Archiv der Kategorie: 100 Meisterwerke

100 Meisterwerke: 11. „Die Dame auf dem Pferd“ von Alfred Kubin

Die Dame auf dem Pferd

Das Gemälde von Alfred Kubin mit dem Titel „Die Dame auf dem Pferd“ ist um 1900 entstanden. Es ist heute in der Neuen Galerie New York ausgestellt und hat die Maße 39.7 × 31 cm. Das hochformatige Bild ist in Schwarz-weiß Tönen gehalten. Es zeigt ein Schaukelpferd mit scharfen „Sensen“ als Wippe. Unter den Sensen liegen zertrümmerte Menschenteile verstreut. Auf dem Pferd sitzt eine Reiterin.

Das stolze, weiße Pferd nimmt fast das ganze Bild ein. Es ist dünn und muskulös. Das Tier hat seine spitzen Ohren aufgestellt, die Nüstern weit aufgebläht und die Zähne aufeinander gebissen. Es wirkt als ob es in Angriffsstimmung ist. Die Beine, die auf den Enden der beiden Kufen stehen, sind durchgestreckt. Es trägt ein einfaches, dünnes Zaumgeschirr.

Die Reiterin sitzt im Damensitz auf dem Pferd. Ihre Beine hängen auf der dem Betrachtenden zugedrehten Seite des Pferdes herab. Sie trägt ein schwarzes, langes Kleid, welches ihren gesamten Körper bedeckt. Das Kleid hat lange Ärmel, ist oben sehr eng anliegend und wird nach unten weiter, so dass es den hinteren Teile des Pferdes komplett bedeckt. Der rechte Arm der Frau ist gerade nach vorne ausgestreckt, mit der rechten Hand hält sie die Zügel. Den linken Arm hat sie im rechten Winkel auf ihren linken Oberschenkel gestützt. In der linken Hand hält sie eine Reitgerte, die nach hinten zeigend aus dem Bild hinaus ragt.

Die Dame trägt dunkle Handschuhe und einen hohen, schwarzen Zylinder. Sie hat schwarze Haare, die zum Knoten gebunden sind. Ihren Blick richtet sie über ihre linke Schulter zum rechten Bildrand hin. Ihr Blick wirkt kalt und ernst. Das Gesicht ist weiß-grau und bildet einen starken Kontrast zu ihrer schwarzen Kleidung. Die Frau hat ein spitzes Kinn, einen langen Hals, eine längliche Nase und einen hervorstehenden Kiefer.  Sie ist sehr schlank und es sieht aus als träge sie eine Korsage unter ihrem Kleid, die ihre steife Haltung zusätzlich verstärkt.

Unter den sensenartigen Wippen, auf denen das Pferd steht, liegen graue menschliche Körperteile, hauptsächlich Arme und Beine, die quer über den Boden verstreut sind. Der Bildhintergrund ist aufgeteilt in ein Viertel Boden und der Rest Wand. Der Boden ist grau und die Wand ist schwarz. Um den Oberkörper der Frau und das Pferd herum erscheint der Hintergrund etwas heller.

Insgesamt wirkt das Bild auf mich aggressiv, brutal, düster und mächtig. Als wolle der Maler eine autoritäre Gräfin darstellen, die ihre Gegner oder Untertanen ohne Rücksicht und Erbarmen buchstäblich zermalmt.

Text: Jenny Kraus

Bildquelle: Brooklynrail.org

 

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100 Meisterwerke: 10. „Tod zum Blinden“ Szene aus dem „Baseler Totentanz“

Baseler Totentanz

Bis 1805 war an der Innenseite einer Friedhofsmauer des Dominikanerklosters in Basel ein etwa 60 Meter langes und etwa zwei Meter hohes, vermutlich um 1440 von einem unbekannten Künstler angefertigtes Bild zu sehen: „Der Basler Totentanz. Das Bild wurde mit Temperafarben auf den Verputz gemalt und bedeckte die gesamte Fläche der Mauerseite. Die genaue Entstehungsgeschichte, Künstler oder Auftraggeber sind unbekannt. Die Mauer wurde 1805 abgerissen und der originale „Basler Totentanz somit nach vielfachen Restaurierungen und Kopien zerstört.

