Ihr Lieben,
jetzt gibt es unseren Blog ja schon eine ganze Weile und wir dachten uns, vielleicht ist es einmal an der Zeit, sich auch wieder etwas mit den Grundlagen zu beschäftigen. Dazu gehört die Frage, wie Ihr euch eigentlich eine Bildbeschreibung wünscht.
Hier ist dazu ein Text von Erich Schmid:
Vorschläge zu Bildbeschreibungen für blinde Menschen
Vorbemerkungen:
1- Es gibt verschiedene Grade des Blindseins, vom Fehlen jedes optischen Eindrucks bis zur mehr oder weniger starken Sehbehinderung. Weiters gibt es eine unterschiedlich lange Zeitspanne, seit die Sehbehinderung/Blindheit besteht, sie kann wenige Monate lang sein oder bis zur Geburt reichen. In diesen beiden Dimensionen von Zeit und Intensität sind die Erfahrungen des blinden oder sehbehinderten Menschen mit optischen Eindrücken entstanden. Die/Der Bildbeschreibende sollte sich jedoch deswegen nicht zu viele Gedanken machen, denn der Blog bietet ja die Möglichkeit zur Rückfrage. Angaben über Perspektive und Farben dürfen und sollen gemacht werden, obwohl sich von Geburt an vollständig blinde Menschen damit nicht leicht tun.
2- Bei der Beschreibung von Fotos oder Gemälden ist zu bedenken: Das Foto oder Gemälde ist nicht das, was es zeigt, sondern ein Medium, das seine eigene Ästhetik hat und seine eigene Sprache spricht. Ein Foto, das vom selben Standort aus fünf Sekunden nach dem ersten Foto aufgenommen worden ist, kann unter Umständen einen ganz anderen Eindruck von der Szene wiedergeben.
Das dreistufige Verfahren zur Bildbeschreibung:
Ich bin von Geburt an vollständig blind. In Vorlesungen an der künstlerischen Volkshochschule oder im Rahmen der Ausbildung von BlindenpädagogInnen kommt immer wieder das Gespräch auf Vorstellungen von blinden Menschen und auch darauf, wie etwas beschrieben werden soll. Im Laufe der Zeit habe ich für mich einen Vorschlag für ein dreistufiges Verfahren entwickelt, wobei mir bewusst ist, dass damit ein Foto oder ein Gemälde auch nicht vollständig beschrieben werden kann. Die Stufen weisen lediglich darauf hin, was ich als blinder Mensch am nötigsten brauche.
1. Angaben zum Bild: soviel sich leicht herausfinden lässt – Wer hat es angefertigt? Wer hat den Auftrag dazu gegeben? Wann ist es entstanden? Wie groß ist es? In welcher Technik ist das Gemälde angefertigt worden?
2. Ikonografisch/ikonologische Beschreibung: Was ist zu sehen? Was ist oben, was unten? In welcher Ecke ist was? Lässt sich eine Bildkomposition erkennen? Welcher Gewänder, Gegenstände, Bauwerke usw. sind zu erkennen?
3. Der Eindruck auf die Beschreibende / den Beschreibenden: Hier ist sehr behutsam vorzugehen, damit die Interpretation nicht die Deutung durch die Leserin / den Leser überlagert. Es sollte immer möglich sein, die Atmosphäre und häufig auch die Tages- und Jahreszeit zu erkennen. – Verweise auf Internetseiten oder andere Quellen sollen gegeben werden.
PS Bitte lest auch den ersten Kommentar, den es jetzt schon gibt. Und: was würdet Ihr sagen?
Dazu ein Kommentar von Katrin:
Meine Situation ist eine komplett andere. Ich habe als Kind noch einen Sehrest von etwa 5 % gehabt und bin erst im Alter von etwa 13-15 Jahren bis auf einen kleinen Hell-Dunkel-Sehrest erblindet. Daher habe ich eine zwar begrenzte, aber doch recht gute Vorstellung von visuellen Dingen. Ich lerne aber über Beschreibungen eine Menge über das Sehen. Für mich sind folgende Informationen wichtig:
– Ist das Bild im Hoch- oder Querformat?
– Wie ist die Stimmung auf dem Bild?
– Was springt auf dem Bild als erstes ins Auge?
– Was ist sonst noch zu sehen?
– Mir sind möglichst viele Details wichtig, damit ich mir eine möglichst klare Vorstellung davon machen kann, was dort zu sehen ist.
Liebe Grüße,
Katrin
Hallo Lieber Leser, Ich habe mir den Beitrag von Erich Schmids durch gelesen. Und muß sagen, das ich da nur zustimme. Wenn so Bilder beschrieben werden für uns, finde ich es gut. Wenn man noch mehr Details erfahren möchte, kann man ja noch nach fragen. Wenn es diese Möglichkeit gibt. Das könnte man ja noch extra anbieten. Denn ich habe es auch manchmal gerne, wenn ich noch Dinge erfahren kann, die vielleicht andere nicht so interessiert. Da wäre es dann gut, die Möglichkeit zu haben, sich noch intensiver zu informieren. Auf jeden Fall, so wie es Erich Schmids zusammengestellt hat, ist es sehr detailliert erläutert! Lieben Gruß
Silja
Pingback: Blogvorstellung: “Bilder für die Blinden” – “Photo Narrations for the Blind and Sighted” | Tina Franziska Paulick
Wie man ein Bild beschreibt, hängt natürlich vom Bild ab. Die Hinweise von Erich Schmid sind wahrscheinlich mit der Vorstellung an verschiedene Bilder entstanden, um nichts zu vergessen. Das ist auch in Ordnung.
Ich war Ende Mai 2014 auf einem Stammtisch mit 2 Blinden zusammen im Lokal. Nachdem wir zu Ende gegessen hatten, bat mich die Frau (Ansprechpartnerin für den Treff) das Lokal zu beschreiben.
„Bei uns an der Wand hängt ein Bild mit einer Fensterbank mit einer Schale mit unterschiedlichem Obst, was sich unter der Fensterbank befindet, ist nicht zu sehen, die beiden Fensterflügel sind unterschiedlich weit geöffnet. Vor dem Fenster ist ein Gelände zu sehen, welches das Grundstück bis zum Strand sein kann, dann das Meer und der Horizont. Da wir im Griechischen Restaurant sind (waren), stellt die Szene wohl eine in Griechenland dar.“ Dann beschrieb ich noch 2 weitere Gemälde an anderen Tischen, dann wollte die Frau wissen, wie die Decke aussieht. „O je! Schwierig zu beschreiben“ Ich überlegte. „Eine Ansammlung von 4-eckigen Kartons, nebeneinander, jeder unterschiedlich lang, die Deckenunterseite somit unterschiedlich hoch. Die Kantenlänge der Karton-öffnungen etwa 10 cm. Das ganze in braun“ „Wer macht sich denn eine solche Decke?“ „Nun, ja. Selten, aber schon sonstwo gesehen“
Die beiden waren irgendwie zufrieden über die Beschreibung.
. Die Idee mit der Seite mit Bildbeschreibungen gefällt mir.
Schöne Grüsse
Thomas Peter W, 19.06.15-20:34
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