Archiv der Kategorie: 100 Meisterwerke

100 Meisterwerke: 50. Ohne Titel, undatiert, Schwarz-Weiß-Fotografie auf Barytpapier vonMiroslav Tichý

unbetiteltes Bild

Miroslav Tichý war ein tschechischer Fotograf und Maler. Seine Motive waren in erster Linie Frauen: Junge Mädchen beim Sonnenbaden oder im Park, ältere Frauen auf dem Markt und auf der Straße. So auch das hier beschriebene Bild.

Im Zentrum des hochformatigen Bildes befindet sich eine verschwommene schwarz-weiß Fotografie einer schlanken, jungen Frau. Die junge Frau bildet den Mittelpunkt der Fotografie. Sie ist mit einem dunklen Bikini bekleidet. Das Oberteil ist trägerlos. Sie steht mit der rechten Seite ihres Körpers an einem alten Zaun gelehnt, der von der rechten unteren Ecke der Fotografie in die obere Mitte verläuft und an einem Verschlag endet. Es handelt sich um einen Metallgitterzaun. Am rechten Bildrand ist eine fremde Hand erkennbar, die den Zaun umfasst. Der Zaun wirkt alt und wackelig.

Die junge Frau steht mit ihrem Körper frontal zur Kamera. Ihr linker Arm verläuft vor ihrem Körper und ist auf Höhe des Handgelenks auf dem Zaun abgelegt. In der linken Hand hält sie einen nicht genau definierbaren Gegenstand. Es könnte ein weißes Tuch sein, das über den Zaun hängt. Ihr rechter Arm ist von ihrem Körper verdeckt. Den Kopf hat die junge Frau leicht in Richtung der linken Schulter geneigt. Sie trägt lange braune Haare, die ihr über die Schulter reichen und vorn im Bereich des Brustkorbs enden. Ihre Haare sind offen und am Haaransatz leicht nach links gescheitelt.

Aufgrund der Unschärfe der Fotografie lassen sich die Feinheiten ihres Gesichts nicht gut erkennen. Zu sehen ist jedoch eindeutig, dass die junge Frau mit leicht geöffnetem Mund lächelt. Des Weiteren sind durch leichte Schatten ihre ausgeprägten Wangenknochen und eine waagerechte Vertiefung zwischen Unterlippe und Kinn zu erkennen.

Ihr rechtes Bein hat die junge Frau leicht angewinkelt, das Gewicht lagert auf dem linken Bein. Ob sie Schuhe trägt ist ebenfalls nicht zu erkennen. Sie steht auf einer Wiese. Der Hintergrund ist sehr dunkel. Es könnte sich um eine Art Verschlag handeln, vor dem sie posiert. Die vordere linke Ecke der Fotografie ist weiß und wirkt überbelichtet.

Die Fotografie ist, wie das Gesamtwerk auch, ein Hochformat und wurde auf ein Stück vergilbten Karton aufgeklebt. Es handelt sich um eine Art Passepartout. Der Rahmen ist im Gegensatz zum Foto farbig. Es handelt sich um ein helles Braun. Das Stück Karton wirkt schmuddelig, als hätte der Künstler es gerade auf dem Boden gefunden. Es befinden sich Flecken darauf und die obere Schicht der rechten, unteren Ecke ist abgerissen. Den Rahmen selbst hat der Künstler mit schwarzen und grünen Linien verziert. Er hat quasi auf den Rahmen drei weitere Rahmen gezeichnet: Einen grünen und einen schwarzen dicht an der Fotografie und einen weiteren schwarzen Rahmen am äußeren Rand des Kartons.

Bildquelle: viceland-assets-cdn.vice.com

Text: Antje Köhn

 

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100 Meisterwerke: 49. „A Bigger Splash“ von David Hockney

 

A bigger splash

David Hockney ist ein britischer Maler, Grafiker, Bühnenbildner und Fotograf. In den 60er Jahren gehörte Hockney neben Andy Warhol und anderen Künstlern zu den Hauptvertretern der Pop Art. Seine dreiteilige Serie von Swimmingpool Gemälden gehört zu seinen bekanntesten Werken. „A Bigger Splash“ ist das dritte und größte dieser Bilder und entstand im Jahre 1967. Es wurde mit Acrylfarben auf Leinwand gemalt. Mit einer Größe von 242,5 cm x 243,9 cm ist es nahezu quadratisch. Derzeit befindet es sich in der Tate Galerie in London. Hockney ging es bei diesen Bildern darum Bewegungen und Lichtreflektionen im Wasser und eine nur wenige Sekunden andauernde Bewegung festzuhalten.