1806 schuf Johann Rudolf Feyerabend nach Vorlage einer Kopie von Emanuel Büchel aus dem 18. Jahrhundert eine Aquarellkopie. Das Bild ist im Querformat gestaltet; allerdings ist die Länge des Originals optisch in fünf Stücke geteilt, die wiederum in Reihen übereinander angeordnet sind. Unter jeder Bildzeile befindet sich ein schmaler, hellbrauner Streifen, der nach oben und unten jeweils durch eine dünne, schwarze Linie begrenzt ist. Darin steht unter jeder Szene der jeweilige Titel in geschwungenen Lettern: „Der Tod Zum / Zur …“.  Der Hintergrund der Szenen wie auch der Streifen für die Unterschriften sind durchgängig gezeichnet. Die Schatten eines Bildes fallen teilweise in das rechts anschließende.

Abgebildet sind 37 lebensgroße Tanzpaare, bestehend aus dem Tod in Gestalt eines menschlichen Skeletts und eines Menschen. Die Menschen sind mit Attributen ihres jeweiligen Standes oder Berufes dargestellt; dies und die Reihenfolge der Darstellung zeigen die Hierarchie der spätmittelalterlichen Gesellschaftsordnung: beginnend mit dem Papst und endend mit dem Bauern. Diese Gesellschaftsordnung wird durch das Bild  bekräftigt. Hoffnung gibt es im Tod, da alle Menschen sterben müssen. Außerhalb der Rangordnung sind vor dem Papst in der ersten Reihe der Prediger und der Tod selbst in jeweils einer Szene dargestellt. Nach dem Bauern in der fünften und letzten Reihe sind in vier Szenen Adam und Eva, der Maler, die Malerin sowie abschließend die Miniatur der Predigerkirche mit Kirchhof und Kirchmauer, auf welche der Totentanz gemalt war, zu sehen.

„Der Tod zum Blinden“

Die Szene „Tod und Blinder“ befindet sich als drittes Bild von rechts in der vierten Reihe von oben.

Im Mittelpunkt der Szene stehen deutlich rechts der Blinde und links der Tod. Bei dem Blinden handelt es sich um einen eher älteren Mann mit weißem Haar und weißem länglichem Bart. Er läuft gekrümmt. Der Körper erscheint dünn und eher schmal, aber nicht abgemagert. Die Perspektive zeigt ihn von rechts kommend und folglich von seiner linken Seite. Sein Gesichtsausdruck erscheint kläglich, aber freundlich. Seine Kleidung ist zerschlissen: die weiß-grauen Beinkleider zeigen Löcher und bedecken die Beine bis zur Hälfte der Waden. An den Füßen trägt er schwarze Überwürfe, die von knapp über den Knöcheln abwärts reichend und weder Zehen noch Sohlen bedecken. Ein annähernd backsteinfarbenes Gewand unter einem hellbraunen, ärmellosen Überwurf bedeckt den Körper des Mannes von den Schultern bis zu den Oberschenkeln. Der Kopf ist mit einem schwarzen, flachen und runden Hut mit weißem, schmalem Hutband bedeckt. Im Nacken liegt ein gräuliches Halstuch. Um seine Schultern hängt ein schwarzer Schulterriemen, an dem seine Habseligkeiten befestigt zu sein scheinen.

Mit der rechten Hand hält der Blinde senkrecht einen wahrscheinlich geschnitzten Holzstab, in der linken eine dünne Leine, an deren anderem Ende sich ein kleiner Hund befindet, der in die gleiche Richtung läuft wie der Mann, sich jedoch nach ihm umschaut. Er reicht mit dem Rücken gerade bis zur Wade des Mannes. Abgesehen von ein paar schwarzen Flecken auf dem Rücken und ebenfalls schwarzen Ohren, ist der Hund weiß. Sein Fell ist kurz und zottelig.

Ihnen entgegen tritt der Tod: Ein menschliches Skelett, oder eher ein bis auf die Knochen abgemagerter Mensch, mit weißem, spitzen Kinnbart und länglichem Schnurrbart sowie grauem Haupthaar. Seine Augen sind nicht nur leere Höhlen und der Mund ist leicht geöffnet. Der Gesichtsausdruck wirkt neutral. Der Tod trägt einen Strohhut mit zwei langen grauen Vogelfedern daran. An den Beinen sind zerschlissene Hosen, die bis zu den Oberschenkeln reichen, angedeutet. Dazu trägt er eine knappe Schürze, die den Lendenbereich bedeckt.

Entsprechend der Szene kommt der Tod von links und zeigt seine rechte Seite. Der Hund befindet sich direkt zwischen den sich in Bewegung befindenden Beinen des Todes. Mit der linken Hand hält der Tod  den Stab des blinden Mannes fast am oberen Ende fest umschlossen, in der rechten Hand hält er eine Schere, deren geöffnete Schenkel bereits die Hundeleine zu umfassen beginnen.

