Lightpainting-Bilder einer Skulptur von Johannes Büttner von Silja Korn (1)

Bildbeschreibung von Birgit Plinke:

Im Zentrum des querformatigen Farbfotos von Silja Korn erstreckt sich diagonal von links oben nach rechts unten ein röhren- bzw. schlauchförmiges Objekt, das in einem schwarzen, dunklen Raum verortet ist. Es handelt sich dabei um eine Plastik aus Keramik („ohne Titel“) von Johannes Büttner

www.johannes-buettner.com

die 2020 in Kooperation mit Caroline Bertram

www.coucoubycaro.com

entstanden ist. Das Objekt ist nicht gerade, sondern leicht gebogen. Es hat eine unregelmäßige Oberfläche. An einigen Stellen sind ringförmig um den Objektkörper verlaufende Rillen in unterschiedlichen Abständen zueinander, an anderen Stellen sind Einbuchtungen und Dellen. Die Unebenheiten sind in unregelmäßigen Abständen über die Oberfläche verteilt. Das Objekt ist von einem leicht erhöhten Standpunkt aus fotografiert, so dass man auf die obere und linke Seite des Objekts sieht. Von links oben fällt ein unregelmäßig gesetztes, fleckiges Licht auf das Objekt. Die Unregelmäßigkeit des Lichts wird durch die Schatten, die durch die unregelmäßige Oberfläche des Objekts, erzeugt werden, noch verstärkt. Das Objekt leuchtet blauviolett aus der schwarzen Umgebung. Im rechten unteren Viertel des Fotos ist das Objekt stark verschattet, so dass nicht klar erkennbar ist, ob es noch im Bild endet oder angeschnitten ist. Ein blauvioletter Lichtstreifen strahlt im rechten unteren Viertel des Bildes bogenförmig vom Objekt ab.

Das Objekt ist von unregelmäßigen hellroten Lichtspuren umgeben und überzeichnet. In der linken Bildhälfte sind die Lichtspuren näher am Objekt, in der rechten Bildhälfte zum unteren rechten Bildrand hin, umspielen sie das Objekt auch in weiterem Abstand. An einigen Stellen leuchten einzelne helle, fast weiße Punkte in den Lichtspuren auf.

Hier auch nochmal Siljas Adresse: www.siljakorn.de

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Einige Kriterien für Bildbeschreibung

Liebe Blogbesucher*innen,
wir suchen immer nach interessierten Bildbeschreibenden und versuchen dabei, im Austausch mit den Blinden und Sehbehinderten die Kriterien für eine hilfreiche Bildbeschreibung greifbar zu machen.
Vor einiger Zeit hatten wir ein Bildbeschreibungsprojekt mit dem Nietzsche-Archiv in Weimar. Dort wurden Bilder aus dem Besucherheft des Hauses beschrieben. Vorwiegend Bilder von Innenräumen und Architekturfotografien.
Es ergaben sich aus dem Gespräch mit den blinden Teilnehmenden einige interessante Leitlinien für die Bildbeschreibung, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Essentiell ist es, nicht im Bild hin und her zu springen, sondern entweder im oder auch gegen den Uhrzeigersinn das Bild mit dem Blick abzutasten. Bietet es sich von den Motiven her an, ist es gut, das Bild in Viertel einzuteilen. Es kann dann nach und nach bearbeitet werden. Gibt es ein zentrales Bildmotiv, sollte damit begonnen werden. Davon ausgehend sollte die Umgebung in einer Richtung weiter beschrieben werden. Die entsprechende grafische Form wäre die offene Spirale. Dabei auch erwähnen, was die Bildränder begrenzen.
Jedes Bild bildet im Prinzip einen Raum ab, selbst wenn es keine perspektivische Darstellung benutzt. Eine sehende Person kann sich ohne Probleme in den abgebildeten Raum hineindenken. Eine blinde Person kann dies nicht auf Anhieb. Deshalb sollte die Beschreibung der Wanderung des Blickes über die Abbildung folgen. Gerade für Geburtsblinde sind Begriffe, die sich auf die Perspektive beziehen (oft schon die Begriffe Vorder- und Hintergrund) weniger hilfreich. Die Beschreibung sollte sich an der Zweidimensionalität des Bildes orientieren. Die Abbildung eines Raumes durch das Bild wird erwähnt, sollte aber nicht dazu verführen, nur noch den Raum zu beschreiben. Deshalb den Bezug von Gegenständen oder Personen zu einander so beschreiben wie sie auf dem Bild zu sehen sind und nicht, wie sie im abgebildeten Raum zu einander stehen.
Der Raum wird von einer blinden Person mit Hilfe einer guten Beschreibung so in der Vorstellung wieder hergestellt, wie es den Erlebnissen und den Erfahrungen der jeweiligen Person entspricht. Eine spät erblindete Person wird sich den abgebildeten, realen Raum vielleicht wirklichkeitsgetreuer vorstellen können, als eine geburtsblinde Person, die räumliche Erfahrung nur durch Tasten, Hören und Bewegung hat. Bei Allen aber entsteht durch die Beschreibung ein Raum in der Vorstellung und dieser sollte in Ausstattung und Wirkung dem sehenden Erleben des betreffenden Bildes im Idealfall sehr nahe kommen.

