Ich arbeite jetzt seit etwas mehr als einem Monat für „Bilder für die Blinden“ und habe um mich mit dem Projekt vertraut zu machen einige Bildbeschreibungen und Erfahrungsberichte zu vergangenen Workshops und Veranstaltungen gelesen. Vor ein paar Tagen habe ich unsere Vorschläge wie man Bilder für blinde Menschen beschreiben kann für unseren englischen Blog „Photo Narrations for the blind and sighted“ übersetzt und durch die intensive Beschäftigung mit dem Text kann ich ihn inzwischen fast auswendig. Aber das ist natürlich nicht mit der Teilnahme an einem Fotoseminar zu vergleichen und daher freute ich mich, vergangenen Samstag endlich selbst dabei sein zu können.
Trotz Bahnstreik schafften wir es rechtzeitig in der Alice Salomon Hochschule in Berlin zu sein. Auf dem Korridor hingen die Bilder aus dem Seminar im letzten Jahr. Im Großformat eingerahmt hinter Glas erweckten sie Ehrfurcht in mir und ich hoffte, dass in diesem Jahr ähnlich qualitative Bilder entstünden.
Wir bildeten einen Stuhlkreis und stellten uns alle der Reihe nach vor. Rose und ich sind die beiden neuen blinden Fotografinnen, Katrin, Silja und Susanne waren auch schon im letzten Jahr dabei gewesen. Von den ungefähr zwanzig Studierenden die Karstens Modul gewählt haben, studieren fast alle soziale Arbeit.
Anschließend bekam jede Fotografin drei Studierende zugeteilt und die Teams hatten bis zur Mittagspause Zeit erste Fotos zu machen und sich untereinander kennen zu lernen. Mein Team bestehend aus Anja, Marit und Flo ist echt super und wir verstanden uns auf Anhieb, aber ich war mir etwas unsicher, wie wir das Fotografieren angehen sollten. Wir gingen erst einmal raus, da das Wetter so schön war. Als wir etwas ziellos über eine Wiese liefen, pflückte Marit eine Pusteblume und pustete die kleinen Fallschirmchen in die Luft. Und plötzlich hatten wir ein Fotomotiv: Ein Gesicht in der Nahaufnahme, wie es in eine Pusteblume bläst und die Blütenblätter davon segeln.
Die Umsetzung gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht, da die Fallschirmchen nur aus einem bestimmten Winkel und bei günstigen Lichtverhältnissen zu sehen sind. Büsche und Bäume eigneten sich schlecht als Hintergrund, da sie selbst zu detailliert strukturiert waren und die Schirmchen davor kaum zu sehen waren. Mit einer grauen Wand als Hintergrund klappte es etwas besser.
Dann hatten wir die Idee zwei Menschen zu fotografieren, die einen Strauß Pusteblumen zwischen sich halten und gleichzeitig pusten. In der Umsetzung funktioniert das Ganze allerdings nicht so richtig, da Flo eher pustete als Anja, die die Blütenblätter ins Gesicht bekam, wodurch wir alle lachen mussten. Und dann war auch schon die Mittagspause. Wahrscheinlich müssen wir uns für das nächste Seminar auf dem Tempelhofer Feld am 6. Juni etwas neues einfallen lassen, da uns die Pusteblumen ausgehen.
Nach der Mittagspause erzählte uns Karsten etwas über die verschiedenen Arten von Portraits, die das Thema dieses Seminars sind. Es gibt nicht nur die klassischen Portraits, wie wir sie standardmäßig beim Fotografen machen lassen. Im Grunde genommen sind alle Fotos auf denen Menschen im Mittelpunkt stehen Portraits. Ich wusste bis dahin auch nicht, dass die Lichtverhältnisse für Portraits in Räumen besser sind als draußen im Sonnenschein, da direktes Sonnenlicht die Linien in Gesichtern hervor hebt und sie hart aussehen lässt. Es gibt also noch jede Menge zu lernen und ich freue mich schon auf den nächsten Workshop.
Einige der entstandenen Bilder gibt’s demnächst mit Beschreibung.
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