Schlagwort-Archive: Auto

100 Meisterwerke: 15. „Rush Hour“ von Joel Sternfeld

Foto aus der Rush Hour serie

Der amerikanische Fotograf Joel Sternfeld ist für seine künstlerischen Farbfotografien bekannt und prägte den Begriff „New Color Photography“.  Die Serie „Rush Hour“ gehört zu seinen Frühwerken. Hier fotografierte er zwischen 1973 und 1976 verschiedene Szenen aus dem Amerikanischen Alltag. „Rush Hour“ besteht aus 32 mit Blitzlicht aufgenommenen Bildern, die Amerika positiv darstellen. Die Serie soll die vorangegangene, dunkle Zeit der siebziger Jahre, die durch den Vietnamkrieg, den Rücktritt Nixons und die wirtschaftliche Depression geprägt waren, erhellen. Im Folgenden wird eine Kontrastreiche Fotografie aus der Serie beschrieben.

Im Mittelpunkt des Bildes ist eine jung wirkende Frau zu sehen. Sie steht mit dem Rücken zum Fotografen und befindet sich leicht links in der Bildmitte. Sie wartet vermutlich an einer Ampel, ihr Körper ist bis zu den Hüften auf dem Bild zu sehen, über ihrem Kopf ist noch ein kleines Stück Himmel sichtbar. Sie schaut leicht nach rechts, auf den Straßenverkehr, sodass ihr rechtes Profil fast komplett zu erkennen ist. Der Mund ist allerdings nur zu erahnen.

Die schlanke Frau trägt ein leuchtend hellgrünes Kleid. Das Kleid hat einen Kragen und die Ärmel bedecken gerade die Schultern. Um die Taille hat sie einen Gürtel oder ein Band in der gleichen Farbe des Kleides, doppelt gewickelt. Das Kleid ist wahrscheinlich aus leichter Baumwolle. Wie weit es reicht ist nicht zu sehen, da der Bildausschnitt nur bis zur Hüfte reicht.

Ihre Arme sind beide angewinkelt, vermutlich trägt sie etwas in Bauchhöhe vor dem Körper oder sie hält die leeren Hände nah beieinander. Ihre Haare sind dunkelblond und enden kurz über ihren Schultern. Die Spitzen wellen sich leicht und ihr weht eine leichte Brise entgegen. Am Rücken ihres Kleides befindet sich ein kaum sichtbarer, durchgehender Reißverschluss.

Rechts neben der Frau ist ein gelbes Taxi zu sehen, dass gerade die Straße entlang fährt an der sie wartet. Die Spitze des Taxis verschwindet hinter ihrem Körper und das Heck ist nicht mit auf dem Bild, es endet mittig der hinteren Tür. Auf dem Dach des Taxis befindet sich ein blaues Schild mit einer weißen, zweizeiligen Aufschrift. Das obere Wort beginnt mit „S“ ist aber nicht weiter lesbar, weil das ganze Taxi durch die Bewegung der Fahrt unscharf ist. In der zweiten Zeile steht Gilbey’s Gin und rechts daneben ist eine eckige Ginflasche mit rotem Etikett abgebildet. Der Fahrer des Taxis ist ebenfalls unscharf. Er trägt etwas weißes und hat den Arm angewinkelt ins geöffnete Fenster gelegt.

Zwischen der Frau und dem Taxi ist ein runder Gullideckel mit einem Metallrand auf der Straße zu sehen. Hinter dem Taxi sind die Fassade und die Ecke eines modernen Hauses bis zum zweiten Stockwerk erkennbar. Das Haus besteht aus grauen Backsteinen und bodentiefen Fenstern, von denen einige weiße Rollos haben.

Die Frau steht an einer Straßenecke, denn zu ihrer linken schaut man in eine Straßenschlucht. Man sieht auch die Fassade des modernen Hauses auf der anderen Seite der Ecke und die Fassade des gegenüberliegenden Hauses und der Häuser dahinter, viel tiefer in der Straßenschlucht. Diese Häuser sind ebenso für diese Zeit modern und aus Beton gebaut. Noch weiter hinten sieht man, angrenzend an die beschriebenen Häuser, die Silhouette eines Hochhauses, das oben aus dem Bild hinausragt und nicht mehr ganz zu sehen ist. Es ist so weit weg, das es aussieht als wäre es von Nebel oder Dunst umgeben.

Hinter dem Taxi muss eine weitere Straßenspur sein, vermutlich ist es eine Einbahnstraße da es keinen Gegenverkehr gibt. Von dieser weiteren Spur biegen gerade zwei Autos in die Straßenschlucht ab; ein weiteres Taxi und dahinter sieht man nur die Spitze eines weißen Autos. Der Rest dieses Autos verschwindet hinter der Frau.

