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100 Meisterwerke: 3. „Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch

Das schwarze Quadrat

Bei dem Gemälde „Das Schwarze Quadrat“ von Kasimir Malewitsch handelt es sich um ein mit Öl auf Leinwand gemaltes Bild im Format 79 xl 79 Zentimeter. Das Gemälde entstand im Jahre 1915 und gilt als Initialwerk des Suprematismus, einer Kunstrichtung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Russland entstand. Der Suprematismus gehört zur Moderne und behielt seine Geltung bis zum Anfang der 1930er Jahre. Innerhalb der bildenden Kunst wird den Suprematisten eine Ideologie der Gegenstandslosigkeit zugeschrieben. Heute befindet sich das Gemälde in der Tretjakow-Galerie, einem staatlichen Kunstmuseum in Moskau.

Das Werk wurde erstmals 1915 in einer futuristischen Ausstellung in St. Petersburg präsentiert. Umgeben von anderen Werken Malewitschs war es an der höchsten Stelle einer Raumecke mit der Bildfläche leicht schräg nach unten angebracht. Diese Entscheidung wurde von vielen Besuchern als Sakrileg angesehen, da die „Gottesecke“ traditionell religiösen Werken vorbehalten war.

Allgemein werden Malewitschs Werke als „sachlich“ beschrieben und alle von ihm verwendeten Formen leiten sich aus einem Quadrat ab. So auch, wie der Titel schon sagt, „Das Schwarze Quadrat“.

Das Schwarze Quadrat, das die Bildmitte füllt, ist umrandet von einem weißen Rahmen, der ungefähr ein Fünftel der Breite des schwarzen Vierecks ausmacht. Bei dem Weiß des Rahmens handelt es sich nicht um ein homogenes, gleichmäßiges Weiß. Es mutet vielmehr wolkenartig an, es sind kleine graue Tupfen zu sehen, am oberen linken Rand zwei kleine unverbundene vertikale bis diagonale graue Striche, am unteren Rand, links der Bildmitte, sieht man einen winzigen Teil, der aussieht wie beigefarbene Bläschen, die zusammen eine ovale Form bilden.

Auch das schwarze Quadrat, dessen Seiten nicht exakt parallel sind, besteht nicht aus einer opaken und gleichmäßigen schwarzen Fläche. Es weist besonders in den oberen zwei Dritteln, ein paar Zentimeter von seinem Rand hin zur Mitte, eine intensive Craquelée auf. Craquelée bezeichnet ein maschenartiges Netz aus unterschiedlich kleinen Rissen und Sprüngen, das hier die oberste, schwarze Schicht des Quadrats durchzieht. Die Risse und Sprünge sind zum größten Teil weiß oder lassen zumindest weiß durchschimmern. Durch die Craquelée im mittleren Drittel in der linken Hälfte und am unteren Rand schimmert auch ein Rostbraun durch. Die Craquelée im unteren Drittel nimmt nicht die ganze Fläche des unteren Drittels ein, sondern besteht aus drei einzelnen Formen unterschiedlicher Größe, die fast als rechteckig angesehen werden können und miteinander nicht verbunden sind, von denen die linke und die rechte aber mit der großen Craquelée-Fläche der oberen zwei Drittel verbunden sind. Die linke Fläche ist niedriger, breiter und quadratischer, die rechte höher, länger und rechteckiger. Beide sind prägnanter als die Craquelée-Fläche in der Mitte.

Insgesamt sieht die ganze Craquelée mit ihren äußeren Umrissen für mich aus wie ein stilisiertes Rind, das den Kopf rechts oben hat, dessen Körper sich bis zum linken Rand erstreckt und das unten links ein kurzes breites Hinterbein und unten rechts ein langes dünnes Vorderbein besitzt.

Das gesamte schwarze Quadrat hat hellere und dunklere Stellen, die Farben gehen von tiefschwarz über grau bis hin ins fast Bläuliche und Grünliche. Am äußeren Rand des rechten Drittels, an einer Stelle ohne Craquelée, findet sich auf halber Höhe eine Stelle, die wie eine graue Wolke aussieht. Eine ähnliche Farbe findet sich links oben, dieses Mal aber von Craquelée durchzogen. Zwischen der Stelle, die ich als „Hinterbein“ bezeichne und der weniger prägnanten und kleineren Craquelée befinden sich hellgraue Tupfer, die einen Viertelkreis bilden.

