STATUS: SCHON BESCHRIEBEN
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Mail von Ilka:
Liebe Bildbeschreiber,
das hier ist ein Bild von mir aus einem Film, bei dem ich mitgemacht habe. Ich möchte euch bitten, es mir zu beschreiben, ich würde aber auch gern wissen, was würdet ihr denken, um was es in der Szene geht?
Danke!
BESCHREIBUNG VON KATRIN:
Liebe Ilka,
keine leichte Aufgabe, dein Filmbild zu beschreiben. Nicht weil nicht klar ist, was zu sehen ist. Sondern weil das, was sofort ins Auge fällt, soviel Fragen aufwirft und Gefühle wachruft,
dass man gar nicht unbedingt was dazu sagen möchte. Und man ahnt, dass, wenn es Antworten gibt, es keine angenehmen sind.
Es ist ein Bild absoluter Verlassenheit. Trostlos und nüchtern. Ohne ästhetische Verfeinerung. Es geht direkt ins Herz.
Zu sehen ist eine Frau. Das ist sofort klar, obwohl noch nicht einmal ihr Kopf im Bild ist. Sie liegt angezogen auf dem Boden eines Badezimmers. Zusammengekauert in dem Winkel zwischen Badewanne und Wand. Wir sehen ihren Rücken und ihren Po, ihre eng an den Körper gezogenen Knie, darüber ihre Ellbogen, darunter ihre Füsse. Der Kopf wird vom Bildrand abgeschnitten. So, wie sie daliegt, frage ich mich, wo ihr Kopf überhaupt hinpasst. So eng ist sie in diesen Winkel gekrochen. Sie trägt einen grau-schwarz gemusterten Wollpullover, eine schwarze Jogginghose und schwarze Socken, die locker an ihren Füssen sitzen. Der Pullover ist am Rücken hochgerutscht, so daß wir den weißen Gummibund von ihrem Slip sehen, auf dem eine rote Schrift zu erahnen ist. Wir können ein Stück ihren nackten Rücken hinauf in den Pullover schauen. Die Wirbelsäule zeichnet sich wie ein feiner Strich ab und der Slip liegt in einer kleinen Welle auf ihren Becken.
Das einzige, was noch im Raum ist, sind zwei rote, zierliche Lederpantoffeln. Sie stehen ein Stück links von der Frau nebeneinander und sehen aus, als wäre eine ganz andere Person eben lässig aus ihnen herausgeschlüpft und dann verschwunden.
Sonst gibt es nur noch ein Heißwassergerät an der Wand. Wir sehen das Gehäuse und den Regler. Es ist ein Badezimmer mit den üblichen weissen Kacheln, wie sie seit über zwanzig Jahren bei jeder lieblosen Renovierung in Privatwohnungen geklebt werden. Es sind keine privaten Sachen oder irgendwelche Badezimmereinrichtung da, alles ist völlig kahl.
Ganz aussen am Rand ragen Dinge ins Bild, die ich im Kopf ergänzen kann, weil ich weiss, was in so einem Badezimmer drin ist. Ein Waschbecken, ein Klo, die Tür.
Was mich rätseln lässt, ist der leichte Schatten, der in der Mitte des unteren Bildrandes auf den Kachelboden fällt. Steht da jemand im Licht?
Ich kann mir viel dazu vorstellen, und alles ist realistisch und nichts davon ist schön. Es ist ein realistisches Bild, das unsere dunklen Phantasien anregt.
Wir wissen, dass es ein Filmbild ist, also können wir uns eine ganze Geschichte um dieses Bild herum ausdenken. Sie wird mehr oder weniger dem nahe kommen, was ihr in dem Film gespielt habt.
Das ist tröstlich, weil, was immer wir uns vorstellen, zumindest ist es nur Spiel. Diesmal.
Katrin Heidorn
Oh, toll! Vielen Dank! Das ist eine gute Beschreibung! Ich kann mir das Bild jetzt ziemlich genau vorstellen und mich sogar ganz gut in die damalige Situation zurückversetzen.
Gruß
Ilka
danke, freut mich, dass dir der Text gefällt. Kam so in einem Rutsch und schien mir erst zu düster aber dann doch ganz passend. Mochte mich aber nicht auf eine Deutung festlegen. So haben die Anderen auch noch Gelegenheit, sich was zu denken.
Schöne Grüße
Katrin
Vielen lieben Dank für den interessanter Artikel!
Toller Blog.