Auf den ersten Blick zeigt das Bild einen sonnigen, unbewölkten Tag am Pool. Die ruhige Grundstimmung wird jedoch durch einen Sprung in den Pool unterbrochen. Dieser „Splash“ ist der Blickfang des Bildes. Man hat das Gefühl, das Platschen des Wassers tatsächlich zu hören. Die springende Person ist allerdings nicht zu sehen, die Bewegung ist durch die aufgewühlte Wasseroberfläche dargestellt. Das Bild wurde mit intensiv leuchtenden Acrylfarben gemalt und  ist durch eine ausgewogene Abstraktion von kräftigen Horizontalen und Vertikalen geprägt.

Auf den zweiten Blick lässt sich das Bild in vier Ebenen teilen. Auf der ersten Ebene im Vordergrund sieht man ein gelbes Sprungbrett, das aus der rechten unteren Ecke nach links schräg in die zweite Ebene ragt. In der zweiten Ebene befindet sich der Pool. Der Pool verläuft über die komplette Bildbreite und ist an den Bildenden abgeschnitten. Das Wasser leuchtet markellos hellblau. Der „Splash“ ist in hellerem blau bis hin zu weiß gehalten. Die Bewegung wird durch Streifen und Schraffierungen auf der blauen Fläche dargestellt. Es sind die einzigen sichtbaren Pinselspuren auf dem rein flächigen Bild. Das Sprungbrett und die großen Spritzer durchbrechen als Unregelmäßigkeit die oben genannte Strukturierung von Horizontalen und Vertikalen.

Auf der dritten Ebene steht ein Haus mit einer großen Terrasse davor. Die Terrasse grenzt direkt an den Pool. Eine grauweiße Linie auf dunkelblauem Grund trennt den Pool vom Terrassenbereich. Die Linien sollen vermutlich den Poolrand darstellen. Auf der zartrosa oder fleischfarbenen Terrasse steht ein einzelner Klappstuhl mit „Blick“ zum Pool. Das Haus nimmt von der linken Bildkante aus Dreiviertel der dritten Ebene ein. Das Haus ist sehr abstrakt gehalten. Es ist ein Flachbau, dessen Fassade auf der rechten Seite ockerfarben ist. Die linke Hausseite besteht aus fünf sichtbaren Fenstern, die vom Boden bis unters Dach reichen. In den Fenstern spiegeln sich die gegenüberliegenden Häuser und Palmen in diffusem Grau. Vor den Fenstern steht der Klappstuhl. Vor der ockerfarbenen Fassade ist eine kleine, grüne Grasnarbe zu erkennen. Selbst das Gras wirkt ordentlich und gerade.

Im rechten Drittel der dritten Ebene ist bereits der azurblaue Horizont zu sehen, der nahtlos in den Hintergrund, die vierte Ebene übergeht. Die vierte Ebene besteht bis auf zwei schlanke, große, grün belaubte Palmen ausschließlich aus blauem Horizont. Eine der Palmen wird teilweise vom Haus verdeckt, die andere steht rechts neben dem Haus. Die Schatten die Dachrinne und Stuhl werfen lassen darauf schließen, dass das Gemälde die Mittagszeit darstellt, in der Sonne und Temperatur ihren Höchststand erreicht haben.