Katrin Heidorn

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100 Meisterwerke (69): Bildnis des Dr. Gachet

Farbiges Gemälde eines an einem Tisch sitzenden Mannes. Kopf auf die Hand gestützt, auf dem Tisch Bücher und Blumen.
Portrait des Doktor Gachet. Ölgemälde von Vincent van Gogh aus dem Jahr 1890. 68 x 57cm. 1. Fassung.

Ein Gemälde im Hochformat. Das Portrait eines an einem Tisch sitzenden Mannes füllt das Bild, vom runden Tisch am unteren Bildrand ist nur ein Stück zu sehen. Im linken oberen Viertel das Gesicht des Doktors, uns zugewandt mit weicher heller Schirmmütze auf den kurzen, feuerroten Haaren. Der Mund ist geschlossen und von einem hellen kurzen Bart auf Oberlippe und Kinn umrahmt. Die Mundwinkel zeigen abwärts, das alterslose Gesicht ist zerfurcht von beige und grün gemalten Stirn- und Wangenfalten. Der Blick geht ins Leere, seine rechte Wange ist auf die rechte Faust gestützt. Der so leicht seitwärts geneigte Oberkörper ist bekleidet mit einem dunklen Jackett mit drei hellgrünen Knöpfen. Am rechten Bildrand, leicht abgeschnitten, der angewinkelte linke Arm des Mannes. Die kräftige Hand liegt flach auf der Tischkante mit der orange-gemusterten Tischdecke. Am mittleren unteren Bildrand ein Wasserglas mit zwei blühenden Zweigen einer bläulichen Wiesenblume, sehr wahrscheinlich Fingerhut. Links neben dem Glas auf dem Tisch zwei aufeinanderliegende gelbe Bücher. Hinter dem Mann ein Hintergrund aus drei verschieden grau-blauen Flächen mit türkisfarbenen Strichakzenten. Die Flächen sind durch geschwungene Linien wie ein hügeliger Horiziont getrennt.

Die kräftigen Farben sind vor allem das dunkle Grau des Jacketts und das helle Gelb der Haut, Mütze und Bücher sowie das Orange der Tischdecke und Haarbüschel neben der Mütze. Das ganze Gemälde durchziehen ausserdem grüne Akzente. Sie beleben als waagrecht und schräg laufende kürzere Pinselstriche den Hintergrund und das Jackett der Person. Aber auch die aufgerissenen traurigen blaugrauen Augen haben hellgrüne Augenringe unter den hochgezogenen Brauen. Das Grün findet sich wieder in den Blättern der Blume und dem Muster der Tischdecke. Keine Fläche ist nur einfarbig, alles ist durchzogen mit den für van Gogh typischen kurzen kräftigen Pinselstrichen, die die Flächen miteinander verbinden und überall Farbakzente hinterlassen. Die Fläche des Ölbildes erhält dabei eine an Flechtwerk erinnernde Struktur. Die Linien, die die Flächen umranden, sind kräftig gezogen, aber so geschwungen, dass keine Waagerechte oder Senkrechte entsteht.

Beschrieben von Katrin Heidorn

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Kreidefelsen auf Rügen, farbig

Farbiges Querformatfoto einer Felswand in geringer Entfernung mit Pflanzenspuren.
Eingesandt von Katrin Dinges. Bild für das Kostümprojekt von Katrin Dinges und Patricia Walczak.