Der Hintergrund der Szene zeigt einen schmalen, sandfarbenen Weg im unteren Bereich, und perspektivisch dahinter einen etwa doppelt so breiten Grasstreifen. Darüber schließt der gräulich erscheinende hellblaue Himmel bis zum oberen Rand der Szene an. An der äußersten rechten Seite des Horizonts erscheint blass ein Haus oder ein Gut mit Bäumen dahinter. Am Wegessrand bis in den Grasstreifen hinein befindet sich senkrecht zur Laufrichtung der Figuren ein in den Boden eingelassenes längliches, rechteckiges Loch.

Text: Philipp Zeitler

Bildquelle: Wikimedia

 

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100 Meisterwerke: 9. „Feldhase“ von Albrecht Dürer

Feldhase

„Feldhase“ ist ein im Jahr 1502 entstandenes Aquarell von Albrecht Dürer. Das Bild hat die Maße von 25,1 x 22,6 cm im Hochformat, erscheint aber annähernd quadratisch. Es befindet sich in der Albertina in Wien. Dürers Tierbilder sind bekannt für ihre Detailtreue. Der Hintergrund ist hell, gebrochen weiß und beige, an den meisten Stellen fein, manchmal grob gescheckt. Das Hauptaugenmerk fällt sofort auf den Hasen, der mit aufgerichteten, langen Ohren in der Mitte des Bildes sitzt. Die Bilddiagonale verläuft sehr akkurat von links oben nach rechts unten. Der Hase ist von links vorne im Dreiviertelprofil gezeichnet.

Der Kopf, die Löffel und die Brustpartie des Hasen sind in Untersicht, die Rückendecke und die Hinterhand in Aufsicht dargestellt. Das Fell  ist überwiegend hellbraun. An einigen Stellen an Kopf und Rücken ist es etwas dunkler gefärbt. Im Kontrast dazu sind Brust und Unterseite wesentlich heller. Die Struktur der Felllagen ist sehr detailliert dargestellt, wodurch das Fell beinahe glänzend und greifbar wirkt. Der Hase sitzt auf seinen Hinterläufen, deren Knie wie zwei Höcker am Hinterleib jeweils rechts und links über den Rücken hinaus ragen. Die Vorderläufe liegen unter seiner Brust. Die beschatteten und daher etwas dunkleren Pfoten ragen erheblich unter dem Körper hervor. Krallen und Fingerknochen sind deutlich gezeichnet.

Der Kopf erscheint fast klein gegen die übergroßen Ohren. Das rechte Ohr des Hasen ist parallel zur Bilddiagonale nach hinten angewinkelt und weist an den Rändern ringsherum sehr helles Fell auf. Sein linkes Ohr steht fast senkrecht nach oben;  lediglich die hellbraun gefärbte Außenseite ist dem Betrachtenden zugewandt. Die Augen sind dunkel, bräunlich mit großer schwarzer Pupille. Im dem Betrachter zugewandten Auge ist eine helle Spiegelung reflektiert. Die dunkle Stirn strebt zum Maul und mündet in der deltaförmigen Nase. Die Unterseite der Nase ist schwarz. An den Oberlippen rechts und links der Nase sprießen deutlich sehr dunkle, vielleicht schwarze Schnurrhaare. Ebenfalls deutlich allerdings in Zahl und Länge geringer sprießen dunkle Haare über den Augen und den etwas heller gefärbten Wangen hervor.

Etwa in der Mitte des Körpers am Bauch befindet sich sehr helles, wahrscheinlich weißes Fell, unter dem die rechte Hinterpfote teilweise hervorlugt. Am rechten Hinterlauf befindet sich auf der dem Boden zugewandten Seite ein grauer Fleck. Der Hase wirft von sich aus nach links vorne einen leichten Schatten in den rechten unteren Bereich des Bildes – allerdings nicht über eine imaginäre waagerechte Linie in Verlängerung der Pfoten hinaus

Mittig am unteren Bildrand,  jedoch mit Abstand zu diesem, steht die Signatur des Malers: Das Entstehungsjahr 1502 über Dürers Initialen, der Großbuchstabe D zwischen den Schenkeln eines größeren Großbuchstaben A.

Der Hase wirkt als würde er für den Moment des Betrachtens still sitzen, schnuppern und lauschen. Er erweckt den Eindruck als könnte er jeden Moment davon hoppeln.