Bildquelle: tate.org

Text: Antje Köhn

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100 Meisterwerke: 48. „Fly me to the Moon“ von Kiki Kogelnik

Fly me to the Moon

Kiki Kogelnik war eine österreichische Künstlerin, die zum Kreis der Pop Art Künstler um Andy Warhol gehörte. Obwohl sie ebenfalls mit Symbolen und ikonischen Figuren arbeitete und ähnliche Farben und Materialien benutzte, bezeichnete sie ihre Werke selbst nicht als Pop Art, da sie weniger Alltagsgegenstände abbildete und die amerikanische Kommerzkultur nicht verherrlichte. Trotzdem bestehen viele ihrer Plastiken aus künstlichen Materialien. In den frühen 1960er Jahren begann Kogelnik lebensechte Schablonen ihrer Künstlerfreunde aus Packpapier auszuschneiden, um sie anschließend auf die ihre Gemälde zu übertragen. Diese Schablonen wurden in den 1970er Jahren als die „Hangings“ zu eigenständigen Kunstwerken aus Vinyl, die auf Warenhausständern präsentiert wurden.

Zwei dieser Körperumriss-Schablonen wurden auch für „Fly Me to the Moon“ (dt: „Flieg mich zum Mond“) von 1963 benutzt. Es handelt sich dabei um ein großformatiges Gemälde im Hochformat von 244 x 185 cm mit Öl und Acryl auf Leinwand gemalt. Außer den beiden vermutlich weiblichen, lebensgroßen Körperumrissen in rostrot und hellgrün, die übereinanderliegend arrangiert sind, besteht das farbenprächtige Bild ausschließlich aus geometrischen Formen, überwiegend aus Kreisen in verschiedenen Größen und Farben. Dies hat zur Folge, dass sich die beiden Körperumrisse durch ihre organische Form deutlich von den geometrischen Formen absetzen.

Die beiden Körperumrisse befinden sich in der rechten Bildhälfte. Sie sind übereinanderliegend angeordnet. An die obenauf liegende, hellgrüne Körperform schließt sich anstatt des Kopfes ein pastellrosa Kreis an. Dieser liegt genau an der oberen Bildkante an und befindet sich fast in der rechten Ecke. Der Körper ist leicht schräg ausgerichtet, sodass das rechte Bein in Richtung untere linke Bildecke zeigt. Aufgrund der lebensgroßen Dimensionen nehmen die Körper etwa drei Viertel der Bildhöhe ein. Bei der darunter liegenden, rostroten Figur ist der Kopf nicht zu sehen, da dieser sich genau unter dem Brustbereich der grünen Figur befindet. Wärmend der obere Körper sich in einer entspannte Rückenlage mit leicht geöffneten Beinen und Armen befindet, ist die untere Körperform asymetrisch ausgerichtet. Die linke Körperhälfte verläuft parallel zur grünen Figur, die rechte Körperhälfte dagegen hat einen Arm mit nach oben angewinkeltem Ellenbogen und ein angewinkeltes Bein, dessen Knie nach Außen zeigt.

Der Hintergrund ist mit vielen kleinen, grauflächigen Kreisen gefüllt. Diese sind gleichmäßig in 21 horizontalen Reihen angelegt mit jeweils etwa  14 Kreisen pro Reihe. Das Grau ist in der oberen Bildhälfte heller und wird nach unten hin dunkler.

Neben den Körperumrissen und dem Hintergrund sind zwei weitere Elemente bestehend aus geometrischen Formen zu sehen: Zum einen ein Sechseck, das aus vielen kleinen Kreisflächen in kräftigen Farben (verschiedene Blau-, Grün- und Rot-Töne, sowie gelb und orange) besteht. Diese Kreise sind etwa halb so groß wie die grauen Kreise im Hintergrund. Das Sechseck nimmt das untere linke Viertel des Bildes ein. Die beiden linken Unterschenkel und Füße der Körperformen liegen darüber.

Das zweite Element ist ein ornamentartiges Band aus Dreiecken, Rechtecken, Kreisen, Streifen und ovalen Ellipsen. Es ist überwiegend aus puderig wirkendem, pastellenem Altrosa mit einigen gelben Elementen oben und einem dunkelroten Element in der Mitte. Das Band beginnt am oberen Bildrand in der linken Hälfte und verläuft parallel zu den Körperformen bis zur unteren linken Ecke. Es ist gemeinsam mit den Körperumrissen auf der obersten Bildebene und liegt über dem Sechseck. Nach unten hin entfernen sich die geometrischen Figuren immer weiter voneinander. Im unteren linken Bildviertel verteilt befinden sich außerdem einige pastellfarbige Kreise in verschiedenen Größen.