Craquelée entsteht durch Alterungsprozesse oder wie in diesem Fall, wenn eine Farbschicht unter der obersten Farbe noch nicht ganz getrocknet ist, bevor die oberste Schicht aufgemalt wird. Die Trocknungsprozesse führen dann zu Rissen in der obersten Farbe, wodurch darunterliegende Farben durchschimmern. Von Malewitsch war das so angelegt, als er ein bereits fast fertig gestelltes Bild mit dem weißen Rahmen und dem schwarzen Quadrat übermalte. In späteren Untersuchungen wurde herausgefunden, dass es sich sogar um zwei übermalte Bilder gehandelt haben muss. Dieser Entstehungsprozess erklärt, warum zahlreiche Farben durch das Schwarz scheinen – je länger man das Bild betrachtet, desto mehr Farben, Konturen, Formen, Dimensionen, Struktur, Pinselstriche und -führung werden erkennbar.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass es über einen PC-Monitor recht schwer ist, das Gemälde gebührend zu beschreiben. Je nach Monitoreinstellungen kann es sein, dass ich andere Farben gesehen und andere Formen bemerkt habe, als wenn ich direkt vor dem Original gestanden hätte (was kurzfristig leider nicht ging, da es sich ja in Moskau befindet). Auch wird das Gemälde je nach Belichtung, Kamera, Nachbearbeitung etc. an den verschiedensten Stellen im Internet unterschiedlich dargestellt.

Text: Stef

Bildquelle: Wikimedia

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100 Meisterwerke: 1. „Porträt der Simonetta Vespucci“ von Sandro Botticelli

Portrait der Simonetta

Simonetta Vespucci, „die schönste Frau von Florenz“, taucht in vielen Sandro Botticelli-Werken auf. Zum Beispiel in „Die Geburt der Venus“. Das hier beschriebene Gemälde ist ein Portrait der Simonetta. Es existieren noch andere Versionen. Dieses Bild hängt in Berlin, in der Gemäldegalerie. Es entstand zwischen 1475-1480 in Italien.

Das Bild ist im Hochformat mit den Maßen 47,5 × 35 cm. Es wurde in Tempera Technik auf Holz gemalt. Die Farben sind kräftig und wurden in detaillierten Pinselstrichen aufgetragen.

Dargestellt ist eine Frau im Linken Seitenprofil bis unter die Brust. Sie nimmt den rechten Teil des Bildes von der Mitte bis zum Rand ein. Am linken Rand und über ihrem Kopf sind einige Zentimeter Hintergrund zu sehen.

Die Frau ist schätzungsweise Mitte bis Ende zwanzig, mit blond-braunem, langem Haar, das ihr bis zum Ellenbogen reicht. Der Pony ist vorne etwas kürzer und wird zum Kinn hin länger. Vier weiß –grau schimmernde Perlen sind dicht an der Kopfhaut in ihr Haar eingeflochten. Das Haar ist in der vorderen Partie locker zusammen gehalten und am Hinterkopf mit einem schwarzen Band zu einem Dutt gebunden. Die untere Haarpartie ist aufgeteilt in einen schmalen, geflochtenen Zopf über der Schulter in den weitere kleine Perlen eingearbeitet sind und einen zweiten Zopf, der bis zur Hälfte mit dem schwarzen Band in Kreuz-Technik verflochten ist und hinten gerade am Rücken herunter fällt.

Die Frau zeigt keinerlei Mimik und ihr Blick richtet sich geradeaus und etwas nach unten. Sie wirkt, als ob sie in Gedanken versunken ist. Ihr Gesicht ist zart und schmal und auf ihrer ebenmäßigen Haut sind vereinzelte Sommersprossen erkennbar. Die Stirn ist hoch und die Augenbrauen sind zu schmalen Bögen gezupft wurden. Die Simonetta hat hohe Wangenknochen und es wirkt als trage Sie dezent rosa Lippenstift und passenden Lidschatten. Das Kinn ist kurz und rund. Ihre Nase ist eher schmal und länglich. Ihre schmalen, gleichförmigen  Lippen harmonieren miteinander. Die Augen sind mandelförmig und grau-grün.