Text: Philipp Zeitler

Bildquelle: Wikimedia

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100 Meisterwerke: 8. „Portrait der Natalia Vodianova“ von Paolo Roversi

Portrait Natalia Vodianova

Das Portrait ist 2003 von dem Fotografen Paolo Roversi aufgenommen  worden. Roversi ist seit Jahrzehnten in der Mode- und Portraitfotografie tätig und hat schon zahlreiche Models abgelichtet.  Auch bei diesem Portrait handelt es sich um ein Model – Natalia Vodianova (Natalja Michailowna Wodjanowa). Die heute 34-jährige ist ein bekanntes Gesicht in Werbekampagnen für große Mode Labels und bekannte Kosmetikmarken. Das Bild ist Teil einer als „Nudi“-Serie bezeichneten Bilderreihe, die neben  Natalia noch andere erfolgreiche Models enthält. Diese Serie wiederum ist Teil der Ausstellung Supermodells“ und wurde als Buch unter dem Titel „NUDI veröffentlicht.

Roversi legt hier seinen Fokus auf die Wirkung des Lichtes im Zusammenhang mit dem nackten Körper. Er arbeitet dabei mit dem Pigmentdruck. Dass Originalbild ist 135 x 110 cm groß. Das Portrait ist schwarz – weiß und im Hochformat.

Auf dem Bild ist der nackte Oberkörper einer jungen Frau, um die zwanzig, zusehen. Es handelt sich jedoch nicht um den kompletten Oberkörper, sondern nur um einen Ausschnitt bis zur Mitte des Rückens. Sie schaut direkt in die Kamera, ihr Oberkörper ist dabei jedoch eher abgewandt. Es wirkt, als ob sie eigentlich mit dem Rücken zur Kamera sitzt und sich dann leicht dreht, um über ihre rechte Schulter zurück zu schauen. Es ist somit nichts von Brust oder Bauch zuerkennen. Natalia trägt ihre leicht gewellten, dunkelblonden oder hellbraunen Haare offen. Sie reichen ihr bis zu den Achseln.  Ihre rechte Schulter ist nicht von den Haaren bedeckt und deutlich zusehen. Ihre Haut ist hell und sieht sehr gepflegt aus,. Außerdem liegt ein Schatten unter ihren Achseln, welchen sie selbst durch ihren rechten Arm verursacht.

Das Model hat ein sehr feines Gesicht, wobei ihre Augen sofort in den Fokus rücken. Da diese groß und klar wirken. Außerdem stechen sie zusätzlich hervor, da sie hell leuchten auf ganz natürliche und ungeschminkte Weise. Dabei sind ihre Wimpern kaum zu erkennen und die in Form gezupften Augenbrauen sind ihrer ovalen Augenform angepasst. Das Portrait ist generell sehr natürlich und Natalia wirkt ungeschminkt, ansonsten trägt sie keinerlei Schmuck und ihre Ohren sind vollkommen von ihren Haaren bedeckt. Sie hat volle Lippen, wobei Unter- und Oberlippe gleich proportioniert sind. Ihr Mund ist geschlossen und deutet weder ein Lachen noch traurig nach unten gezogen Mundwinkel an. Der Rest ihres Gesichtes passt sehr gut zum Gesamteindruck – Kinn, Nase und Stirn rücken eher in den Hintergrund und haben keine markanten Merkmale. Insgesamt ist sie vermutlich eher klein und zierlich gebaut.

Der grau melierte Hintergrund ist bei diesem Portrait unwichtig. Wie schon zuvor erwähnt, stechen die Augen sehr hervor und der Blick wirkt dabei intensiv. Sie wirkt zerbrechlich und vorsichtig.  Ich empfinde dieses Portrait als sehr gelungen und ästhetisch ansprechend.

Text: Mandy Buchwalsky

Bildquelle: Artprice.com

 

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100 Meisterwerke: 7. „Selbstportrait mit Lampionfrüchten“ von Egon Schiele

Selbstportrait mit Lampionfrüchten

Das „Selbstporträt mit Lampionfrüchten“ von Egon Schiele ist im Jahr 1912 entstanden und hängt heute im Leopoldmuseum in Wien. Das Gemälde wurde mit Öl und Deckfarben auf Holz angefertigt. Es hat die Maße 32,2 cm x 39,8 cm.