Bild und Hintergrundinfo: modernartoxford.org

Text: Mirjam Knes-Zierold

 

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100 Meisterwerke: 47. „Kleines Tannenbild“ von Paul Klee

kleines Tannenbild

Paul Klee war ein deutscher Maler und Grafiker, dessen vielseitige Werke als expressionistisch, kubistisch, primitivistisch und surrealistisch bezeichnet werden. Er gehört zu den bedeutendsten bildenden Künstlern derKlassischen Moderne des 20. Jahrhunderts.

Das Kleine Tannenbild ist ein hochformatiges Ölgemälde auf Karton mit den Maßen 31,6 x 20,2 Zentimeter. Es wurde von Klee am unteren rechten Rand signiert und auf 1922 datiert. Derzeit befindet es sich im Kunstmuseum Basel. Die farbliche Grundstimmung des Bildes wird von eher schweren und dunklen Grüntönen und von Schwarz bestimmt, wobei es zur Mitte hin lichter und heller wird; und fast leuchtende, gelblich weiße und trotzdem gedeckte Farbflächen aufweist. Während das Bild an den äußeren Rändern dunkle, flächige Farbverläufe zeigt ist es in der Mitte von farbigen, rechteckigen Elementen geprägt. Diese verlaufen vom oberen Bildrand, links von der Mitte, nach unten.

Die um eine dünne gerade schwarze Linie herum angeordneten Rechtecke sind mit schwarzen Konturen umrandet und in verschiedenen, teils kräftigen Farben ausgemalt. Trotzdem erscheint das Bild leicht verschwommen und eher düster. Die Farbflächen lassen deutlich die Struktur des Untergrundmaterials erkennen. Ganz oben beginnt die Komposition mit einem kleinen schwarzen Quadrat rechts von der beschriebenen Linie. Darunter ist etwas freier Platz der mit einem braunen Farbverlauf gefüllt ist. Es folgen zwei gleich hohe und unterschiedlich breite Rechtecke, die sich jeweils links und rechts von der Linie befinden. Das Rechte ist schmal und hellrosa, das Linke breit und ohne erkennbaren Seitenrand. Es ist zweiteilig ausgemalt: mit einer braunen, an die Linie angrenzenden Hälfte und einer grün-schwarzen Hälfte, die in Richtung Bildrand zeigt. Unter der braunen Rechteckhälfte befindet sich an der Linie ein fast ebenso großes gelbes Rechteck. Darauf folgt diagonal darunter ein kräftiges rotes Rechteck, das aber nur etwa halb so groß ist. Wieder diagonal darunter, also links der schwarzen Geraden befindet sich ein noch kleineres Rechteck, das mit einem kräftigen Blau gefüllt ist. Alle Farbflächen sind nicht monochrom, sondern wirken eher “dreckig”, als ob sie mit der grün-schwarzen Grundfarbe des Bildes abgemischt wurden.

Ein weiteres markantes Element aus geometrischen Flächen befindet sich im rechten unteren Bildviertel. Hier werden große Flächen ähnlich dem Computerspiel Tetris aneinandergereiht und zu einer Art Turm aufgestapelt. Die verschiedenen Rechteckformen liegen so aneinander, dass sie genau zusammen passen. Es sind drei solcher Flächen, die hier aufeinander gestapelt sind. Sie reichen auf der rechten Seite etwas höher als die Bildmitte. Der untere und der obere Bausteine sind in kräftigem Schwarz-Grün, der mittlere in einem hellen, dreckigen Gelb-Weiß gemalt.

Auf diesem Gebilde aus Rechtecken steht im rechten oberen Bildviertel ein Tannenbaum. Dieser besteht nur aus wenigen dunklen, kräftigen Strichen. Der dickste Strich stellt den Stamm dar. Jeweils vier breite Striche an beiden Seiten des Stammes deuten die Äste und Zweige an. Direkt über der Spitze des Tannenbaumes ist die Sonne zu sehen. Sie wird durch einen gedeckten, dunkel-orange und konturlosen Kreis dargestellt, der wiederum von einem etwas helleren, gedeckten Gelb-Orange umgeben wird.