Die Simonetta trägt ein Kleid, welches vorne einen schwarzen, mit feinen weißen Quernähten versehenen „Latz“ hat. Der sichtbare Teil des Kleides ist in einem rot-orange Ton gehalten. Der Halsausschnitt ist groß und rund und die Puffärmel fangen erst am Rand der Schultern an. Sie trägt eine feine, dunkle Kette wie aus dünnem Leder, welche doppelt um ihren Hals gelegt ist. Eng unter ihrem Kinn liegt ein Teil der schwarzen Schnur, mit der ihr Haar gehalten wird.

Im Hintergrund des Gemäldes ist im linken oberen Teil ein hellblaues Rechteck zu sehen. Es könnte sich um den Ausschnitt eines Fensters mit dunklem Holzrahmen handeln. Dieses Rechteck reicht in Augenhöhe bis zum Hinterkopf und oben bis zum Rand des Bildes. Der dunkle Rahmen ist durch graue Erhöhung plastisch hervorgehoben. Der übrige Teil des Hintergrunds ist schwarz. Es wirkt, als schauten die Augen aus dem Fenster in den Himmel.

Die Simonetta Vespucci ist eine junge Frau mit einer schönen Figur, langen, vollen Haaren und einem hübschen Gesicht. Der für die Zeit modischen Kleidung und ihrer kunstvollen Frisur nach zu urteilen, gehörte sie zur italienischen Oberschicht des fünfzehnten Jahrhunderts.

Text: Jenny Kraus

Bildquelle: Wikimedia

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Richtlinien für Bildbeschreibungen II

Aus gegebenem Anlass hier noch einmal der Vorschlag der blinden Kunsthistorikerin Anja Winter für ein Schema für Bildbeschreibungen :

Bildbeschreibung für Blinde

I. Fakten

1. Maler

2. Titel & Genre

3. Format & Maße

4. Technik

5. Entstehungszeit

II. Beschreibung

1. Aufbau (Vorder-, Mittel-, Hintergrund)

2. Hauptmotiv (evtl. auch nur Teil), das sofort ins Auge springt

3. Farben

III. Eindruck, Stimmung

möglichst genau wiedergeben, aber Achtung: keine Interpretation!

IV. Hintergrund 

(soweit zum Verständnis erforderlich!)

1. biografische Daten des Malers (und ggbfs. Auftraggebers)

2. Stil & Epoche

3. kunsthistorische Besonderheiten

4. historischer, religiöser Hintergrund 

© tastkunst 06.2012

Vergleicht es bitte mit den Vorschlägen des blinden Kunsthistorikers Erich Schmid.

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Workshops in Fotogeschichte und Ästhetik für blinde Fotograf_Innen und alle, die Interesse haben

Es ist soweit. Im nächsten Monat werden wir mit unseren Workshops beginnen.

Wir konnten die Kunsthistorikerin Petra Schröck, Leiterin der Brotfabrik Galerie und die Fotografen Sabine Wührich, Jörg Möller, Micha Winkler und Stephan Wilke, den ihr schon vom Seminar im letzten Sommer kennt, gewinnen, euch jeweils einen Samstag lang zu erzählen, was ihnen an der Fotografie und einem Foto wichtig ist. Was sie unter einem guten Foto verstehen und was sie denken, was es ausmacht.

Ihr seid alle herzlich eingeladen!

Details:

Wo? Karsten Hein, c/o W.I.M.

Crellestr. 19/20, 2. Hof, 4. OG, 10827 Berlin

Wann? Samstag 16. 4. 2016 11:00 Uhr, weitere Termine folgen

Was? Vortrag und Gesprächsrunde mit Fotografen und Kunsthistorikern

Für wen? Blinde und sehbehinderte Fotograf_Innen, Bildbeschreiber_Innen, Teilnehmende an unseren Praxisworkshops und alle, die sich für Kunst und Fotografie interessieren.

 

Wir freuen uns auf euch!

 

 

 

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Aufruf zum Fotowettbewerb des BSVW

Der Blinden – und Sehbehindertenverein Westfahlen e.V. hat auf seiner Facebook Seite folgenden Wettbewerb ausgeschrieben. Einsendeschluss ist der 15. März. Der Wettbewerb ist eine tolle Gelegenheit eure Fotos auszustellen und einem öffentlichen Publikum zu zeigen, dass es Blinde und Sehbehinderte Menschen gibt die Interesse an visueller Kunst haben und die auch selbst fotografieren. Soweit wir wissen ist die Teilnahme nicht auf Einsendungen aus Westfahlen beschränkt.