Das expressionistische Portrait zeigt einen jungen Mann vom Brustkorb aufwärts. Er nimmt etwa die Hälfte des gesamten Bildes ein und trägt ein schwarzes Hemd mit einem Kragen und einem schwarzen Unterhemd oder T-Shirt darunter. Die Abgrenzungen sind kaum zu erkennen, da beide Kleidungsstücke in sehr ähnlichen Schwarztönen ineinander übergehen. Die Musterung begünstigt die schwer erkennbaren Abgrenzungen. Sie wirkt linienförmig, als wäre das Hemd mit einem groben Borstenpinsel gemalt. Ein schwarzer Knopf ist im oberen Drittel des Oberkörpers erkennbar. Die Arme sind lediglich bis oberhalb der Ellenbogen zu sehen. Die Haltung des Mannes lässt vermuten, dass er die Arme zusammenführt und seine Hände sich, auf dem nicht sichtbaren Teil des Portraits, berühren. Der Hals ist vollständig zu sehen und die rechte Schulter ist hochgezogen und daher nicht auf einer Linie mit der Linken.

Das Haar des Mannes ist ebenfalls dunkelbraun bis schwarz. Es ist dichtes, voluminöses Haar, welches nicht in voller Gänze auf dem Bild zu sehen ist, da der obere Rand des Gemäldes mitten in der Frisur abschließt. Die Haare sind an den Seiten kürzer und werden mit einem Übergang nach oben hin länger. Die Stirn ist gänzlich zu sehen und über ihr noch ungefähr ein bis zwei Zentimeter der Frisur. Man erkennt die Fülle des Haars, jedoch nicht, wie weit sie noch in die Höhe gehen. Es ist glattes Haar.

Die Augenbrauen des Mannes sind auffällig schwarz und hochgezogen. Sie sind dünn mit einem Knick in der Mitte. Die rechte Augenbraue ist komplett zu sehen. Die andere nur zur Hälfte. Der Kopf ist leicht nach seiner linken Seite gedreht, so dass hauptsächlich die rechte Gesichtshälfte zu sehen ist. Es ist jedoch kein Profilbild, sondern nur etwas nach links geneigt, so dass von der linken Gesichtshälfte dennoch ein Teil des Auges, ein Teil der Augenbraue, der linke Wangenknochen und die Lippen in voller Gänze zu sehen sind. Es ist ein sehr auffälliges Profil mit einer markanten Nase. Sie zeigt mit der Spitze nach oben und hat große Nasenlöcher und große Nasenflügel, wobei nur der rechte Nasenflügel zu sehen ist und das linke Nasenloch lediglich im Ansatz. Das rechte Ohr ist rautenförmig, mit gerade verlaufenden „Spitzen“. Das linke Ohr ist nicht zu sehen.

Der Blick und die Haltung des jungen Mannes vermitteln einen etwas arroganten Eindruck. Er guckt den Betrachtenden direkt an. Da sein Kopf leicht nach links geneigt ist, befindet sich sein rechtes Auge ganz rechts außen. Er hat volle und leicht zugespitzte Lippen in bräunlicher Färbung. Ein Muttermal auf dem rechten Augenlid ist erkennbar. Die Augen sind offen und haben große Lider, eine schwarz-graue Iris, kurze Wimpern und Augenringe. Vom linken Auge ist nur die äußere Hälfte, die dem anderen Auge sehr ähnelt zu erkennen.

Die Haut des Mannes hat einen hellen Grundton. Sie ist mit verschiedenen bläulichen, gelblichen und bräunlichen Farbtönen durchzogen. Sie lassen die Grundfarbe der Haut durchscheinen. Es sieht aus als wäre Faschingsschminke wild auf der Haut verwischt worden. Teilweise entstehen durch die Farben Linien in seinem Gesicht, die sich zum Teil kreuzen und Flecken bilden. Auf dem Hals zum Beispiel ist eine Linie so ausgeprägt, dass sie der Zahl fünf stark ähnelt.

Der Hintergrund des Gemäldes ist hauptsächlich in einem schmutzigen Weiß gehalten. Wie beim Hemd wirkt die Farbe, als wäre sie mit einem groben Borstenpinsel aufgetragen worden. Auf der linken Seite des Mannes ist eine Pflanze mit drei dünnen Zweigen zu sehen, an denen vier vertrocknete Blätter und genauso viele orange-rote Früchte hängen. Drei der Früchte befinden sich am unteren Teil der Pflanze und eine weit oben. Sie sehen aus wie Physalisfrüchte, die auch Lampionfrucht genannt werden. Die Pflanze nimmt ungefähr ein Drittel des gesamten Bildes ein. Sie beginnt, wie der Mann, am unteren Bildrand und endet am oberen Bildrand. Es ist nicht zu erkennen, woraus sie wächst. Sie scheint kurz vor dem Vertrocknen zu sein.

