Selbstportrait mit Spiritus Loci/ Gedenkstätte Hohenschönhausen. Lightpainting von Silja Korn, 2024
Ein schwarz-weißes Foto im Querformat. Die Bildränder links und rechts sind schwarz. Genau im Zentrum des Bildes ein menschliches Gesicht mit geschlossenen Augen und dunklen glatten Haaren, die ungekämmt über die Stirn fallen. Der Mund sieht aus wie leicht geöffnet, als könnten wir die Zunge sehen. Hals und Oberkörper werden verdeckt durch eine schwarze, matt glänzende Jacke mit gesteppten Nähten und hohem Kragen. Die Gesichtszüge sind unscharf und die Gesichtsfarbe überwiegend grau. Das Gesicht wird nur beleuchtet von einem wie in der Luft stehenden Lichtwirbel vor dem Gesicht, der ein wenig wie Rauch, aber auch wie eine Pflanze aussieht. Ein transparenter, senkrechter Wirbel läuft vom oberen Bildrand, wo der Kopf beginnt herunter über die Nase bis unter das Kinn. Er biegt auf Höhe des Halses nach links oben um und wird zu einem kräftigen weißen verzweigten Lichtast, der links direkt neben dem Kopf nach oben strebt und sich auf Höhe der Stirn nach rechts unten neigt und sich mit dem ersten Bogen zu einem langen Oval vereinigt. Der zweite Ast wächst über den oberen Bildrand. Wie eine Stichflamme züngelt noch von unten nach links ein doppelter Lichtstrahl und beleuchtet links vom Kopf ein Stück graue, fleckige Wand. Das Gesicht ist mit grauen Schatten und Furchen überzogen. Die geschlossenen Augen sehen aus, als hätten sie graue Ringe um sich herum und das linke scheint tiefer zu sitzen als das rechte. Am linken Mundwinkel kreuzen sich merkwürdig zwei dunkle Linien. Die Nase vermischt sich mit dem Grau des Lichtbogens und sieht leicht schief aus. Insgesamt sieht das Gesicht gleichzeitig sehr konzentriert und sehr leidend aus. Das tanzende, unruhige Licht zeigt es uns, aber kann es nicht aufhellen. Es reicht auch nicht weit, der Raum rechts neben dem Gesicht bleibt tiefschwarz.
Portrait Gilbert Furian. Lightpainting von Silja Korn, 2024
Ein Schwarz-weiß-Foto im Querformat. Es ist das Portrait einer sitzenden Person. Von links nach rechts in drei gleich große Segmente zu teilen: Links ausschliesslich schwarz, rechts eine fleckige Wand mit Schatten und genau in der Mitte die Person direkt von vorn. Es handelt sich augenscheinlich um einen älteren Mann mit hellen kurzen Haaren und kräftiger Statur. Er sitzt sehr aufrecht mit leicht gespreizten Oberschenkeln, die sich am unteren Bildrand im Dunkeln verlieren. Er sitzt auf einer dunklen Fläche, keine übliche Sitzgelegenheit. Die Hände hat er entspannt im Schoß abgelegt. Er trägt eine helle Hose, ein helles Oberhemd, den obersten Knopf geöffnet. Darüber ein dunkles Jackett, in der Brusttasche einen Kugelschreiber.
Sein Kopf ist hoch erhoben, der Blick gerade in die Kamera, der Mund ist geschlossen, die eher schmalen Lippen leicht aufeinander gepresst. Das Licht in seinem Gesicht kommt von schräg links unten. Trotzdem ist er gut ausgeleuchtet, nur das rechte Ohr verschwindet im Dunkel. Eindrucksvolle Falten ziehen sich von der Nase bis unter die Mundwinkel, gebogen wie doppelte Klammern als Satzzeichen um seinen Mund. Seine eher hellen Augen liegen weit auseinander und es ziehen sich strahlenförmige Falten um die äusseren Augenwinkel. Die Augenbrauen sind buschig und graumeliert. Über die Stirn zieht sich eine kräftige Querfalte und zwei Falten, die die Augenbrauen nachzeichnen. Um seinen Körper herum und hinter seinem Kopf tanzen quirlige Lichtspuren. Sie zerren links an seinem Jackett als wenn sie es anzünden wollten und legen sich oben wie ein halber Heiligenschein um sein Haar. Sie können aber die unerschütterliche Konzentration und Ruhe, die seine Haltung ausstrahlt, nicht stören. Sie sorgen dafür, dass wir ihn gut ausgeleuchtet in dem überwiegend finsteren Raum sehen können.
beschrieben von Katrin Heidorn
Karsten Hein schreibt dazu:
Das Bild zeigt Gilbert Furian, einen Zeitzeugen der Gedenkstätte, dem ehemaligen Untersuchsgefängnis der Stasi, bei einer persönlichen Tastführung für Silja.