Dort wo die beiden Autos abbiegen überquert ein vermutlich älterer Mann gerade die Straße. Er trägt ein helles Hemd und eine beige, lange Hose. Es ist nur ein kleines Stück grauer Himmel über dem Kopf der Frau zu sehen. Das Stück Himmel ist rechts und links eingerahmt von den Häusern und unten vom Kopf der Frau. In der Straßenschlucht sieht man in großer Entfernung noch mehr Menschen, wie viele und genauere Details sind nicht zu erkennen. Auf den Straßen, die die junge Frau und der ältere Mann überqueren sind weiße Linien zur Begrenzung aufgemalt, diese sind sehr abgenutzt und kaum noch zu erkennen. Das grüne Kleid der Frau und das gelbe Taxi bilden einen starken Kontrast zum Grau der Straßen und Häuser.

Text: Jana Marie Schmidkunz-Gerecke

Bildquelle: filthyweb.wordpress.com

 

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter 100 Meisterwerke, schon beschrieben

Vor und hinter dem Zaun von Mary

3 Menschen vor einem Zaun

Bei diesem Bild handelt es sich um eine Portraitfotografie, welche bei unserem Fotoseminar auf dem Tempelhofer Feld im Juni 2015 von Mary aufgenommen wurde.

Das zentrale Motiv des Fotos – drei Personen, die mit dem Rücken zur Kamera vor einem hohen Stahlgitterzaun stehen – zieht sich wie ein breiter Streifen durch die Mitte des Bildes. Man könnte sagen, das ganze Bild ist streifenartig aufgebaut.

Die untere Kante beginnt mit einem rauen Asphaltstreifen, der von einem schmalen unregelmäßigen Grünstreifen durchbrochen ist. Wieder einmal haben es die Kräfte von Frost und Hitze geschafft einige Nischen und Ritzen als Bett für die Samen der Gräser und Wiesenkräuter zu bereiten.

Dann beginnt der weiße Stahlgitterzaun, dessen Füße sich ca. aller zwei Meter in die Asphaltdecke bohren. Diese verläuft hinter dem Zaun noch ein bis zwei Meter weiter, bis massive Betonbodenplatten das Kommando übernehmen und eine weitreichende Fläche bedecken. In einiger Entfernung begrenzt ein langgezogenes, mächtiges Gebäude das Areal. An der mittleren Gebäudefront sind große, weiße Lettern angebracht, aus denen sich bei ganz genauem Hinsehen die Worte „Berlin Tempelhof“ entziffern lassen. Das Erdgeschoss sieht aus wie eine Aneinander-Reihung von Garagentoren, bzw. Anlieferungsabschnitten.

Darüber erstreckt sich der graublaue Himmel – Übergänge zwischen Schleierwolken und freien Flächen verschmelzen ineinander.

Im mittleren Bildabschnitt, direkt am Zaun stehen eine Frau, ein Mann und noch eine Frau. Alle drei mit erhobenem linkem Arm, greifen in das Stahlgitter und scheinen auf das Objekt, oder auch das weite Feld hinter dem Zaun zu blicken. Das „Objekt“ befindet sich ca. 5-10 Meter hinter dem Zaun und lässt sich genauer beschreiben als ein dunkler Wagen, ähnlich einem BMW Kombi, dessen Fensterscheiben an allen Türen heruntergelassen sind. Die Person am Steuer ist nur eingeschränkt erkennbar: männlich, kurzes Haar, trägt eine dunkle Sonnenbrille, der linke Arm auf dem Türrahmen aufgestützt, die Hand lässig aus dem Fenster hängend. Weitere Insassen lassen sich nicht erkennen. Es ist anzunehmen, dass das Fahrzeug sich in Bewegung befindet – eine Parkposition wirkt in dieser Situation an diesem Ort eher ungewöhnlich – wodurch das Bild irgendwie eine stille Dynamik bekommt.

Das wehende dunkelblonde Haar der beiden weiblichen Personen verrät eine leichte Brise, wobei das der linken Frau offen über die ihre rechte Schulter fällt, währen das etwas lockigerer der rechten zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden ist. Ebenfalls signifikant ist, dass alle drei Personen eine mittelgroße Umhänge-Tasche tragen. Die der linken ist schwarz und hängt locker und gerade über der rechten Schulter – so locker, dass man meinen könnte, sie gleite im nächsten Augenblick herunter. Schräg über den Rücken der männlichen Person hängt die etwas robuster aussehende blau-schwarze Tasche. Die Frau auf der rechten Seite schließlich trägt ihre schräg über der linken Schulter. Sie ist hellbraun und wirkt abgenutzt.

Alle drei tragen Sommerkleidung in Blautönen. Die erste ein marineblaues Kleid, darunter eine schwarze Leggings, die oberhalb der Knöchel endet. Ihre Schuhe verschwinden hinter den Gräsern. Darauf folgt der Mann in legeren dunkelblauen T-Shirt und Jeans. Die Schuhe durch das Gras ebenfalls kaum erkennbar. Außerdem scheint er irgendein schwarzes Bündel in der rechten Hand neben dem Körper zu umklammern. Die Frau mit der braunen Tasche trägt über einem längeren schwarzen Shirt ein kurzärmliches dunkelblaues Häkeljäckchen, eine weiß geblümte Leggings und schwarze Sneaker mit einem lachsfarbenem ovalen Streifen oberhalb der Fersen.

Die Szene ist keine alltägliche, natürliche, und dennoch verlangt sie nach einer Erklärung oder einer fantasievollen Interpretation.

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter schon beschrieben