Bildquelle: pinterest

Text: Mirjam Knes-Zierol

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100 Meisterwerke: 46. „Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“ von Joseph Nicéphore Niépce

Blick aus dem Fenster

„Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“ wird als die weltweit erst aufgenommene und noch erhaltene Fotografie bezeichnet. Sie wurde mit einer Camera Obscura aufgenommen und zeigt den Ausblick  aus dem Fenster des Arbeitszimmers des Fotografen Joseph Nicéphore Niépce auf seinem Landgut „Le Gras“ in St. Loup de Varennes im Burgund. Das Bild entstand 1826 oder 1827 im Zuge eines Experiments. Der genaue Zeitpunkt ist unklar. Festgehalten ist die Aufnahme mithilfe einer von Niépce als Heliografie bezeichneten Technik auf einer 20 cm hohen und 25 cm breiten asphaltbeschichteten Zinnplatte.

Im Jahr 1952 gelang dem Fotografie-Historiker Helmut Gernsheim die Wiederentdeckung der bis dahin verschollenen Aufnahme. Er fertigte im selben Jahr eine retuschierte Reproduktion an, bezeichnete diese aber selbst als eine „Entstellung des Originals“ und verbot eine Reproduktion bis 1977. Das Werk befindet sich heute im Besitz des Harry Ransom Humanities Research Center der University of Texas in Austin und ist dort ausgestellt. Vorlage für folgende die Beschreibung ist die  Gernsheim-Reproduktion von 1952.

Bei der Aufnahme handelt es sich um ein Bild in Graustufen, das wirkt als würde es durch einen Schleier betrachtet. Dieser „Schleier“ scheint mittig einen runden Ausschnitt zu haben, der einen etwas klareren Blick zulässt. Die Frontalperspektive ist eindeutig erhöht; das Foto ist wohl aus dem Obergeschoss heraus aufgenommen worden. In der Mitte des Bildes ist ein Gebäude mit einem Pultdach (einer einzelnen, einseitig geneigten Dachfläche) zu sehen. Es könnte sich dabei um einen Stall handeln. Von links ragt eine Hauswand mit einer Art quadratischem Turmvorsprung am Ende in die Bildmitte. Der „Turm“ ist vermutlich mit einem Zeltdach bedeckt. An der rechten Bildseite ist ein Gebäudeteil ebenfalls mit einer turmartigen Erhöhung zu sehen. In der Flucht nahe an der Bildmitte, an der linken hinteren Ecke des „Stalls“ steht ein voll belaubter Baum. Weiter hinten auf der rechten Seite des „Stalls“ ist ein dunkler, senkrechter Streifen zu erkennen, vielleicht ebenfalls ein Baum, eine Pappel oder Zypresse beispielsweise. Rechts davon sind einzelne, kleinere, dunkle Flecken erkennbar. Im Hintergrund fällt der Blick auf ein Feld oder eine Wiese. Der Himmel scheint bewölkt; der Horizontstreifen ist heller, während der obere Teil dunkelgrauer wird. Im oberen Bereich des Laubbaums sind drei nah beieinander liegende, helle Flecken zu sehen. Es scheint, als ginge die Sonne hinter dem Baum unter.

Das Dach des „Stalls“ erscheint hell. Die frontal zum Blick gerichtete Stirnseite des Gebäudes ist dunkelgrau bis schwarz und verliert sich zum Boden hin. Der Boden ist in Dunkelheit verborgen. Der „Turm“ des linken Gebäudeteils weist auf der rechten Seite zwei kleinere Öffnungen, die sich untereinander befinden auf. Dazwischen verläuft eine Linie etwa auf Höhe der horizontalen Bildmitte an der gesamten Hauswand entlang. Unter der unteren Maueröffnung scheint sich ebenfalls solch eine Linie zu befinden. Diese ist am linken Bildrand noch gut zu erkennen, verschwimmt aber zum Stall hin in dunklen Flecken auf dem Bild. Der rechte Gebäudeteil zeigt direkt unter der Dachschräge einen dunklen, fast schwarzen Fleck. Vermutlich eine größere Maueröffnung oder eine Fensteröffnung.