Gilbert war Mitte der 1980er Jahre 7 Monate lang in Haft für ein Heft über die Ostberliner Punkszene – sehr schöne Fotos, sehr interessante Interviews. Ein Heft, das sowenig staatsfeindlich war, wie Gilbert selbst . Er wollte auch nicht nach den anschließenden zwei Jahren Haft von der BRD freigekauft werden, was die DDR aus finanziellen Gründen durchaus wollte. Er wollte, auch wegen seiner Freundin in der DDR bleiben.
Gilbert hat uns nüchtern aber eindringlich das entwürdigende Aufnahmeverfahren beschrieben – in den Mund leuchten, nackt ausziehen, vorbeugen, damit man ihm in den Hintern leuchten konnte, Vorhaut zurückziehen, um zu gucken, ob er was darunter versteckt hatte, bei Frauen entsprechend die Vagina. Er sagt in dem Moment habe er sich innerlich von sich selbst abgespalten, er habe seine ganze Haftzeit über keine Empfindungen mehr zugelassen.
Zur Untersuchungshaft gehörte, dass man bis auf die Zahnbürste keine eigenen Gegenstände in der Zelle haben durfte. Keine Bücher, nicht Papier und Stift, gar nichts. Man durfte tagsüber nicht liegen und auch keinen Sport machen. Es blieb ein Hocker zum Sitzen und die vielleicht fünf oder sechs Quadratmeter zum auf- und abgehen. Prinzipiell konnte alle 10 Minuten ein Wärter durch das Guckloch schauen. Man hörte sie nicht kommen, sie hatten schallgedämpfte Schuhe. Es gab unzählige von ihnen, außerdem allein 80 Stasi-Offiziere zur Vernehmung der Inhaftierten.
Die Gefangenen waren unter ständiger Anspannung. Sie wussten nie, wann es wieder zur Vernehmung ging. Jeder Vernehmer hatte ein eigenes Büro. Eine riesige Anlage. Prinzipiell sollte erreicht werden, dass niemals ein Gefangener einen anderen zufällig auf dem Flur trifft. Wenn ein Wärter mit einem Inhaftierten auf dem Weg zur Vernehmung war, durfte kein anderer auf den Flur. Aber zu Gilberts Zeit gab es so viele Gefangene, dass er 6 von 7 Monaten in einer Zweimann-Zelle untergebracht war, mit einem Mitgefangenen, mit dem er sogar gut ausgekommen ist. Einmal im Monat durfte er unter Aufsicht des Vernehmers einen einseitigen Brief an seine Mutter schreiben. Besuch durfte er nicht bekommen. „Frischluft“ gab es für jede Zellen-Besatzung in der Regel jeden Tag (außer am Wochenende) 30 Minuten in einer Freiluftzelle 7×3 Meter, oben vergittert. Auch dort waren Gymnastik oder Geräusche verboten, normale Unterhaltung war erlaubt. Bei Verhör oder bei Regen fiel das aus.
Gilberts Vernehmer sprach höflich, nicht brutal mit ihm. Er durfte lesen. Bücher aus der Gefängnisbibliothek. Sein Vernehmer brachte ihm aber auch Bücher von zuhause mit. Das Essen für die Gefangenen war so gut, dass er seinen Vernehmer fragte, warum – seine Antwort: „Damit Sie mir beim Verhör nicht mit Wut im Bauch gegenübersitzen, nur weil Sie in der Zelle nicht genug zu Essen bekommen“.
Titel: Metamorphose. Foto von Silja Korn. Originalmasse 90 x 70 cm
Ein menschliches Portrait in schwarz-weiss mit streifigen Lichtspuren.
Die Lichtspuren sehen aus wie mit einem feinen Kamm über das Gesicht vom Scheitel bis zum Hals gekämmt. Sie legen sich in einer Wölbung über die Stirn und beleuchten die geschlossenen Augendeckel. Dies erzeugt einen Effekt wie bei einem Fotonegativ, da die Augen die hellsten Flächen sind. Die äusseren Umrisse des Kopfes sind mit unregelmäßigen Lichtspuren etwa normal proportioniert angedeutet, aber nicht wirklich sichtbar. Die Ohren sind eher zu ahnen, da reflektierende Ohrgehänge bis unter Kinnhöhe an ihnen hängen.