Ein farbiges Foto im Querformat, das ganz auffällig in zwei Teile geteilt ist. Die obere Hälfte ist von einer leicht welligen Felsoberfläche ausgefüllt, die ockerfarben und grau erscheint. Über den ganzen Fels verteilen sich helle Flecken, fast weiß. Von links nach rechts verläuft eine grünliche Linie in einer sanften Welle. Sie trennt den ockerfarbenen Felsen vom unteren Teil des Bildes. Dieser Teil ist schneeweiß mit einer sehr gewellten Oberfläche, die vom senkrechten Felsen oben in eine waagerechte Fläche übergeht. Es sieht aus wie festgetretener Schnee im Winter. Auf dieser Fläche verteilt finden sich schwarze Flecken wie Schmutz oder Pflanzenreste.

In der linken unteren Bildecke gibt es eine Ansammlung dieser Pflanzenreste, wie in einer kleinen Rinne am Boden. Von dort diagonal bis zur Mitte des Bildes zieht sich eine undeutliche Linie, die durch verstreute schwarze Flecken gebildet wird. In der Mitte des Bildes, direkt unterhalb der geschwungenen grünen Felslinie bilden die schwarzen Flecken eine Art abstraktes Muster und zeigen durch ihre Lage sehr gut, wie gewellt der Untergrund dort ist. Auch am unteren Bildrand sind einzelne schwarze Pflanzenreste zu sehen. In diesem Fall ein fein verästelter Zweig, der wohl von einer Alge stammt. Am linken und rechten Bildrand finden sich ebenfalls kleine schwarze Flecken. Der weiße Untergrund ist übersät mit kleinen Buckeln und Tälern. Die ockerfarbene Felswand bildet in der Bildmitte eine Vorwölbung wie einen Bauch. Am linken oberen Bildrand gibt es einige dunkle Spuren auf dem Ocker. Fast meint man prähistorische Felszeichen zu sehen. Obwohl das Foto insgesamt wenig abbildet, ist es ein lebhafter Gesamteindruck von überbordender Plastizität. Die fotografierten Wellen und Täler sind fast zum Greifen deutlich.

Beschrieben von Katrin Heidorn

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Kreidefelsen auf Rügen, schwarz/weiß

Schwarz/weiß-Foto einer Felswand in großer Nähe mit schwarzen Spuren von Pflanzen.
Eingesandt von Katrin Dinges. Bild für das Kostümprojekt von Katrin Dinges und Patricia Walczak.

Die Schwarzweißfotografie im Querformat soll eine detaillierte Nahaufnahme von Küstenfelsen darstellen und ist in zwei Bildabschnitte aufgeteilt. Der obere Abschnitt ist ein wenig kleiner, doch das Größenverhältnis ist durch die ungerade Begrenzung nicht genau zu erkennen. Die Grenze zwischen beiden Bereichen ist mit unebenem Übergang gesetzt. Dabei geht eine breite Welle, die nach unten gekrümmt ist, über die Mitte des Bildes. Der obere Bildbereich ist dunkel gehalten, während der untere Teil heller erscheint. Oben ist die gesamte Fläche mit vielen grauen und weißen Schattierungen sowie vereinzelt schwarzen Flecken durchmischt. In den jeweiligen Bildecken sind die dunklen Schatten präsent, wohingegen zur Bildmitte die Grautöne heller werden. Dadurch wirkt der dunkle Bereich wie eine abgekühlte Lava, die auf dem Weg erstarrte. Der untere Bereich besteht hauptsächlich aus weißer Fläche, die wie ein zerknülltes Papier von kleinen hellgrauen Elementen durchzogen wird. An der unteren linken Bildecke ist eine größere Ansammlung von schwarzen Klecksen, die wie Tintenflecken aussehen. Sie verlaufen diagonal bis zur Bildmitte, also bis unterhalb des dunklen Bereichs. Am linken und unteren Bildrand treten noch vereinzelt schwarze Kleckse auf. Durch die verschiedenen Schattierungen im gesamten Foto sind Einkerbungen und Erhöhungen zu erkennen. Dies wird vor allem beim Übergang vom hellen zum dunklen Bereich sichtbar, da eine Steigung innerhalb des hellen Bereichs zu sehen ist und sich der dunkle Teil erhöht absetzt.

