sein oder die Aufmerksamkeit des Betrachtenden sofort auf sich ziehen. Letzteres kann zum Beispiel durch ein seltenes oder emotional berührendes Motiv, durch interessante Techniken oder durch ungewohnte Blickwinkel erreicht werden. Um solche Bilder handelt es sich bei unseren 100 Meisterwerken, von denen viele ikonisch sind und sozusagen zum visuellen Allgemeinwissen gehören. Auch ohne Wissen über Künstler und Entstehungsgeschichte, haben viele Betrachtende das Gefühl ein Foto oder Gemälde irgendwo schon einmal gesehen zu haben.

Auch wenn es inzwischen häufiger blindengerechte Museumsführungen und Audioguides gibt, fehlt vielen blinden und sehbehinderten Menschen dieses Allgemeinwissen der visuellen Kunst. Vielleicht macht der mangelnde Vergleich die Werke vieler blinder Künstler auch so einzigartig, aber wir wollen mit unseren 100 Meisterwerken versuchen diesen Nachteil auszugleichen und hoffentlich neues Interesse für bildende Kunst und Kunstgeschichte wecken.

Wir freuen uns wie immer über Kommentare, Rückfragen und vorschläge für weitere Meisterwerke

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100 Meisterwerke: 57. „Olympia“ von Édouard Manet

Olympia

„Olympia“ ist ein Ölgemälde auf Leinwand mit den Maßen 130, 5 × 190 Zentimeter. Es ist eines der Hauptwerke des Französischen Malers Édouard Manet aus dem Jahre 1863 und befindet sich heute in französischen Staatsbesitz im Musée d´Orsay.

Im Vordergrund liegt eine nackte, junge Frau ausgestreckt auf einem Bett. Sie hat rotbraunes, hochgestecktes Haar. Auf ihrer linken Seite ziert eine auffällige, große rosa Blume die Frisur. Ihren Oberkörper hat sie auf der linken Bildseite halb aufgerichtet gegen zwei große weiße Kissen gelehnt. Dabei stützt sie ihr rechter Arm, der ein goldenes Armband mit einem kleinen Anhänger trägt. Um den Hals hat sie ein schmales, schwarzes Band, das wie ein Geschenkband zu einer Schleife gebunden ist. An diesem Band ist eine helle Perle oder ein Diamant befestigt. Ihr dezenter Ohrschmuck passt zu diesem Stein.

Die Frau hat ein ovales Gesicht, braune mandelförmige Augen und dunkle Augenbrauen. Ihre Nase passt zu den Proportionen des Gesichtes. Ihre Lippen sind etwas voller. Sie scheint geschminkt zu sein. Ihre Augen wirken betonter, vermutlich durch Mascara und sie hat leicht rötliches Rouge auf den Wangen. Ihre Lippen sind ebenso in einem leichten Rot-Ton geschminkt. Sie schaut nachdenklich oder ernst zum Betrachtenden.

Die linke Hand liegt auf ihrem rechten Oberschenkel und verdeckt ihren Schoß. In dieser Haltung wendet die junge Frau nicht nur ihren Oberkörper, sondern auch ihr Gesicht offen dem der Betrachtenden zu. Ihr Gesäß und die übereinander geschlagenen Beine liegen auf einem cremefarbenen Tuch, das am Rand mit Blüten sowie goldfarbenen Fransen  verziert ist. Das Tuch verdeckt einen Teil des darunter liegenden weißen Bettzeuges. Die Frau hält eine Ecke des Tuches in der rechten Hand. Seitlich unter dem Bettzeug ist die dunkelrote Polsterung des Bettes zu erkennen. Die Frau trägt feine, hellgelbliche Pantoffeln, jedoch ist der rechte Schuh auf das Bett gefallen, so dass der rechte Fuß nackt ist. Allerdings wird er durch das Überschlagen der Beine vom linken Fuß samt seinem Pantoffel verborgen.

Hinter dem Bett steht leicht vorgebeugt eine schwarze Frau. Diese Frau hält vor ihrer Brust einen in weißes Papier gehüllten, üppigen, bunten Blumenstrauß. Sie wendet sich der liegenden Frau zu und blickt sie an. Es scheint als würde sie die nackte junge Frau beobachten. Bekleidet ist diese zweite Frau mit einem rosafarbenen Kleid und einem gemusterten Kopftuch. Man erkennt nur ihr linkes Ohr, an dem sie einen längeren herabhängenden, roten Ohrschmuck trägt. Ihr Gesicht ist schwer zu erkennen, da sich dieses kaum vom dunklen Hintergrund abhebt. Auf dem Fußende des Bettes steht eine kleine schwarze Katze mit hoch emporgerecktem Schwanz, die die den Betrachtenden direkt mit ihren hellen Augen anblickt.

Im Hintergrund sieht man ein in dunklen Farben gestaltetes Zimmer, das fast ohne räumliche Tiefe dargestellt ist. Ein auffälliger, goldfarbener Streifen teilt es vertikal in zwei verschieden große Abschnitte und endet beinahe im Schambereich der liegenden Frau. Dieser Streifen bildet die Zwischenlinie zwischen der braun-goldenen Tapete, die die Wand auf der linken, schmaleren Seite bedeckt und der rechten Seite die mit einem dunkelgrünen Vorhang behängt ist. Auf der linken oberen Seite des Hintergrundes, auf Höhe des oberen Bettendes, ist dieser schwere dunkelgrüner Vorhang nochmal gerafft zu sehen. Der Vorhangstoff findet sich wie eben schon erwähnt auch rechts von der Tapete bzw. dem goldenen Streifen im Bild wieder. In der Mitte ist der Vorhang geteilt und scheint einen Durchgang zu bilden. Der Spalt ist im oberen Teil hell und im unteren Teil dunkel, es scheint als wäre es eine Tür.

Die farbliche Gestaltung des Bildes ist auf wenige Farbtöne begrenzt. Hauptsächlich finden sich Weiß, Schwarz, ein ins Blaue gehendes Dunkelgrün,  Goldbraun und ein Rot-Ton, sowie Beige für die Haut der porträtierten Frau und das Tuch, auf dem sie liegt. Alle Farben bilden Kontraste. Die Umrisse der Katze sowie der Kopf der stehenden Frau verschwinden fast vor dem dunklen Hintergrund der Vorhänge.

Die Stimmung wirkt auf mich eher angespannt und nachdenklich. Nur die Katze scheint unbeschwert zu beobachten. Der Fokus liegt eindeutig auf der nackten Frau, da diese durch ihre helle Hautfarbe und das helle Bettzeug, auf dem sie liegt, sehr hervorsticht. Im Pariser Salon von 1865 löste das Bild einen der größten Skandale der Kunstgeschichte aus.

Bildquelle: Wikipedia.org

Text: Lydia Jander und Wikipedia

 

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