Heute wollen wir zu einem für uns ungewöhnlichen Wettbewerb aufrufen: zu einem Fotowettbewerb.
Für unsere neue Homepage benötigen wir viele und schöne Fotos über das Leben mit einer Sehbehinderung im weitesten Sinn – gerne auch mit schrillen und ungewöhnlichen Motiven.

Knipst der lasst z. B. die Vereinsarbeit in eurer Bezirksgruppe oder in eurer Fachgruppe fotografieren oder sucht andere Motive, die ihr für geeignet haltet. Bitte schickt eure Fotos per Mail an die Landesgeschäftsstelle: info@bsvw.de.
Die Fotos müssen im jpg-Format sein und mindestens eine Breite von 1.200 Pixel haben.

Mit der Einsendung seid ihr einverstanden, dass der BSVW die eingesandten Fotos für seine Publikationen, das Internet und eventuell für eine Ausstellung unter Angabe des Namens der fotografierenden Person nutzen darf.

Eine Jury bestehend aus den Internetredakteurinnen und -redakteuren und Mitgliedern des Vorstandes bewertet die Bilder. Die ersten drei Fotografien werden in der Geschäftsstelle ausgehängt, auf der Homepage veröffentlicht und in einer Pressemitteilung geehrt. Wenn genügend schöne Fotos zusammenkommen, werden sie in einer Ausstellung in der LGS der Öffentlichkeit gezeigt. Zusätzlich erhalten die Preisträger ein klingendes Geschenk.

Einsendeschluss ist der 15. März 2016.
E-Mail: info@bsvw.de

Wir sind sehr gespannt auf eure Einsendungen!

Quelle: Facebook-Post des BSVW

Facebook Seite des BSVW

 

 

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Gerald Pirner: Der gespürte Blick

Hier, das müsst ihr lesen. Gerald Pirner hat einen sehr tollen Aufsatz anlässlich unserer Ausstellung in der BrotfabrikGalerie geschrieben. All unsere Projekte, die sich mit Blindheit und Fotografie befassen, auch dieser Blog, haben ja eine erkenntnistheoretische Dimension. Wir befassen uns mit der menschlichen Wahrnehmung an einer jener Kanten oder Bruchstellen, die immer für neue Einsichten gut sind. Normalerweise lassen wir das hier im Blog nicht so raushängen, unser Angebot soll ja niedrigschwellig sein. Umso mehr freuen wir uns nun, wenn ein blinder Autor, einer der ganz wenigen, die sich ernsthaft mit visueller Kunst befassen, diesen Aspekt unserer Arbeit thematisiert. Damit ist unser Dialog zwischen Sehenden und Blinden auf eine neue Ebene gehoben:

Der gespürte Blick oder
An der Grenze zwischen Subjekt und Objekt

Die Schönheit der Blinden, eine Ausstellung in der Brotfabrik in Berlin-Weißensee mit Arbeiten von Karsten Hein und Arbeiten der Teilnehmerinnen seines Fotoworkshops

Ein Bild, das es nicht gibt, vorher nicht gab, ein Bild das vielleicht mehrere Bilder ist, das ein-gebildet ist, das nur in seiner Sprache existiert. Er sieht es vor sich, sieht vor sich, wie eine Frau das Gesicht einer anderen Frau berührt, eine Frau, die ihre Augen geschlossen hält, eine Frau mit geschlossenen Augen, berührt von einer anderen mit ebenfalls geschlossenen Augen. In seiner Imagination bittet er seine Assistentin zu Hilfe, bittet sie die Szene zu beobachten, bittet Sie die Szene zu beschreiben: Zwei Frauen, in gleicher Größe, beide vermeintlich in ähnlicher Haltung und doch unterscheidet sie etwas, von dem sie im ersten Moment nicht hätte sagen können, was es sei.

Er wartet, hört Ihr nach, hört wie Sie schaut, obwohl das nicht möglich ist, und doch glaubt er zu hören wie Sie schaut, ohne zu atmen, ohne dass er Ihr Atmen hörte.
„Die eine ist blind“, sagt Sie ruhig und wartet eine Weile.
„Woran siehst du das.“

Hier zum vollständigen Text in Geralds Blog.

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