Beschrieben von Isabelle Siegmund

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Zen in der Kunst, ein Bild zu beschreiben -Bildbeschreibungen als Weg zur Erleuchtung

Vor kurzem schrieb uns Henriette Schulz-Eigendorf aus Kyoto. Sie hatte ihrer Vermieterin Frau Noe, einer über 90-jährigen Sängerin, von unserem Projekt erzählt: 

“Noe San erinnert sich an einen Artikel über “Zen und die Künste” aus den 50er oder 60er Jahren, der eine Aufzählung von Künsten enthält, die nach Ansicht des Autors besonders geeignet sind, in ihrer Ausübung Zen zu praktizieren. Bogenschießen, Blumenstecken, Kalligraphie usw. usf. und tatsächlich – Bildbeschreibungen. 

Alle Künste hingegen, in denen es darum geht, immer wieder etwas Neues zu erfinden, sind, so wie ich es verstanden habe, dem Zen-Gedanken fremd. Um Zen und die Kunst zu verbinden, braucht es gerade die Wiederholung und die Nachahmung. So wie es z.B. auch in der “orthodoxen” chinesischen Malerei erstrebenswerter war, die Bildmotive des Kanons möglichst vollkommen zu wiederholen, als ein neues Motiv zu erfinden. Letzteres wurde als willkürlich empfunden. Erstrebenswert war die Meisterschaft in den Künsten, die sich nur durch Übung, d.h. durch Wiederholung erreichen lässt. Die Wiederholung der immer gleich ausgeführten Bewegungen ist schließlich das Medium der Selbstvergessenheit, in der Kunst und Meditation ineinander übergehen. Der Weg des Zen ist das Üben. Das Werk als dessen Ergebnis wird danach beurteilt, wie es den Weg widerspiegelt. Kriterien ihrer Beurteilung sind Meisterschaft in der Beherrschung der Mittel, Einfachheit und Leichtigkeit.   

Der Artikel erzählt die Geschichte eines blinden Meisters. Dieser forderte seinen Schüler auf, ihm die Bilder einer Mappe mit Tuschezeichnungen so zu beschreiben, dass er sie vor seinem geistigen Auge sehen konnte. Der junge Mann begann beflissen, das Bild eines berühmten Felsens im Japanischen Meer ausführlich und en detail zu beschreiben. Er begann rechts oben und arbeitete sich langsam zur Bildmitte vor. Doch schon bald unterbrach ihn das kräftige Schnarchen des Meisters, der neben ihm im Sitzen eingeschlafen war, bevor die Beschreibung den Felsen erreicht hatte. 

Am nächsten Morgen belehrte der Meister den Schüler, wie er das Bild beschreiben sollte: Sammle dich und dann betrachte das Bild. Versenke dich in das Bild, richte deine ganze Aufmerksamkeit darauf. Ihr Sehenden könnt ein Bild in einem einzigen Augenblick erfassen. Beginne damit, mir den Eindruck dieses Augenblicks wiederzugeben. Und sprich in einfachen Worten, die leicht zu erfassen sind. Deine Worte sollen wie das klarfließende Wasser sein, ganz natürlich, so dass ich nicht über ihren Sinn grübeln muss, reich, so dass vor meinem geistigen Auge ein lebendiges Bild wachgerufen wird, und kurz, damit ich nicht einschlafe. 

So wird gazō no setsumei, das Bildbeschreiben, zu einer Form der “Beschwichtigung aller Unruhe der Gedanken”, mit der wir uns wie bei der Meditation die Erleuchtung zwar nicht erarbeiten oder gar herbeizwingen können, mit der wir uns aber in einen Zustand versetzen, der das plötzliche Eintreten der Erleuchtung wahrscheinlicher macht. 

Am Ende beschrieb der Schüler seinem Meister die ganze Mappe in einer einzigen Nacht, ohne dass der Meister ermüdete. Im Gegenteil, er sah jedes einzelne der Blätter mit größter Lebendigkeit vor seinem geistigen Auge. Dem Schüler aber war es, als sehe er die Zeichnungen zum ersten Mal wahrhaftig. “Zuvor erkannte er Stückweise, jetzt aber erkannte er.” Sehen und Beschreiben wurden eins. Er tauchte in die Welt der Zeichnungen ein und tiefe Seelenruhe durchdrang ihn. 

Ist das nicht eine phantastische Perspektive für eure Arbeit?”

In der Tat. Faszinierend. 

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