Auf den ersten Blick wirkt das Bild unspektakulär, unscharf, grobkörnig und ein wenig geisterhaft. Im Neunzehnten Jahrhundert stellte sie allerdings einen Meilenstein in der Fotografiegeschichte dar und gilt daher heute als wichtiges Zeugnis der Geschichte der Fotografie.

Bildquelle: hrc.utexas.edu

Text: Philipp Zeidler

 

 

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100 Meisterwerke: 45. „Versuchung des Heiligen Antonius“ von Salvador Dalí

Versuchung des Heiligen Antonius

Salvador Dalí war ein spanischer Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner. Als einer der Hauptvertreter des Surrealismus zählt er zu den bekanntesten Malern des 20. Jahrhunderts. Um das Jahr 1929 hatte Dalí seinen persönlichen Stil und sein Genre gefunden, die Welt des Unbewussten, die in Träumen erscheint. Das Motiv der Versuchung des heiligen Antonius durch Irdische Lüste und den Teufel ist seit dem Mittelalter ein beliebtes Motiv in den verschiedensten Kunstrichtungen.

Das Bild „Versuchung des heiligen Antonius“ wurde um 1945 mit Öl auf Leinwand gemalt. Es hat die Maße 89,7 x 119,5 Zentimeter. Auf dem Gemälde ist ein wüstenartiges Brachland unter einem blauen Himmel mit grauen Wolken zu sehen. Ein Mann liegt in Abwehrhaltung am Boden während sich eine Prozession von Tieren auf ihn zu bewegen. Ein weißes Pferd galoppiert voran, während eine Kette von fünf Elefanten folgt. Die Tiere sind übernatürlich groß und verzerrt, gar riesig und laufen auf überlangen, stelzenartigen Beinen. Auf den Elefanten befinden sich verschiedene Bauten mit Bildern zum Beispiel eine nackte Frau auf einer Art Säule und Teile eines Palastes.

In der unteren linken Bildecke kniet ein nackter, drahtiger Mann in Rückenansicht, der sich mit seiner linken Hand auf einem hinter ihm liegenden Felsbrocken abstützt. Der Mann ist in seinen Vierzigern oder Fünfzigern und sonnengebräunt.  Haare und Bart sind lang und zerzaust.  In der rechten Hand hält er am ausgestreckten Arm ein Kreuz in die Höhe, den auf ihn zu stürmenden Tieren entgegen. Das Kreuz besteht aus zwei Ästen, die mit einer Schnur zusammengehalten werden.  Über seinem Kopf schwebt ein goldener Heiligenschein. Etwas vor ihm liegt ein Menschenschädel, der durch leere Augenhöhlen zu ihm „aufsieht“.

Das erste Tier ist ein weißes, sich grotesk aufbäumendes Pferd . Es zeigt die Zähne und wirkt durch die aufgeblähten Nüstern gleichzeitig bedrohlich und verängstigt. Es steht auf unterschiedlich dicken Hinterbeinen, die sehr lang und knochig sind. An den Vorderhufen sind die Hufeisen falsch herum befestigt und es hängen grünliche Fäden an ihnen herunter.

Direkt dahinter schreitet ein perspektivisch kleinerer Elefant, leicht versetzt in Vorderansicht. Er trägt eine Kelchartiges Podest auf dem Rücken. Auf diesem Podest steht eine nackte Frau mit langen blonden Haaren. Sie lehnt sich lasziv zurück, ihre Hände umschließen jeweils eine Brust.

Der zweite Elefant ist seitlich dargestellt. Er scheint längere Stelzen als der erste Elefant zu haben. Auf seinem Rücken trägt er einen goldenen Obelisken, der mit vier zur Spitze hin kleiner werdenden grauen Halbkugeln besetzt ist.