Text: Esther Khiveh

Bildquelle: zeno.org

 

 

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100 Meisterwerke: 6. „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Jan Vermeer

Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge

Das Gemälde “Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge” wurde um 1665 in der Barockzeit von dem niederländischen Maler Jan Vermeer van Delft angefertigt. Das Portrait im Hochformat hat eine Größe von 45 x 40 cm und wurde mit Öl auf Leinwand gemalt. Derzeit befindet sich das Gemälde im Mauritshuis in Den Haag. Es ist als Schulterstück ausgeführt, so dass die Schulteransätze bis zu den Achseln zu sehen sind. Es zeigt eine schöne junge Frau, vermutlich um die 18 Jahre alt, mit heller Haut, dunklen Augen und vollen roten Lippen, die den Betrachtenden über die Schulter hinweg und mit leicht geöffnetem Mund direkt anschaut. Das Mädchen trägt einen auffälligen Turban, sodass die Haare nicht zu sehen sind.

Die Augen sind groß und rund und stehen leicht hervor, die Nase ist wohlgeformt mit einem langen, schmalen Nasenrücken, die Gesichtsform ist eher rund und das Kinn kurz. Die Augenbrauen sind nur ganz leicht angedeutet und kaum sichtbar. Dies lässt vermuten, dass sich unter dem Turban helle blonde oder rotblonde Haare verbergen. Die Augenfarbe liegt zwischen dunklem grau oder blau. Obwohl der Mund leicht geöffnet ist, sind die Zähne nicht erkennbar. Die junge Frau wirkt ungeschminkt und auf eine natürliche Weise schön. Ihr Blick ist freundlich, offen und ein wenig neugierig.

Man hat fast das Gefühl, das Mädchen möchte einen ansprechen. Das Gemälde wirkt dadurch wie eine Momentaufnahme. Der Bildhintergrund ist sehr dunkel, fast schwarz. Er verstärkt die helle Erscheinung des Mädchens, insbesondere die seines Gesichtes. Die Komposition ist so angelegt, dass sich Schulter­ und Rückenbereich der jungen Frau in der unteren Mitte und im rechten unteren Viertel des Gemäldes befinden. Der Kopf befindet sich in der Mitte der oberen beiden Drittel. Die Bereiche der beiden oberen Ecken, sowie der linken unteren Ecke sind mit der gleichen dunklen Hintergrundfarbe gefüllt.

Das Mädchen trägt eine bräunlich­gelbe Jacke, von der sich ein schmaler Streifen des darunter liegenden weißen Kragens deutlich absetzt. Ein kleines Stück des verdeckten langen Halses ist ebenfalls zu sehen. Zudem bildet die Jacke einen Kontrast zu dem blauen Turban, den sie um den Kopf gewickelt trägt. Der filigrane Turban besteht aus breitem leuchtend blauen Stoff. Er reicht von der Stirn bis zum Beginn des Hinterkopfes. Am Hinterkopf befindet sich ein kunstvoll geknotetes, gelbes Tuch, das aus dem Knoten heraus reicht. Dieses herabfallende Tuchende befindet sich am rechten äußeren Rand des Bildes und endet ungefähr auf Höhe der Schulter. Am unteren Ende hat das Tuch einen schmalen blauen Streifen als Abschluss. Hier wiederholt sich die blaue Farbe des Turbans noch einmal. Der Turban ist ein Zeichen für das in der damaligen Zeit vorhandene Interesse an der morgenländischen Kultur infolge der Türkenkriege. Im 17. Jahrhundert waren Turbane deshalb ein beliebtes und weit verbreitetes Accessoire in Europa.

Besonders auffällig ist die einzelne, große, weiß glänzende Perle am Ohrring des Mädchens, die diesem Gemälde auch seinen Namen gab. Es handelt sich dabei um einen Hängeohring mit einer augapfelgroßen Perle, die aus der Schattenzone des Halses hervorsticht und im Licht leicht silbern funkelt. Der Anhänger des Ohrrings ist hingegen nicht zu sehen.

Inspiriert von dem Gemälde, veröffentlichte Tracy Chevalier 2001 ihren Roman „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, in dem sie eine fiktive Lebensgeschichte des unbekannten Models erzählt. 2003 wurde das Buch erfolgreich verfilmt.

Text: Mirjam Knes-Zierold

Bildquelle: Wikimedia

 

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