Das menschliche Gesicht mit Hals und Schulteransatz nimmt den ganzen Bildausschnitt ein. Es ist uns direkt zugewandt, mit minimaler Drehung nach rechts. Augen und Lippen sind geschlossen. Der Kopf liegt im Dunkel und verschwimmt mit dem schwarzen Hintergrund. Von der Stirn bis zum Hals laufen viele parallele feine Lichtfäden über das Gesicht. Sie beginnen am Scheitel, als wären sie an einen Haarreif geknüpft. Auf den geschlossenen Augenlidern vereinen sie sich zu hell leuchtenden Flecken. Unterhalb der Augen fliessen sie weiter die Wangen herunter bis zum Hals. Die Umrisse von Nasenspitze und Lippen sind wie mit weichem Lichtschein hell nachgezeichnet. Seitlich neben beiden Nasenflügeln fliessen breitere Lichtstreifen schräg die Wangen hinunter, das gleiche an den Mundwinkeln. Direkt unter der Unterlippe breitet sich ein querliegender Lichtfleck aus, der Lippe und Kinn abgrenzt. Er geht über in eine dunkle Fläche, die sich nach rechts ausbreitet. Unterhalb davon ist das Kinn von weissen Lichtfäden überzogen, die parallel nach unten laufen, wie bei einer ethnischen Tätowierung. Der Halsansatz direkt darunter liegt hellgrau verschattet. Quer um den Hals liegt eine helle Lichtwolke wie ein Kragen, nicht klar nach unten abgegrenzt. Die Schulterlinie läuft auf der rechten Seite als Lichtspur schräg zum Bildrand. Auf der linken Schulter laufen mehrere feine Lichtspuren wie von der Kante eines Wasserfalls und fliessen wie kleine Lavaströme ebenfalls nach rechts ab bis etwa zur Bildmitte. Insgesamt entsteht ein Effekt wie bei einer Maske, da die Augen hell leuchten und die hell-dunkel-Kontraste sehr stark sind. Das Gesicht scheint einerseits von innen zu leuchten, andererseits wird es durch Lichtfäden beleuchtet, die darüber gleiten. Sie verzerren es auch insgesamt, besonders von Stirn bis Nasenwurzel, in einem nervösen Zucken, das dort nicht den natürlichen Rundungen des Gesichts entspricht. Das Licht modelliert und verändert das Gesicht.
Titel: Inkognito. Foto von Silja Korn. Originalmasse 90 x 70 cm
Ein menschliches Portrait mit vielen schwarz-weissen Lichteffekten.
Wir sehen ein Lightpainting im Hochformat in schwarz-weiß. Vor schwarzem Hintergrund hebt sich ein menschliches Gesicht ab, dass mit hellen Lichtflächen sehr unterschiedlich beleuchtet wird. Das Gesicht ist frontal von Scheitel bis Hals und Schulteransatz abgebildet, die Augen sind geschlossen. Weisse Lichtstreifen fliessen wie Haare über das überwiegend schwarze Gesicht hinab. Der Hals ist heller beleuchtet und an den Ohren hängen ringförmige Lichtgebilde.
Am Scheitel bündeln sich fein gezeichnete Lichtfäden, die wie eine Krone aus Klöppelspitze wirken. Von hier aus fließt ein Lichtbündel über das linke Auge und die linke Wange und bildet ein graues Licht-und Schattengemälde auf dieser Gesichtshälfte. Das Auge ist dunkler als Stirn und Wange, der Augendeckel ist dunkelgrau schimmernd. Nasenspitze und Lippen sind von unten zart beleuchtet und heben sich so aus dem Dunkel des übrigen Gesichts. Das rechte Auge liegt verschattet, ist aber zu erahnen. Rechts davon fliesst eine schmalere Lichtspur an der rechten Stirnseite und Wange herunter. Über den im Dunkel verschwindenden Haaren liegen unregelmäßige Lichtschlieren wie ein Haarnetz und umrahmen das Gesicht. Links und rechts vom entspannt geschlossenen Mund laufen feine Lichtfäden über das Kinn bis zum großen Lichtwirbel auf der Halspartie. Sie erinnern an Tätowierungen bestimmter Völker oder einen Bart. Das dunkle Kinn ist rundlich und hebt sich weichgezeichnet vom helleren Hals ab, der von horizontalen Lichtwellen überflutet wird wie eine Meeresbucht. Die hellen und dunklen Bögen verschwimmen in einander. Links neben dem Hals rankt sich wie gehäkelte Spitze ein Ohrgehänge. Auf der rechten Seite sind verformte konzentrische Kreise als Ohrgehänge zu sehen, die wie frei Hand gezeichnet wirken. Das Bild hinterlässt den Eindruck eines kompletten Gesichts, obwohl alles nur schemenhaft beleuchtet ist. Allerdings ist die Darstellung so verfremdet, dass die Person kaum zu identifizieren ist.
Auf dem Foto sieht man eine Person mit langen, hellen blonden Haaren die sich die Augen mit den eigenen Händen zu hält, die Ellenbogen nach außen gestreckt vor einem dunkel-schwarzen Hintergrund. Die obere Körperhälfte wird bis etwa zum Bauch auf dem Foto dargestellt. Besonders fallen die langen roten Handschuhe auf, welche bis zum Ellenbogen reichen. Das Licht fällt hauptsächlich auf diese roten Handschuhe, von den Fingerspitzen bis zum Ellenbogen, was den Textilstoff sehr hochwertig aussehen lässt, wie Samt oder Seide. Das Licht fällt außerdem auf die Haarspitzen und auf die Höhe der Augen als würde die Person eine Lichtquelle mit den Händen verdecken.
Auch die Schulter- und Brustpartie wird etwas vom Licht angestrahlt und der T-Shirtstoff der Person glänzt silberlich. Beim näheren Hinschauen fällt keine besondere Mimik auf, die Mundwinkel der Person sind neutral.