Dahinter laufen der dritte und vierte Elefant als Paar nebeneinander. Sie wirken durch die noch längeren spinnenartigen Stelzenbeine noch größer als der Vorgänger. Auf ihrem Rücken tragen sie ein Schloß oder einen Tempel, der mit einer Art Geschirr auf dem Elefantenrücken befestigt ist. Der Tempel ist golden mit einem kupfergrünen Kuppeldach. Auf der Kuppel steht eine männliche Statue auf nur einem Bein, das andere ist nach hinten gestreckt. Die Statue hält eine Trompete. Im offenen Eingangstor des Tempels ist ein übergroßer weiblicher Torso zu erkennen. Der Torso füllt das Tor komplett aus. Es ist ein weiblicher Akt nacht Pin-up-Art mit großen Brüsten. Links und rechts davon stehen Säulen und über dem Tor gibt es ein dreieckiges Portal.

Der letzte und damit fünfte Elefant befindet sich nicht auf gleicher Linie mit den anderen Elefanten. Er ist weit nach hinten zurückgefallen. Er ist in Seitenansicht zu sehen und seine spinnenartigen Beine enden auf Horizonthöhe. Auf seinem Rücken steht ein aus rosa Stein gemauerter runder Turm, der bis über die Wolken hinaus ragt. Der Turm hat am oberen Ende ein Fenster und unten eine Tür.

Auf dem kahlen, grauen Boden, der etwa siebzig Prozent des unteren horizontalen Drittels des Bildes ausmacht, liegen noch zwei graue Steine, die auf der rechten unteren Bildseite zu sehen sind.  Im mittleren Teil des Bildes ist eine Hügelkette am Horizont sichtbar. Auf dem Boden, in der Mitte des Bildes, sind zwei weitere Gestalten im Seitenprofil zu erkennen. Die linke Gestalt ist dunkel gemalt, hat scheinbar nur einen Lendenschurz an und neigt sich leicht zur rechten Person. Der linke Arm ist ebenfalls zu dieser Gestalt, die eine Art Priestergewand trägt, ausgestreckt. Der Priester hält mit erhobener Hand ein Kreuz in Richtung des dunklen Menschen, als wolle er ihn abwehren.

Etwas weiter hinten, zwischen den Vorderfüßen des zweiten Elefanten sind zwei weitere schemenhafte Gestalten zu erkennen. Eine größere Person, die an der rechten Hand ein kleines Kind hält und Richtung Horizont geht. Zwischen den Beinen des vierten Elefanten schwebt eine rein weiße, an einen geflügelten Engel erinnernde Figur. Sie wirkt als sei sie ein Geist aus Rauch. Sie ist ebenfalls seitlich zu erkennen und bewegt sich zur linken Seite des Bildes, dem Kreuz tragenden Menschen hinterher.

Die Wolken sind gelblich-graue Gewitterwolken. Sie verlaufen am oberen  Bildrand entlang, immer größer werdend bis zur rechten Hälfte des Bildes und machen dann einen halbkreisförmigen Schwung nach links und reichen noch etwa bis zum Ende des rechten vertikalen Drittels des Bildes. Dort treffen sie auf den fünften Elefanten und schweben durch seine stelzenartigen Beine. Genau dort ist auch ein runder, gelblicher Umriss zu erkennen. In diesem halbkreisförmigen Schwung der Wolken befindet sich eine kaum erkennbare Person in einem dunklen Gewand.

Über diesem Menschen und fast komplett hinter den Wolken verborgen, ist das graue Dach eines Palastes beziehungsweise einer Himmelsstadt zu erkennen. Das Dach ist weiß-gräulich und kann in drei Teile gegliedert werden. Es sieht aus wie aus der Antike. Auf der linken Seite ist auf einem Dach ein weiteres Geschoss, dass rechteckig aufgebaut ist. Darauf befindet sich eine kaum erkennbare Säule. Das Mittelstück hat zwei Aufbauten. Eine Säule mit einer runden Kugel als Spitze. Rechts daneben ist eine quadratische Ecke, die auf die beobachtende Person zeigt. Etwas davon entfernt, auf der rechten Seite, ist eine runde Kuppel auf einem Dach zu erkennen. Beides ist in Wolken gehüllt und hat einen graubraunen Farbton. Das gesamte Dach ist in den Wolken. Es ist nicht zu erkennen, wie es getragen wird. Es ist lediglich teilweise eine Häuserfront mit Fenstern zu erahnen.

 

Bildquelle: art-galerie-shop.de

Text: John Patzwald

 

 

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